Heute Buße tun und beten

von Christa A. Thiel

Mittwoch, 18.11.2015

Vom falschen Weg umkehren!
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Vom falschen Weg umkehren!

Heute ist Feiertag. Frei haben allerdings nur die Sachsen. Denn da ist der Buß- und Bettag noch gesetzlicher Feiertag. In allen anderen Bundesländern wurde er als arbeitsfreier Tag vor 20 Jahren (1995) abgeschafft.

Büßen und beten - für viele klingt das mittelalterlich. Dabei geht es um etwas, das jeder einmal braucht: Fehler eingestehen, seine Meinungen überprüfen, in einer Sackgasse die Kraft zum Neuanfang finden. Im persönlichen Leben wie in der Politik. Der Buß- und Bettag gilt den Protestanten traditionell als Tag der Umkehr und Neuorientierung. Und das ist durchaus auch politisch zu verstehen:

"Die vielen tausend Menschen, die derzeit auf der Flucht vor Hunger, Terror und Verfolgung sind und die unter anderem Zuflucht in Deutschland suchen, führen uns vor Augen, wie viel Gewalt und Ungerechtigkeit es in der Welt gibt", erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm dem Evangelischen Pressedienst zum diesjährigen Buß- und Bettag am 18. November.

Das könne ein Datum sein, "an dem wir uns verpflichten, dass wir dieses Unrecht nicht länger gewillt sind hinzunehmen". Er rief dazu auf, "unsere Energien darauf zu richten, dass nicht nur wir, sondern dass alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können".

Evangelische Gemeinden laden am Buß- und Bettag zu Gottesdiensten oder Andachten ein. Ob das politische Flüchtlingsthema in diesem Jahr auf den Kanzeln eine Rolle spielt, bleibt der Entscheidung des einzelnen Predigers überlassen.

Zur Geschichte:

Schon beim ersten Buß- und Bettag hatte die Politik ihre Finger mit im Spiel: Es war im Jahr 1532, als man im evangelischen Straßburg erstmals zu einem Buß- und Bettag aufrief. Anlass war die sogenannte "Türkengefahr", die Bedrohung des christlichen Abendlandes durch eine islamische Macht. Staatlich angeordnet sollte gegen die Kriegsgefahr gebetet werden. Diese politische Instrumentalisierung christlicher Frömmigkeit griff um sich: Im 16. und 17. Jahrhundert kam es zu einer regelrechten Inflation von Buß- und Bettagen. 1878 dann gab es in Deutschland 47 Bußtage an 24 Terminen.

Im Lauf der Geschichte ist der Buß- und Bettag von den einen als kulturpolitischer Kampftag betrachtet worden, von den anderen als Fest frommer Innerlichkeit. Offiziell als Feiertag eingeführt wurde er in Deutschland zur NS-Zeit, 1934. Aber schon fünf Jahre später verlegte die NSDAP ihn auf einen Sonntag - und schaffte ihn damit faktisch ab. Statt innere Einkehr zu halten, sollten die Arbeiter lieber in den Rüstungsfabriken schuften, fanden die Nazis.

Ab 1981 war der Buß- und Bettag am Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag dann wieder in der ganzen Bundesrepublik Deutschland gesetzlicher Feiertag. Seit seiner Abschaffung im Jahr 1995 - zugunsten der Finanzierung der Pflegeversicherung - ist er nur noch im Bundesland Sachsen gesetzlicher Feiertag. In Bayern haben immerhin Schüler und Lehrer schulfrei.

Mittwoch, 18.11.2015