Vor 40 Jahren: Schüsse auf den Papst

von Christof M. Beckmann

Mittwoch, 12.05.2021

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Petersdom in Rom und Denkmal für Papst Johannes Paul II. (1920-2005) in Posen, Collage: KiP-NRW

Morgen vor 40 Jahren stand die Welt unter Schock: Papst Johannes Paul II. überlebte das Attentat vor Zehntausenden von Menschen mitten auf dem Petersplatz schwer verletzt ...

INFO: Seinem Tod am 2. April 2005 folgte die größte Beerdigung aller Zeiten. 3,5 Millionen waren in Rom dabei, 2 Milliarden verfolgten sie weltweit. Papst Johannes Paul II. starb nach langer Krankheit nach dem mit 26 Jahren und 5 Monaten zweitlängsten Pontifikat eines Petrus-Nachfolgers in der gesamten Kirchengeschichte. Der charismatische Prediger von tiefer Frömmigkeit unternahm als „Eiliger Vater“ 104 Auslandsreisen in 129 Länder und verfasste 14 Enzykliken. Bis zum Schluss litt er unter den Folgen eines Attentats, das nur knapp drei Jahre nach seinem Amtsantritt - morgen vor 40 Jahren - vor Zehntausenden Menschen mitten auf dem Petersplatz auf ihn verübt wurde. Dank sofortiger Notoperation überlebte der Papst damals schwer verletzt. Dem Attentäter, dem türkischen Rechtsextremesten Ali Agca, vergab er noch auf dem Krankenbett und besuchte ihn später auch im Gefängnis. Bis heute sind die Drahtzieher unbekannt, werden aber nach wie vor im damaligen Ostblock vermutet. Denn sein persönlicher Einsatz – zunächst vor allem für die demonstrierende junge Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc in Polen, gefährdete die dortigen Machtstrukturen. Mit Blick auf die Ereignisse in Danzig und Warschau erklärte er selbst: „Ich habe nur noch ordentlich gerüttelt, und die faulen Äpfel sind zu Boden gefallen“, der Baum sei bereits von innen verfault gewesen. Doch vielen gilt die Wahl des Erzbischofs von Krakau zum Papst als Auslöser für den Zusammenbruch des Kommunismus.

Papst Johannes Paul II. (1978-2005): Karol Wojtyla, der spätere Papst Johannes Paul II., wurde am 18. Mai 1920 im polnischen Wadowice geboren, erlebte die deutsche Besatzung und die Nazi-Diktatur, rettete einer aus dem Todeslager Auschwitz befreiten Jüdin das Leben. Er liebte Fußball, Literatur und Theater, betätigte sich als Dichter und Schauspieler, studierte Theologie, wurde 1946 zum Priester geweiht, 1948 promoviert, lehrte als Professor in Krakau und Lublin. 1958 wurde er Weihbischof in Krakau und nahm am II. Vatikanischen Konzil teil, 1964 wurde der als „intellektueller Schöngeist“ Unterschätzte zum Krakauer Erzbischof und 1967 von Papst Paul VI. zum Kardinal ernannt.  wurde, war sehr wohl Politiker - aber keiner, der politische Spielchen spielen wollte. Am 16. Oktober 1978 wählte ihn das Konklave nach dem Tod Johannes Pauls I. überraschend zum Papst. Als erster Pole und erster Nicht-Italiener auf dem Heiligen Stuhl seit 1523 nahm er den Namen Johannes Paul II. an, reiste bereits im Juni 1979 als erster Papst überhaupt in den kommunistischen Ostblock und löste in Polen eine anhaltende Welle der Opposition gegen das Regime aus.
Der sprachgewandte Pontifex suchte einen in seinem Amt bisher nicht gekannten intensiven Kontakt mit der Öffentlichkeit, nutzte seine medialen Auftritte und war auch ein scharfer Kritiker des neoliberalen Kapitalismus. Selbst nach dem Attentat vom 13. Mai 1981 und einem vereitelten Anschlag am 12. Mai 1982 setzte er sein Pensum fort, dem auch der Fall des Eisernen Vorhangs in Mittel- und Osteuropa 1989/1990 zugeschrieben wird. Die zahlreichen Auslandsbesuche des „Reisepapstes“ – darunter zehn in den deutschsprachigen Ländern - öffneten die Kirche zur Weltkirche. Er predigte vor Milliarden Gläubigen, modernisierte den Vatikan, ernannte in seiner Amtszeit 231 Kardinäle, nahm 1338 Seligsprechungen und 482 Heiligsprechungen vor, rief neben seinen politischen Akzenten in vielen kirchlichen Fragen in zunehmendem Maße Kritik und Polarisierungen hervor, galt vielen aber zugleich schon zu Lebzeiten als Ausnahmeerscheinung: Mit „Santo subito!“ forderte man bereits nach seinem Tod am 2. April 2005 die Heiligsprechung und sein Nachfolger Papst Benedikt XVI. eröffnete das Seligsprechungsverfahren bereits nach zwei Monaten. Der Seligsprechung am 1. Mai 2011 folgte am 27. April 2014 die Heiligsprechung durch Papst Franziskus.

Unser Gesprächspartner: Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), stammt aus Trier. Er studierte Philosophie, Theologie, Religionswissenschaft und Altphilologie in Trier, Mainz und Kalifornien. 1987 begann er als Redakteur bei der FAZ, war Chefredakteur des Magazins „kontinente“ in Köln und ab 1996 Rom-Korrespondent der katholischen Nachrichtenagenturen kathpress, KIPA und KNA. Seit 2005 ist er Chefredakteur der KNA und begleitete Johannes Paul II. auf 13 Auslandsreisen und hat mehrere Bücher verfasst.

Bücher:

  • Drobinski, Matthias / Urban, Thomas: Johannes Paul II. - Der Papst, der aus dem Osten kam, Verlag C. H. Beck, München 2020, 336 S., 24,95 Euro.
  • Feldmann, Christian: Johannes Paul II. Der Jahrhundert-Papst. Mit Bildern seines Lebens, Verlag Herder, Freiburg 2011, 143 S., 10 Euro.
  • Ratzinger, Joseph / Benedikt XVI.: Johannes Paul II. - Mein geliebter Vorgänger, Sankt-Ulrich-Verlag, Augsburg 2008, 17,90 Euro.
  • Riccardi, Andrea: Johannes Paul II - Die Biografie, echter-Verlag, Würzburg 2014, 720 S., 49,90 Euro.
  • Ludwig Ring-Eifel: Johannes Paul II.. Der Mensch - der Papst - das Vermächtnis, Freiburg im Breisgau, Basel, Wien: Herder, 2005. ISBN: 3451273357
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