Fronleichnam in Bonn

von Johanna Risse

Mittwoch, 10.06.2020

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Seit Jahrhunderten sind die Prozessionen am heutigen Tag öffentliche Demonstrationen des Glaubens. Doch steht Fronleichnam diesmal unter besonderen Bedingungen. Wie gehen sie in Bonn damit um?

INFO: Das Wort Fronleichnam leitet sich ab aus dem Althochdeutschen „fron“ für „Herr“ und „liknam“ für „Leib“ und bedeutet übersetzt so viel wie „Fest des Leibes und Blutes Christi“. Es erinnert an die Einsetzung des Altarsakraments durch Jesus selbst (Brot und Wein bei der Abendmahls- bzw. Eucharistiefeier) und wurde zum ersten Mal im Jahr 1246 im Bistum Lüttich gefeiert. Papst Urban IV. führte es 1264 als allgemeines Kirchenfest ein, 1317 legte Papst Johannes XXII. den Donnerstag als Festtag fest. Das Fest geht zurück auf eine Vision der später heiliggesprochenen Augustinernonne Juliana von Lüttich im Jahre 1209. Sie habe, so wird berichtet, beim Beten den Mond gesehen, der an einer Stelle verdunkelt gewesen sei. Christus habe ihr erklärt, dass der Mond die Kirche bedeute, der dunkle Fleck das Fehlen eines Festes des Eucharistie-Sakraments.
Zur Fronleichnams-Feier gehört bis heute eine Prozession, bei der die Gläubigen eine Monstranz begleiten, die eine geweihte Hostie als Zeichen für den real anwesenden Leib Christi enthält. In dieser Art wurde das Fest erstmals 1279 in Köln begangen. Im Mittelalter wurde der Feiertag später zunehmend dazu genutzt, um zusätzliche Ablassgelder zu gewinnen. Nicht zuletzt deshalb war der Reformator Martin Luther ein ausdrücklicher Gegner des Fronleichnamsfestes: Er bezeichnete es 1527 als das „schädlichste aller Feste“ und betrachtete die Prozessionen als unbiblisch und als Gotteslästerung. Heute dagegen wirken nicht selten evangelische Pastoren in Amtstracht bei der Fronleichnamsfeier mit. In der Orthodoxen Kirche ist die Zurschaustellung des eucharistischen Brotes dagegen unbekannt.
Nach dem Konzil von Trient (1545 und 1563) gewann das Fest als „antiprotestantische Demonstration“ an Bedeutung. Doch gegenseitige Provokationen gehören inzwischen der Vergangenheit an. Mit Blick auf die traditionellen Fronleichnamsprozessionen eint katholische und evangelische Christen das biblische Bild vom „wandernden Gottesvolk“, dessen Mitte Christus als das „Brot des Lebens“ ist. Ein wirklich ökumenisches Fest ist es aber trotzdem nicht. Dazu ist in beiden Konfessionen das theologische Verständnis des Abendmahls, das im Zentrum der Fronleichnamsfeier steht, zu unterschiedlich. Fronleichnam ist gesetzlicher Feiertag in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie in ausgewählten Gemeinden in Sachsen und Thüringen.

Fronleichnam in NRW: In diesem Jahr fallen die traditionellen Prozessionen an Fronleichnam wegen der Corona-Krise in nordrhein-westfälischen Gemeinden weitgehend aus. So hat das Bistum Aachen Prozessionen für seine Gemeinden abgesagt, das Erzbistum Köln schließt diese „nicht kategorisch aus“, allerdings gehöre dazu ein mit den örtlichen Behörden abzustimmendes Sicherheitskonzept mit Mindestabstand und Kontrolle einer maximalen Teilnehmerzahl. Das Erzbistum Paderborn und die Diözese Münster raten ihren Pfarreien zum Verzicht auf den Brauch. Das Bistum Essen überlässt die Entscheidung den Verantwortlichen vor Ort, geht aber davon aus, dass Prozessionen nicht stattfinden. Vielerorts wird es stattdessen Gottesdienste unter freiem Himmel geben: So hält der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki an Fronleichnam am 11. Juni um 10.00 Uhr eine Messe auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom, in Paderborn gibt es um 10.00 Uhr einen Gottesdienst auf dem Domplatz mit Erzbischof Hans-Josef Becker und 100 Teilnehmern und auf dem Domplatz in Münster beginnt um 11.00 Uhr eine Feier unter freiem Himmel. Das Bistum betont, dass bei Freiluft-Gottesdiensten der Mindestabstand und die Hygieneregeln eingehalten werden müssen. Der Veranstaltungsort müsse umgrenzt sein, um die Teilnehmerzahl kontrollieren zu können. Die Diözese empfiehlt ihren Pfarreien, solche Feiern mit der Kommune abzusprechen.

