Franz Stock: Zeuge der Menschlichkeit

von Christof Beckmann

Freitag, 22.01.2016

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Der Jahrestag des am 22.01.1963 von Bundeskanzler Adenauer und Staatspräsident de Gaulle unterzeichneten Elysée-Vertrages markiert die Freundschaft der beiden Länder. Und ein Mann aus Arnsberg tut es auch - heute ist der Deutsch-Französische Tag ...

INFO: Im Juli 1962 trafen sich Konrad Adenauer und Charles de Gaulle in der Kathedrale von Reims – Ort zahlreicher Schlachten im Ersten Weltkrieg und Ort, an dem am 7. Mai 1945 die deutsche Wehrmacht die Kapitulationsurkunde unterzeichnet hatte. In der einstigen Krönungskirche der französischen Könige feierten beide Staatsmänner das Pontifikalamt mit und wurden von Tausenden Menschen anschließend begrüßt. Bei seinem Gegenbesuch im September 1962 in Bonn rief Charles de Gaulle vom Rathausbalkon den Menschen auf Deutsch zu: „Es lebe Bonn! Es lebe Deutschland! Es lebe die deutsch-französische Freundschaft!“ Im Januar 1963 wurde mit der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags eine wichtige Grundlage zur deutsch-französischen Aussöhnung geschaffen. Er legte fest, dass Deutschland und Frankreich keine wichtigen Entscheidungen mehr treffen, die Außen-, Sicherheits-, Jugend- und Kulturpolitik betreffen, ohne sich gegenseitig um Rat zu fragen. An seinem Jahrestag werden seit 2004 in Deutschland und im Nachbarland Frankreich am Deutsch-Französischen Tag von den Auswärtigen Ämtern beider Länder Begegnungsveranstaltungen organisiert, bei denen besonders deutsche und französische Schüler angesprochen sind. Auch viele Schulen engagieren sich mit eigenen Projekten.

Mehr: https://www.dfjw.org/feiern-sie-den-deutsch-franzoesischen-tag-mit-uns

Franz Stock – Erzengel in der Hölle: Das 1964 gegründete Franz-Stock-Komitee im Sauerländischen Arnsberg setzt sich dafür ein, das friedens- und versöhnungsstiftende Wirken des Abbé Franz Stock bekannt zu machen. Am 21. September 1904 in Neheim als erstes von neun Kindern einer Arbeiterfamilie geboren, schloss sich Franz Stock in seiner Schulzeit dem Bund Neudeutschland und später der Quickbornbewegung an. 1926 nahm er das Studium der Theologie in Paderborn auf. Ostern 1928 ging er für drei Semester nach Paris und studierte am Institut Catholique – als erster deutscher Theologiestudent in Frankreich seit dem Mittelalter. Am 12. März 1932 wurde Franz Stock durch den Paderborner Erzbischof Dr. Caspar Klein zum Priester geweiht.

1934 trat Franz Stock in Paris seine Stelle als Rektor der deutschen Gemeinde an - bald kam die Hilfe für politische Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei hinzu. Kurz vor Ausbruch des Krieges musste er Paris verlassen, übernahm Vertreterstellen in Dortmund-Bodelschwingh und dann in der Nähe von Magdeburg. 1940 erneut zum Seelsorger der Deutschen in Paris ernannt, begann er mit seiner Tätigkeit in den Pariser Wehrmachtsgefängnissen Fresnes, La Santé und Cherche Midi, wo er die Häftlinge in den Gefängnissen betreute und über 2.000 Erschießungen beiwohnen musste. Die Franzosen gaben Franz Stock die Bezeichnung „L'Aumônier de l'enfer“ („Der Seelsorger der Hölle“) und „L'Archange en enfer“ („Der Erzengel in der Hölle“).

1945 nahm Stock eine neue Aufgabe an: die Gründung eines Priesterseminars im Gefangenenlager Dépôt 501 bei Chartres, das er bis 1947 als Regens leitete. Es ging unter der Bezeichnung „Stacheldrahtseminar“ in die Geschichte ein. Insgesamt 949 Dozenten, Priester, Brüder und Seminaristen aus Deutschland und Österreich waren im Verlauf der zwei Jahre dort. Am 24. Februar 1948 starb Abbé Franz Stock plötzlich, noch keine 44 Jahre alt, in Paris. Nuntius Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., nahm die Einsegnung des Toten vor und sagte dabei: „Abbé Franz Stock - das ist kein Name - das ist ein Programm!“ Das im November 2009 von Erzbischof Hans-Josef Becker eröffnete Seligsprechungsverfahren ist auf Bistumsebene abgeschlossen. Im Februar 2014 nahm die Vatikanische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse das Verfahren in Rom auf. 

Video-Portrait über Franz Stock: Ein im Auftrag des Franz-Stock-Komitees 2012 von Hans Peylo (MONDO-TV Production, Münster) produziertes Video-Portrait über Franz Stock gibt einen Überblick über die Lebensgeschichte Franz Stocks und sein friedensstiftendes Handeln. Das für das Internet konzipierte Video kann auch im Rahmen von Vorträgen, Unterricht und Ausstellungen eingesetzt werden. Das Video enthält auch Musiksequenzen aus dem Oratorium „VIDEO PACEM", welches von Hartwig Diehl zum 50. Todestag von Franz Stock komponiert wurde. (1. Fassung Nov. 2012 / 2. leicht überarbeitete Fassung Juni 2013). Der Film auf: https://www.youtube.com/watch?v=POq64foVu3w

Appell gegen Hass in Europa: Am 17.09.2015 wandten sich die Vorstände der „Les Amis de Franz Stock“ für Frankreich und des Franz-Stock-Komitees an die Öffentlichkeit und appellierten in einer Resolution dazu, sich im Sinne von Franz Stock für den Frieden in Europa und in der Welt einzusetzen: „In den Jahren zwischen 1939 und 1948 hat der Priester Franz Stock eine Botschaft der Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland vorgelebt, in einem Augenblick, als Hass die Beziehung zwischen beiden Ländern bestimmte. Nun breitet sich eine Welle des Hasses in Europa aus. Das Franz-Stock-Komitee und die Amis de Franz Stock, die zu ihrem jährlichen Treffen in der Benediktinerabtei in Meschede zusammengekommen sind, appellieren an alle Europäer guten Willens, sich vom Verhalten des „Seelsorgers in der Hölle“ inspirieren zu lassen, um der dramatischen Situation, mit der wir konfrontiert sind, zu begegnen.“

Kontakt: Franz-Stock-Komitee für Deutschland e.V. Rathausplatz 1, 59759 Arnsberg, Tel. 02932 / 9318804 oder Hauptstr. 11, 59755 Arnsberg, Tel. 02932 / 22050, E-Mail: info@franz-stock.de, Internet: www.franz-stock.org, Facebook: www.facebook.com/franzstock.org und Twitter: www.twitter.com/franzstockorg. Weitere Franz-Stock-Vereinigungen haben ihren Sitz in Paris und Chartres.

Freitag, 22.01.2016