Woche für das Leben 2021

von Stefan Klinkhammer

Freitag, 16.04.2021

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Sabrina Bergeest arbeitet im Hospiz in Recklinghausen und spricht in der neuen Podcastfolge von „kannste glauben“ über ihre Erfahrungen in der Begleitung Sterbender. Foto: privat

Die ökumenische Woche für das Leben 2021 steht ab morgen unter dem Thema „Leben im Sterben“. Wie der Alltag im Hospiz in Recklinghausen ist, zeigt der aktuelle Podcast aus dem Bistum Münster ...

INFO: (pbm) „Das Leben ist zu wertvoll für unnötigen Ballast. Es ist dieser Gedanke, der Sabrina Beergest seit viereinhalb Jahren begleitet. So lange arbeitet die 39-Jährige schon im Hospiz zum Heiligen Franziskus in Recklinghausen. Eine Zeit, die die frühere Krankenschwester verändert hat. „Ich bin gelassener geworden und lebe auch im Privaten viel entschleunigter.“ Sabrina Bergeest bildet ehrenamtliche Sterbebegleiterinnen und -begleiter aus und koordiniert ihre Einsätze im stationären und ambulanten Hospizdienst. Anlässlich der „Woche für das Leben“, die ab Samstag, 17. April, bundesweit zum Thema „Leben im Sterben“ stattfindet, spricht sie in der neuen Folge des Podcast „kannste glauben“ des Bistums Münster über ihre Erfahrungen in der Sterbebegleitung. 

Die „Woche für das Leben“, eine Initiative der katholischen und evangelischen Kirche, rückt die Sorge um Schwerkranke und sterbende Menschen in den Mittelpunkt. Ein wichtiges Thema, weiß Sabrina Bergeest, sei es in der Gesellschaft doch noch immer nicht üblich, sich mit dem Lebensende auseinanderzusetzen. „Natürlich ist Abschiednehmen nie etwas Schönes, aber es gehört zum Leben dazu.“ Immer wieder machen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen die Erfahrung, dass Menschen auf Distanz gehen, wenn jemand verstirbt. „Für Sterbende oder Trauernde ist es furchtbar, wenn Menschen die Straßenseite wechseln oder im Treppenhaus die Tür des Nachbarn wieder geschlossen wird“, weiß die Hospiz-Mitarbeiterin. Dabei seien dies Zeichen der Unsicherheit: „Viele wissen nicht, wie sie mit jemanden, der bald sterben wird, oder der gerade einen Menschen verloren hat, umgehen sollen.“

Umso wichtiger seien ehrenamtliche Sterbebegleiter, die die Patienten und ihre Angehörigen in der Zeit des Abschiednehmens begleiten. „Bei manchen Begleitungen geht es einfach um ein Dasein, andere erfordern eine gute Gesprächsführung“, erklärt Sabrina Bergeest. Als Ehrenamtlicher sei es deshalb wichtig, Empathie mitzubringen und die Fähigkeit, „auch mal zwischen den Zeilen zu lesen“. Die Ehrenamtskoordinatorin räumt im Podcast „kannste glauben“ mit dem Vorurteil auf, im Hospizdienst herrsche eine traurige Atmosphäre, weil es um die Themen Tod und Sterben geht. „Im Gegenteil: Es sind Kleinigkeiten, die ganz viel mit einem Menschen machen können.“ Zum Beispiel das Bett eines Patienten auf die Terrasse schieben, damit er den Wind um die Nase und die Sonnenstrahlen im Gesicht spüren kann. „Natürlich wird hier auch gelacht“, sagt Sabrina Bergeest. „Und so soll es auch sein: eine möglichst hohe Lebensqualität bis zum Ende.“ Die Folge des Bistums-Podcast „kannste glauben“ zur „Woche für das Leben“ ist über die Podcast-Homepage www.kannste-glauben.de abrufbar. Zudem können alle Episoden der Reihe bei Spotify, podcaster.de, Deezer, Google Play und Itunes kostenfrei angehört und abonniert werden.

Kontakt: Hospiz zum hl. Franziskus gGmbH, Feldstraße 32, 45661 Recklinghausen, Tel. 0236160930, Fax 02361609320, E-Mail: info@franziskus-hospiz.de, Internet: https://www.franziskus-hospiz.de

Woche für das Leben: Seit 1994 wird die Woche für das Leben gemeinsam mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durchgeführt. Mit dieser in Westeuropa einzigartigen Aktion wollen die Kirchen seit mehr als 20 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung für den Wert und die Würde des menschlichen Lebens leisten. Kirchengemeinden, Einrichtungen und Verbände in 27 (Erz-)Bistümern und 22 evangelischen Landeskirchen machen sie zu einer bundesweiten Aktion mit ausgeprägt ökumenischem Charakter, die Menschen in Kirche und Gesellschaft für die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit menschlichen Lebens in allen seinen Phasen sensibilisieren will. Die übergreifende Eröffnung wird jährlich mit einem ökumenischen Gottesdienst in wechselnden Städten begangen. In einem Dreijahreszyklus wird eine Thematik mit jährlich wechselnden Schwerpunkten behandelt. Dabei geht es um die Wertschätzung des Lebens im Alter, um den Umgang mit behinderten, kranken oder pflegebedürftigen Menschen, um den Einsatz für eine kinderfreundliche Gesellschaft, um den besonderen Schutz ungeborenen Lebens, um Fragen der Bioethik, um Chancen und Grenzen der modernen Medizin, um die Bewahrung der Schöpfung oder den Schutz von Ehe und Familie. Hier die Übersicht über sämtliche Themen der Woche für das Leben.

