Nomade Gottes: Carl Sonnenschein

von Christof Beckmann

Mittwoch, 20.02.2019

Platzhalterbild
Beitrag anhören

Der „Großstadtapostel“: Carl Sonnenschein

Er war ein moderner Nomade Gottes: Vor 100 Jahren zog der Düsseldorfer Carl Sonnenschein nach Berlin. Als er vor 90 Jahren starb und zu Grabe getragen wurde, begleiteten Abertausende den Sarg des "Großstadtapostels" und "Mann der Caritas“.

Welttag der sozialen Gerechtigkeit: Der 20. Februar wird in diesem Jahr zum 10. Mal als internationaler UN-Aktionstag begangen und will auf Ungerechtigkeiten, Armut, Hunger und Benachteiligung aufmerksam machen. Dazu gehören auch die Rechte von indigenen Völkern und Migranten, genauso wie die Rechte von Menschen, die aufgrund von Alter, Ethnie, Religion, Kultur, Behinderung oder Geschlecht benachteiligt werden. Veranstalter: http://www.dgvn.de.

Carl Sonnenschein: Solche Fragen trieben auch den heute vor 90 Jahren verstorbenen katholischen Priester Carl Sonnenschein um, den Kurt Tucholsky als „Zigeuner der Wohltätigkeit“ bezeichnete. 1876 als Sohn eines Klempners in Düsseldorf geboren, studierte Sonnenschein in Bonn und am Collegium Germanicum in Rom, wo er stark vom italienischen sozialen politischen Katholizismus geprägt wurde. 1897 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert, 1900 zum Doktor der Theologie und am 28. Oktober 1900 zum Priester geweiht.
Er war Kaplan in Aachen (1902), Köln-Nippes (1903) und Elberfeld (1904), wurde 1906 wegen seiner unbequemen politischen Tätigkeit beurlaubt und fand schließlich eine Anstellung im Volksverein für das katholische Deutschland in Mönchengladbach. Er gründete 1908 das „Sekretariat Sozialer Studentenarbeit“, kämpfte für Frauenrechte, Gewerkschaften, italienische Gastarbeiter, Kriegsgefangene, Selbstmörder, motivierte Studenten deutschlandweit zu sozialen Arbeit. 1918 ging er in den Tagen der Novemberrevolution nach Berlin und gründete ein Büro, von wo aus er mit viel prominenter Unterstützung zahllose Helfer rekrutierte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich durch Vorträge und Broschüren, gründete 1924 ein Kirchenblatt für Akademiker, redigierte das Katholische Kirchenblatt, 1923 eine katholische Volkshochschule, 1926 eine katholische Lesehalle, den „Geschichtsverein katholische Mark“ und Siedlungsprojekte. Vielen war der journalistisch zeitlebens umtriebige Geistliche und begeisternde Prediger suspekt, der wie ein Bettler lebte und sich mit vielen anlegte. Als er am 20. Februar 1929 mit 53 Jahren starb und zu Grabe getragen wurde, begleiteten Abertausende den Sarg des „Großstadtapostels“ auf den Berliner St.-Hedwigs-Friedhof. Nach seinem Tod wurde er nicht nur von den Katholiken, sondern auch von der jüdischen Gemeinde, den Sozialdemokraten und vielen anderen betrauert.
Nach Carl Sonnenschein sind Straßen benannt in Aachen, Andernach, Arnsberg, Bergheim, Bergisch Gladbach, Grevenbroich, Bocholt, Düsseldorf, Frankfurt, Krefeld, Leonberg, Marl, Meppen, Nettetal, Neuss und Paderborn. Zahlreiche Einrichtungen tragen ebenfalls seinen Namen.

Buchhinweis: Friedel Doért, Carl Sonnenschein: Seelsorger, theologischer Publizist und sozialpolitischer Aktivist. Aschendorff, 2012. ISBN 978-3-402-12948-7.

Unser Gesprächspartner: Heinz-Josef Kessmann, Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Münster, seit 2010 Vizepräsident des Deutschen Caritasverbandes und Vorsitzender in der Arbeitsrechtlichen Kommission, 2016 wiedergewählt bei der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes in Köln, Sprecher der nordrhein-westfälischen Diözesan-Caritasdirektoren. Kontakt: Caritasverband für die Diözese Münster e.V., Kardinal-von-Galen-Ring 45, 48149 Münster, Tel. 0251 / 8901-0, E-Mail: info@caritas-muenster.de, Internet: www.caritas-muenster.de.

Mittwoch, 20.02.2019