Fronleichnam in Bonn: Begangen wird das Fest um 10:00 Uhr mit einem von Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken gefeierten Open-Air-Gottesdienst im Garten von St. Remigius, Brüdergasse 8, 53111 Bonn (L1: Dtn 8,2-3.14b-16a, L2: 1 Kor 10,16-17, Ev: Joh 6,51-58). Weitere Fronleichnamsgottesdienste finden um 13:15 Uhr in St. Remigius statt (Mittagsgebet fällt aus), ebenso um 18 Uhr. Kontakt: Kath. Kirchengemeinde St. Martin, Gangolfstraße 14, 53111 Bonn, Tel. 0228 / 9858842, E-Mail: presse@katholisch-bonn.de, Internet: https://www.bonner-muenster.de.

Fronleichnam am Kölner Dom: Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki feiert einen Fronleichnamsgottesdienst unter freiem Himmel mit rund 300 Teilnehmern. Seit letztem Freitag sind unter www.koelner-dom.de/zugangskarten kostenlose Tickets für alle Domgottesdienste an Fronleichnam buchbar. Während die Heiligen Messen um 7 Uhr, um 8 Uhr, um 12.30 Uhr und um 17 Uhr am Vierungsaltar des Domes stattfinden, wird das etwa einstündige Pontifikalamt um 10 Uhr auf dem Roncalliplatz gefeiert.
Der Zugang zur Heiligen Messe auf dem Roncalliplatz ist ausschließlich mit einer der rund 300 Zugangskarten möglich. Besucher müssten für die gesamte Dauer des Gottesdienstes eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Einzige Ausnahme ist der Moment des Kommunionempfangs. Der Einlass beginnt um 9 Uhr. Hinter den beiden definierten Zugängen auf den Platz von der Westseite des Domes und von der Straße „Am Hof“ steht Desinfektionsmittel bereit, anschließend werden die Gottesdienstbesucher zu ihren Plätzen geleitet. Zwischen jedem Sitz- und Stehplatz besteht ein Sicherheitsabstand von zwei Metern.
Nach dem etwa einstündigen Pontifikalamt wird eine kleine, geschlossene Sakraments-Prozession durch einige Straßen der näheren Domumgebung ziehen. „Die besondere Situation in diesem Jahr erlaubt es leider nicht, dass sich Gläubige dieser Prozession anschließen oder entlang des Prozessionsweges versammeln können“, erläutert der Dom- und Stadtdechant Robert Kleine. „Neben dem Kardinal werden ihr Vertreter aus Kirche und Stadt angehören, die das Allerheiligste unter Einhaltung der Abstandregeln stellvertretend durch die Straßen der Stadt an ausgewählte Orte tragen werden. Ich danke für das Verständnis und freue mich mit allen Gläubigen auf eine hoffentlich wieder traditionelle Prozession im nächsten Jahr.“ Während der Prozession kann es vormittags zur kurzzeitigen Sperrung einzelner Straßenbereiche in der Innenstadt kommen. Sobald die kleine, geschlossene Prozession diese Bereiche passiert hat, werden die Sperrungen wieder aufgehoben. Die Prozession endet gegen 12.30h mit einem öffentlichen Gottesdienst im Dom, für den wiederum Zugangskarten erforderlich sind.
Weitere Fronleichnamsgottesdienste im Kölner Dom, für die ebenfalls Zugangskarten bestellt werden müssen, finden um 7.00, 8.00, 12.30 und 17.00 Uhr statt. Buchung der kostenlosen Tickets unter www.koelner-dom.de/zugangskarten.

Mittwoch, 10.06.2020