Woche für das Leben 2021: (KNA) Immer mehr westliche Staaten liberalisieren die Sterbehilfe. Im März hat Spanien aktive Sterbehilfe erlaubt - als weltweit fünftes Land nach den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Kanada. Im ebenfalls katholisch geprägten Portugal, dessen Parlament im Januar die Einführung aktiver Sterbehilfe beschloss, erhob das Verfassungsgericht Einspruch. Neuseeland will im November nachfolgen. Österreich und Deutschland gehen einen anderen Weg - sie müssen nach Urteilen ihrer obersten Gerichte die Beihilfe zum Suizid ermöglichen. In der Schweiz ist das schon seit Jahrzehnten weithin akzeptiert. In Deutschland kippte das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 nicht nur das Gesetz, das Sterbehilfevereinen das Handwerk legen sollte. Zugleich leitete es aus dem Grundgesetz ein sehr weitgehendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben ab. Der Suizid: ein Freiheitsrecht, das der Staat nicht einschränken darf.

Bei ihrer ökumenischen „Woche für das Leben“ wollen die Kirchen unter dem Leitwort „Leben im Sterben“ vom 17. bis 24. April ein Signal für eine menschenwürdige Sterbebegleitung setzen. „Wir wollen noch konsequenter als bisher einen bedarfsgerechten Ausbau der palliativen und hospizlichen Begleitung sowie eine umfassende Kultur des Lebens in unserer Gesellschaft fördern“, erklären der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Dabei gab es - innerhalb der evangelischen Kirche - durchaus Kontroversen über den Umgang mit dem Karlsruher Urteil. Führende protestantische Theologen plädierten dafür, einen assistierten professionellen Suizid - auch in kirchlichen Einrichtungen - zu ermöglichen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) distanzierte sich davon. Einig zeigte sich die katholische Kirche. Bischöfe und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) warnen davor, den Suizid zur regulären Option werden zu lassen. Ein subtiler Druck, dem assistierten Suizid zuzustimmen, um am Ende des Lebens anderen nicht zur Last zu fallen, sei eine große Gefahr. Keine Option sehen sie in Suizidbeihilfe in kirchlichen Einrichtungen: Es müsse Schutzräume geben, in denen Alte und Kranke sicher sein könnten, dass sie nicht zur Selbsttötung gedrängt würden. Fest steht allerdings, dass derzeit quasi ein rechtsfreier Raum existiert. Karlsruhe hat dem Bundestag allenfalls einen kleinen Spielraum für ein Schutzkonzept gelassen. Die Zeit drängt, denn im Herbst sind Bundestagswahlen. Möglich ist, dass das Parlament noch einmal eine Stärkung von Hospizen und Palliativmedizin beschließt. Von den rund 950.000 Menschen die jährlich in Deutschland sterben, schließen rund 30.000 ihr Leben in stationären Hospizen ab. Bundesweit gibt es ein Netz von rund 1.500 ambulanten Hospizdiensten, rund 250 stationären Hospizen für Erwachsene sowie 18 stationären Hospizen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Außerdem bestehen rund 330 Palliativstationen in Krankenhäusern und 361 Teams der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. Mehr als 120.000 Menschen engagieren sich ehrenamtlich und hauptamtlich in der Hospizbewegung.

Zur bundesweiten Eröffnung am Samstag, 17. April 2021, findet um 10.30 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst im Dom zu Augsburg statt (Frauentorstraße 1, 86152 Augsburg). Er wird von Bischof Dr. Georg Bätzing (Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm (Ratsvorsitzender der EKD) sowie Regionalbischof Axel Piper (Kirchenkreis Augsburg) und Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg) gefeiert. Der ökumenische Gottesdienst wird auf verschiedenen Seiten live übertragen: Internetseite Woche für das Leben: www.woche-fuer-das-leben.de, Facebookseite der Deutschen Bischofskonferenz: https://www.facebook.com/dbk.de, Facebookseite des Bistums Augsburg: https://www.facebook.com/bistumaugsburg, Internetseite des Bistums Augsburg: www.bistum-augsburg.de.

Nach dem Gottesdienst folgt um 12.00 Uhr eine digitale Zoom-Konferenz mit Vertretern aus Kirche, Politik und Wissenschaft, die unter dem Thema „Leben im Sterben – und wie?! Perspektiven im Gespräch“ steht. Der Bayerische Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, spricht ein Grußwort. Prof. Dr. Claudia Bausewein, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und Direktorin der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin der Universität München, führt in das Thema ein. Ethische und seelsorgliche Perspektiven diskutieren Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery (Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes), Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger (Mitglied im Bayerischen Ethikrat) und Prof. Dr. Traugott Roser (Professor für Praktische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster). Die Moderation der Veranstaltung übernimmt Ursula Heller vom Bayerischen Rundfunk.

Tag zum Gedenken an die Opfer der Corona-Pandemie: Auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier soll am 18. April in Berlin mit einer staatlichen Gedenkfeier an die Toten der Corona-Pandemie erinnert werden. Zuvor ist in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein ökumenischer Gottesdienst geplant. Zu dem zentralen Gedenken wird neben einigen ausgewählten Hinterbliebenen die gesamte Staatsspitze erwartet. Coronabedingt ist die Teilnehmerzahl stark eingeschränkt. Zum Gedenken an die Opfer der Corona-Pandemie gilt am 18. April eine bundesweite Trauerbeflaggung.

Freitag, 16.04.2021