Schwester Laudebertas Weg

von Christof Beckmann

Montag, 12.09.2022

Schwester Laudeberta van Hal (1887-1971) im Kreis ihrer Familie im Garten in Marienthal; Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen
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Schwester Laudeberta van Hal (1887-1971) im Kreis ihrer Familie im Garten in Marienthal; Foto: LWL-Medienzentrum für Westfalen

Heute ist Maria Namen – ein Vorname, der weiter im Trend ist. Aber wer heißt Laudeberta? Eine stille Heldin mit diesem Namen hat in Münster ein Denkmal bekommen: Die Clemensschwester Laudeberta leistete während des Nationalsozialismus Widerstand ...

INFO: Schwester Laudeberta (* 18. Mai 1887 in Groenlo (Niederlande) als Johanna van Hal - † 6. September 1971 in Münster) war eine Ordensschwester der „Barmherzigen Schwester von der Allerseligsten Jungfrau und schmerzhaften Mutter Maria“ (Clemensschwestern) in Münster. Ihre Informationen über die „Euthanasie“-Aktion T4 der Nationalsozialisten veranlassten den Bischof Clemens August Graf von Galen zu seinen bekannten Predigten 1941 in der St.-Lamberti-Kirche, woraufhin die Aktion gestoppt wurde. Am 5. Juli 2022 wurde ein Fußweg entlang der Münsterschen Aa nach ihr benannt. Der Weg zwischen Spiegelturm und Petrikirche nach ihr benannt und heißt künftig Schwester-Laudeberta-Weg. Hier der Bericht des Bistums Münster:

„1887 im holländischen Groenlo als Johanna van Hal geboren, arbeitete sie zunächst in einem Krankenhaus in Bocholt, bevor Schwester Laudeberta 1910 in den Orden der Barmherzigen Schwestern in Münster eintrat. Als Stationsleiterin in der westfälischen Provinzialheilanstalt Marienthal, der heutigen LWL-Klinik Münster, erfuhr sie von den Vernichtungsplänen des NS-Regimes. Die Ordensschwester riskierte ihr Leben, um etwas gegen die menschenverachtenden Zustände in Marienthal zu unternehmen. So hatte eine Krankenschwester beim Putzen im Büro eines leitenden Arztes eine Liste mit Namen von Patienten entdeckt, die in der kommenden Woche deportiert werden sollten. Sie schrieb diese ab und gab sie Schwester Laudeberta, die gezielt Angehörige ansprach und ihnen riet, ihre Patienten mit nach Hause zu nehmen. Im Schutz der Dunkelheit machte sie sich außerdem auf den Weg zu Bischof von Galen und erzählte ihm davon. Ein großes Risiko, denn die Clemensschwester stand unter Beobachtung eines NSDAP-Ortsgruppenleiters, der Pförtner in Marienthal war. Immer wieder nahm sie dieses Risiko auf sich und versorgte den Bischof mit Informationen über die geplanten Deportationen – auch am Vorabend der dritten Predigt von Galens, seiner bekannten „Euthanasie“-Predigt vom 3. August 1941. Wie viele Menschen die couragierte Ordensschwester retten konnte, ist nicht bekannt. Sie blieb nach dem Zweiten Weltkrieg in Marienthal. 1971 starb Laudeberta im Alter von 84 Jahren und ist wie alle Clemensschwestern auf dem Zentralfriedhof in Münster beigesetzt.

Auf ihren Widerstand gegen die „Euthanasie“-Verbrechen und ihren Einsatz für die Rettung psychisch kranker und behinderter Menschen machten im vergangenen Jahr elf Unterzeichnerinnen und Unterzeichner aus der katholischen Kirche, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der Geschichtswissenschaft und der Stadtgesellschaft aufmerksam. Sie hielten den Seitenweg an der Aa für besonders geeignet, denn „über diesen Weg muss Schwester Laudeberta durch den Hintereingang des Bischofpalais zu Bischof von Galen gelangt sein, um diesen über die bevorstehenden Deportationen von Patienten der Klinik Marienthal (…) zu informieren“, hieß es in ihrer Anregung. Am 22. März beschloss die Bezirksvertretung Münster-Mitte die Namensgebung des Fußwegs an der Aa in Schwester-Laudeberta-Weg. Eine Informationstafel soll über die mutigen Taten der Ordensschwester informieren. Die Änderung von Adressen ist nicht notwendig, der Weg ist Eigentum der Stadt Münster, es sind keine Hausnummern zugeordnet.“ (Bischöfliche Pressestelle / Anke Lucht)

Montag, 12.09.2022