Männer weinen nicht

von Margret Wand

Freitag, 02.12.2022

Mann in verzweifelter Haltung
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Er hat eine Clique mit drei richtig guten Freunden. Als die drei von den schlimmen Dingen hören, die ihm passiert sind, kommen sie aus Düsseldorf, Gevelsberg und Münster, um ihn zu besuchen.

Sie treffen sich bei ihm zu Hause, um ihm Mut zuzusprechen, ihm auch zu sagen, wie leid ihnen das Ganze tut. Als sie aus ihren Autos steigen, kommt er ihnen schon entgegen. Total fertig sieht er aus. Sie laufen zu ihm, umarmen ihn und fangen an zu weinen. Sie gehen mit ihm ins Haus und setzen sich, wo gerade Platz ist. Viele Tage und Nächte bleiben sie dort sitzen, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Männer weinen doch nicht, oder? Die biblische Geschichte von Hiob, die ich gerade ein bisschen verfremdet erzählt habe, sagt da etwas Anderes: etwas ganz wesentlich Anderes. Miteinander lachen, feiern, trinken, tanzen – das alles ist schön, tut gut. Aber wenn´s ans Eingemachte geht, wenn Sorgen und Verzweiflung unüberwindbar scheinen, dann braucht es einen Menschen, der mitweint. Der nicht sagt: "Es wird schon wieder", sondern den Kummer mit-aushält, auch viele Stunden lang, auch Tage lang, wie in der Geschichte.

Mit-weinen ist schwer, viel schwerer als mit-lachen. Und unter Männern vielleicht noch schwerer als unter Frauen. Männer weinen nicht? Sollten sie aber. Es kann helfen. Und später kann man dann vielleicht auch wieder miteinander lachen und sich freuen.

Freitag, 02.12.2022