Als Priester auf der Titanic

von Christof Beckmann

Donnerstag, 15.04.2021

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Titelseite des New York Herald vom 15. April 1912, Untergang der Titanic in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“, rechts: Benediktinerpater Joseph Peruschitz, der bis zuletzt mit den Passagieren ausharrte, Montage: KiP-NRW

Am 31. Mai 1911 war Stapellauf, knapp ein Jahr später am 15. April 1912, ist die Titanic auf ihrer Jungfernfahrt gesunken. 1.500 Menschen ertranken, auch mehrere Priester. Einer von ihnen war der deutsche Benediktinerpater Joseph Peruschitz...

INFO: „Weder Gott noch der Papst, weder Himmel noch Erde können dich verschlingen“ – so stand es auf dem Bug der RMS Titanic. Mit einer Länge von 269 Metern und 52.310 Tonnen war sie das größte Schiff der Welt und galt als unsinkbar. Das Passagierschiff der britischen Reederei White Star Line wurde ab 31. März 1909 auf der Werft von Harland & Wolff in Belfast gebaut, lief am 31. Mai 1911vom Stapel und wurde am 2. April 1912 in Dienst gestellt.

Vor genau 110 Jahren, am 14. April 1912 gegen 23:40 Uhr, kollidierte sie auf ihrer Jungfernfahrt vom englischen Southhampton nach New York etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland seitlich mit einem Eisberg und sank zwei Stunden und 40 Minuten später am 15. April 1912. Dabei starben 1.514 der über 2200 an Bord befindlichen Personen – vor allem wegen der unzureichenden Zahl an Rettungsbooten und der Unerfahrenheit der Besatzung. Wegen der hohen Opferzahl zählt der Untergang der Titanic zu den größten und berühmtesten Katastrophen der Seefahrt. Seit dem 15. April 2012 ist das Wrack in der UNESCO-Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser aufgenommen.

Benediktinerpater Joseph Peruschitz: Auch mehrere Priester ertranken in den eisigen Fluten. Einer von ihnen war der deutsche Benediktinerpater Joseph Peruschitz (1871-1912), der in Amerika eine katholische Schule aufbauen sollte. Auch unter den geborgenen Opfern konnte er nicht identifiziert werden. Er wurde durch Berichte Überlebender durch sein vorbildliches Verhalten beim Untergang der Titanic bekannt. Nach dem Abitur 1890 am Königlichen Studienseminar Freising (heute Dom-Gymnasium Freising) studierte er Philosophie und später Theologie am Königlichen Lyceum und trat im sechsten Semester in das Noviziat des Klosters Scheyern im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen ein. Am 28. April 1895 wurde er zum Priester geweiht und wurde Lehrer für Mathematik, Musik und Sport. Mit dem Auftrag, an der Preparatory School der Saint John's Abbey in Collegeville im US-Staat Minnesota zu unterrichten und beim Aufbau einer High School des Ordens zu helfen, ging er in der Karwoche vor Ostern 1912 in das Benediktinerkloster St. Augustine im südenglischen Ramsgate. Er buchte eine Überfahrt 2. Klasse auf der Titanic, die am 10. April 1912 in See stach.

Ohne Auftrag las er dort mit seinem englischsprachigen Mitbruder Father Thomas Byles für die 3. und später auch die 2. Klasse des Schiffes regelmäßig die Hl. Messe auf Deutsch und Ungarisch. Nach der Kollision mit dem Eisberg verzichteten sie auf die angebotenen Plätze in den Rettungsbooten, beteten mit den gläubigen Passagieren und hörten Beichte. Die Nachricht von seinem Tod traf in seinem Heimatkloster Scheyern am 22. April ein. Seine Familie, die nichts von seiner Reise wusste, bekam aus dem „Titanic Relief Fund“ eine Entschädigung von 60 englischen Pfund. Im Ostflügel des Klosterkreuzgangs erinnert heute eine kleine Gedenktafel an den ertrunkenen Mitbruder: „P. Joseph Peruschitz, O.S.B. der sich auf diesem berühmten Schiff Titanic gottesfürchtig geopfert hat“.

Mehr: https://web.archive.org/web/20160812233303/http://www.kloster-scheyern.de/geschichte/schicksal-titanic.html

Donnerstag, 15.04.2021