Thomas Morus: 500 Jahre „Utopia“

von Stefan Klinkhammer

Mittwoch, 22.06.2016

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Am 22. Juni steht „Thomas Morus“ auf dem Kalender. Berühmt ist sein Werk „Utopia", vor 500 Jahren erschienen. Eine Kritik an den Staaten seiner Zeit. Sich politisch zu engagieren dafür steht auch die KjG, deren Patron Thomas Morus ist... 

INFO: Thomas Morus wurde am 6. Februar 1478 in London geboren. Er machte sich schon in jungen Jahren einen Namen als Anwalt, Politiker, Gelehrter und Schriftsteller. Mit 25 Jahren war er bereits Mitglied des Unterhauses. Als überzeugter Christ hatte Thomas Morus lange geschwankt, ob er Mönch oder Jurist werden solle. Seine Entscheidung, eine weltliche Laufbahn einzuschlagen, hat ihn jedoch in keinster Weise daran gehindert, sich mit theologischen Fragen zu beschäftigen und in der Kirche Verantwortung zu übernehmen. Während im Mittelalter der Glaube an die Vorbestimmtheit des Menschen durch sein unentrinnbares Schicksal vorherrschte, glaubte der Humanist Morus an die Vernunft und Handlungsfreiheit, die jedem Menschen von Gott gegeben ist. In diesem Bewusstsein erzog und lehrte Thomas Morus seinen Sohn und seine drei Töchter. Dass seine Töchter die gleiche akademische Ausbildung bekommen konnten wie sein Sohn, war Morus sehr wichtig und damit war er sicher seiner Zeit weit voraus, weil Mädchen damals nicht einmal die Schule besuchen konnten.

Unter König Heinrich VIII. - bekannt wegen seiner zahlreichen Ehefrauen - war Thomas Morus ein angesehener Politiker. Als sich der Papst weigerte, die erste Ehe Heinrichs aufzulösen, wollte sich der König von der römisch-katholischen Kirche trennen und selbst Oberhaupt der englischen Kirche werden. Heinrich brauchte einen klugen Politiker, um sein Vorhaben dem Volk schmackhaft zu machen, doch Morus ließ sich dafür nicht gewinnen, sondern stand fest zur Einheit der Kirche. Den Eid, den Heinrich die Bischöfe und seine Beamten schwören ließ, verweigerte Thomas Morus. Auch als er daraufhin in den Londoner Tower eingesperrt wurde, blieb er seinem Glauben und seinem Gewissen treu. Am 6. Juli 1535 wurde Thomas Morus enthauptet. Seinen Humor, für den Thomas Morus bekannt war, hat er sich bis zuletzt bewahrt. Eine Anekdote erzählt, dass er den Henker bei seiner Hinrichtung gebeten habe, beim Zuschlagen mit dem Beil auf seinen Bart zu achten, da dieser keinen Hochverrat begangen habe.

„Niemals hätte ich daran gedacht, einer Sache zuzustimmen, die gegen mein Gewissen wäre.“ (Thomas Morus)

500 Jahre „Utopia“ von Thomas Morus

Im Jahr 1516 veröffentlichte Thomas Morus einen in lateinischer Sprache verfassten philosophischen Dialog mit dem langen Titel „Von der besten Staatsverfassung und von der neuen Insel Utopia, ein wahrhaft goldenes Büchlein, genauso wohltuend wie heiter.“ Morus führte mit seinem Text das Wort Utopie in den Sprachgebrauch ein. Er begründete das Genre der literarischen Utopie und schuf einen Klassiker der Weltliteratur. In dem schmalen Buch skizzierte er die Lebenswelt von „Utopia“, einer kleinen Republik auf einer fiktiven Insel im Atlantik. Dort gelten Prinzipien wie Gerechtigkeit und Gleichheit. Es gibt kein Geld, keinen Privatbesitz und ebenso wenig Arbeitslosigkeit, dafür kostenfreie Bildung und medizinische Behandlungen für jedermann. Für die damalige Zeit waren das radikale Gedanken. Die Bewohner seines Inselstaates „Utopia“ genossen uneingeschränkte Religionsfreiheit - denn es sei „dumm und arrogant, alle anderen zum eigenen Glauben zwingen zu wollen“. Allerdings zögerte Thomas Morus selbst nicht, als Amtsträger Anhänger der Reformation verfolgen und verbrennen zu lassen. Auch sein Buch ist nicht unumstritten. Ob „Utopia“ tatsächlich eine mögliche oder bessere Welt darstellen sollte, wird nicht ganz klar. Der Name der Insel ist ein Wortspiel aus dem griechischen „Outopia“ („Nichtort“) und „Eutopia“ („glücklicher Ort“). Handelt es sich um Sozialkritik oder um eine Satire? Morus wechselt ständig zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit und zwingt den Leser durch diesen doppelten Boden zu eigenen Überlegungen. 500 Jahre nach seiner Veröffentlichung scheint das Buch aktueller denn je. In „Utopia“ geht es nicht nur um das ideale Staatswesen, sondern um Vernunft, Toleranz, Menschlichkeit und Lebensfreude - also um wesentliche Werte der Moderne. In einem Europa, das heftig über Zuwanderung und Terrorismus diskutiert, bleibt die von Morus aufgeworfene Frage brennend: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

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