Pilgern rund um die Welt

von Christof Beckmann

Freitag, 12.05.2017

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Der Papst bricht heute nach Portugal auf – ein Besuch zum 100. Jahrestag im Wallfahrtsort Fatima. Dr. Clara Himmelheber, Leiterin der Abteilung Afrika im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln, weiß, was Menschen weltweit am Pilgern fasziniert....

INFO: Wallfahrt ist nicht nur eine spezifische Ausdrucksform katholischer Frömmigkeit, wie der Blick auf die anderen Weltreligionen zeigt. „Gnadenorte” des Christentums sind etwa das Heilige Land, wo Jesus gelebt und gelehrt hat, gekreuzigt wurde und auferstand; die Gräber der Apostel und großer Heiliger wie in Rom, Assisi oder Santiago de Compostela und Marien-Wallfahrtsorte wie Lourdes, Loreto und Fatima, Altötting, Werl oder Kevelaer, wo zum 375-jährigen Jubiläum der Wallfahrt in diesem Jahr rund 1 Million Besucher aus dem In- und Ausland erwartet werden.

Fatima, 130 Kilometer nördlich von Lissabon, ist der nach dem französischen Lourdes meistbesuchte Marienwallfahrtort in Europa. Jährlich pilgern hunderttausende Menschen dorthin. Die 2007 gegenüber der alten Basilica Antiga erbaute Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit ist mit annähernd 9000 Sitzplätzen die viertgrößte katholische Kirche der Welt und der größte Kirchenneubau des 21. Jahrhunderts. Zwischen den beiden Kirchen befindet sich der größte Kirchenvorplatz der Welt.
1917 berichteten die drei zwischen sieben und zehn Jahre alten Hirtenkinder Francisco Marto, Jacinta Marto und Lucia dos Santos von Erscheinungen der Gottesmutter Maria in der Nähe der Kleinstadt. Die erste Erscheinung fand demnach am 13. Mai statt und wiederholte sich im Monatsrhythmus über ein halbes Jahr. Durch Mundpropaganda wurden Kinder und Ort berühmt, auch durch die als „drei Geheimnisse von Fatima" bekannt gewordenen Prophezeiungen, von denen die Kinder berichteten. Am 13. Oktober 1917 kamen mehrere zehntausend Menschen und beobachteten ein unerklärliches Sonnenphänomen. Danach hörten die Erscheinungen auf. Am 13. Mai 1930 wurden die Erscheinungen vom Bischof von Leiria als für glaubwürdig erklärt und die öffentliche Verehrung Unserer Lieben Frau von Fátima an diesem Ort gestattet, auch wenn das kirchliche Lehramt scharf zwischen Offenbarung und Privatoffenbarungen trennt. Danach steht es jedem Katholiken frei, an solche Privatoffenbarungen zu glauben oder nicht - selbst wenn die Kirche sie als gesichert ansieht. Die Geschwister Marto waren vor 16 Jahren von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen worden, Papst Franziskus wird sie heiligsprechen. Die Seherin und späteren Ordensfrau Lucia dos Santos (1907-2005) erreichte als einzige der drei das Erwachsenenalter.
Anlass der 19. Auslandsreise von Papst Franziskus ist der 100. Jahrestag der Marienerscheinungen. Bereits seine Vorgänger Papst Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) waren dort zu Gast. Johannes Paul II., der 1982, 1991 und 2000 dort zu Besuch war, schrieb dem Schutz der Muttergottes von Fatima zu, dass er das auf ihn am 13. Mai 1981 verübte Attentat schwer verletzt überlebte. Zugleich veröffentlichte er das „Dritte Geheimnis“ von Fatima, das in symbolischer Weise über die Verfolgung der Kirche im 20. Jahrhundert berichtet. Der Text enthält auch die Vision eines „Bischofs in Weiß“, der von Schüssen getroffen zusammenbricht. Schwester Lucia und Johannes Paul II. sahen darin einen Bezug auf das Papstattentat. In die Krone der Statue, die in der Erscheinungskapelle in Fatima steht, wurde die von Ali Agca 1981 auf Papst Johannes Paul II. gefeuerte Pistolenkugel eingearbeitet. Zuletzt besuchte 2010 auch Benedikt XVI. den Wallfahrtsort.
Papst Franziskus, der sein Pontifikat kurz nach seiner Wahl im März 2013 unter den Schutz der Muttergottes von Fatima gestellt hatte, wird am 12. Mai nach einem Besuch bei Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa in Lissabon nach Fatima weiterreisen und an der abendlichen Lichterprozession teilnehmen. Geistlicher Höhepunkt des rund 24-stündigen Aufenthalts ist ein Gottesdienst im Marienheiligtum am Samstag, 13. Mai. Zudem steht eine Begegnung mit Portugals Bischöfen auf dem Programm. Das offizielle Motto der Reise von Papst Franziskus lautet „Mit Maria, Pilger in Hoffnung und in Frieden". Das Logo ist ein Rosenkranz in Herzform. Die Madonna von Fatima hatte während ihrer Erscheinungen zu regelmäßigem Rosenkranzgebet ermutigt.

Unsere Gesprächspartnerin: Dr. Clara Himmelheber, Leiterin der Abteilung Afrika im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln, hat vom 8. Oktober 2016 - 9. April 2017 als Projektleiterin die Ausstellung „Pilgern – Sehnsucht nach Glück?” präsentiert. Die Ausstellung zeigte als Reise zu 14 Orten neben Jerusalem, Mekka oder Santiago de Compostela auch weniger bekannte Stätten – wie den heiligen Berg Kailash in Tibet, die goldene Shwedagon-Pagode in Myanmar oder die Basilika der Jungfrau von Guadalupe in Mexiko-Stadt. Kontakt: Rautenstrauch-Joest-Museum, Kulturen der Welt, Cäcilienstraße 29-33, 50667 Köln, Tel. 0221 / 221 - 313 56, E-Mail: rjm@stadt-koeln.de, Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, 1. Do im Monat: 10-22 Uhr, (Feiertage 10-18 Uhr), Mo geschlossen, Internet: https://www.museenkoeln.de/rautenstrauch-joest-museum/Sonderausstellungen

Freitag, 12.05.2017