Der Bunkerpfarrer: Carl Klinkhammer

von Dr. Christof M. Beckmann

Mittwoch, 18.01.2017

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Er war der erste Priester, der von den Nazis verhaftet wurde - sie holten ihn aus der Kirche. Carl Klinkhammer kam vor 70 Jahren nach Düsseldorf, machte aus einem Bunker die wahrscheinlich stabilste Kirche der Welt. Vor 20 Jahren ist er gestorben ...

INFO: Dr. Carl Klinkhammer (*22. Januar 1903 in Aachen, 8. Januar 1997 Düsseldorf), 1923 Abitur, Studium in Innsbruck und Bonn, 1929 im Kölner Dom zum Priester geweiht. Kaplan in Opladen, 1931 in St. Johann Baptist Essen-Altenessen, Agitation gegen kommunistische und nationalsozialistische Parolen. 1933 von den Nazis als erster katholischer Geistlicher in „Schutzhaft“ genommen, gegen Aufenthaltsverbot im „Gau“ Essen wieder freigelassen. Ende April 1933 in Köln erneut verhaftet und von der Kölner Kirchenleitung 1934 aus seinem Amt entfernt. 1935 im Bistum Augsburg und Speyer, 1937 und 1938 „wegen Kanzelmissbrauchs“ im Gefängnis. Ab 1941 als Sanitätssoldat der 24. Infanteriedivision in Russland, 1946 in Schleswig-Holstein aus britischer Gefangenschaft entlassen und Kaplan an der Bonner Münsterkirche St. Martin, 1947 in Düsseldorf am Heerdter „Handweiser“, Bau der dem Heiligsten Sakrament geweihten „Bunkerkirche“, dort bis 1991 Pfarrer. Prozess 1951 wegen Protest gegen Darstellung von Selbstmord im Willi-Forst-Film „Die Sünderin“, 1958 als erster Bischof des Bistums Essen im Gespräch. 1961 Gründer der Düsseldorfer „mittwochgespräche“, Ökumeniker, 1992 Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die Bunkerkirche in Düsseldorf: Auf dem 1928 in Düsseldorf-Heerdt für einen Kirchenneubau erworbenen und 1940 widerrechtlich beschlagnahmten Grundstück der Kirchengemeinde „St. Sakrament“ bauten die Nationalsozialisten 1941-1943 einen Hochbunker vom Typ LS 13, der im Krieg unter seiner 250 Zentimeter dicken Stahlbetondecke auf vier Etagen bis zu 2.300 Menschen Schutz vor den Bomben bot. Der 35 Meter lange Bau, 20 Meter breit und 9 Meter hoch, wurde aus Tarnungsgründen mit der Grundform einer Kirche aufgeführt. Pfarrer Dr. Carl Klinkhammer begann ab 1947 das Militärobjekt in ein Friedensprojekt umzuwandeln und erkämpfte sich dazu von der englischen Kommandantur die Genehmigung. Nach Plänen des damaligen Kölner Dombaumeisters Willy Weyres sprengten Klinkhammer und seine Helfer in zweijähriger Arbeit drei Betondecken des vier Stockwerke hohen Gebäudes sowie fünf Aussparungen für die Fenster heraus, circa 1.000 Tonnen Schutt wurden abtransportiert. Aus der Flakstellung auf dem Dach wurde ein Glockenturm und das Relikt aus Kriegszeiten wurde zur „Bunkerkirche“. Am 30. Oktober 1949, dem Christkönigsfest, weihte der Kölner Kardinal Josef Frings sie unter dem Friedensmotto „Schwerter zu Pflugscharen und Lanzen zu Winzermessern“ (Jesaja 2,4) mit einer eine Festmesse ein. Seit 1995 ist das gesamte Gebäude ein Baudenkmal - eine Kirche, einzigartig in der Welt.

Seit 2007 setzt sich die „Initiative Friedensort Bunkerkirche“ für den Frieden unter den Konfessionen und Religionen ein, engagiert sich für Konzerte, Geistliche Erkundungen, Ausstellungen, Theaterstücke, Lesungen und Bunkerführungen. In den Kellerräumen organisiert der Verein „Kunstort Bunkerkirche am Handweiser“ Ausstellungen und Konzerte in der Bunkerkirche. Am 1. Advent 2015 übergab Kardinal Rainer Maria Woelki die Kirche an die Gemeinde koptischer Christen. Derzeit sammelt der gemeinnützige Verein „Koptische Bunkerkirche Düsseldorf-Heerdt“ Spenden für den Neubau eines Integrationszentrums und eines Bürgertreffs. Vorgesehen sind unter anderem Sprachkurse, Integrationsseminare, Sozialberatung, Flüchtlingshilfe, Bildungskurse und ein Café. Die Räume stehen als Stadtteil-Treff auch lokalen Vereinen, Chören und anderen Gruppen im Stadtbezirk zur Verfügung. Ein direkt an die Bunkerkirche angebautes neues zweigeschossiges Gebäude wird im Erdgeschoss mit einem Veranstaltungssaal mit 198 Plätzen und im Obergeschoss mit Klassen und Seminarräumen ausgestattet.

Anfahrt und Adresse: Kevelaerer Str. 24 (direkt am Handweiser), 40549 Düsseldorf-Heerdt, Autobahn A52 Abfahrt Meerbusch-Neuss, Richtung Neuss fahren, die Kirche ist direkt am Handweiser an der 2. Ampelkreuzung). Mehr Informationen im Internet unter: http://www.bunkerkirche.de.

Aktuelle Dauerausstellungen: Glaubenszeugen der NS-Diktatur (1933-1945) in Düsseldorf und Dr. Carl Sonnenschein (1876-1929), Großstadtseelsorger in Berlin, Öffnungszeiten Sa./So. 15 -17 Uhr und nach Vereinbarung, Gruppenführungen nach Absprache über das Pfarrbüro, Tel. 0211 /501281, Kontakt: Initiative Friedensort Bunkerkirche, Pastor-Klinkhammer-Platz, 40549 Düsseldorf, oder direkt: Ulrike Bornewasser, Kribbenstr. 18, 40549 Düsseldorf, Tel. 0211 / 474 55 88, Internet: www.friedensort-bunkerkirche.de.

Literatur: „Bunker Kirche Kunstort“, hg. v. Ulla Sommers, Vorsitzende des Vereins „Kunstort Bunkerkirche“, 2004; Bruno Kammann: Carl Klinkhammer: Ruhrkaplan, Sanitätssoldat und Bunkerpastor; 1903-1997. In: Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens, Bd. 55, Essen 2001, ISBN 3-88474-910-2

Mittwoch, 18.01.2017