100 Tage Papst Leo
Samstag, 02.08.2025

„Papst Leo XIV.: Wer er ist – wie er denkt – was ihn und uns erwartet", Buchcover, Collage KIP
In einer Woche wird er 100 Tage im Amt sein: Papst Leo, der US-Amerikaner aus Peru mit seinen vielen familiären Wurzeln in Europa und Afrika ist in seinem Amt angekommen. Für Augustinerpater Lukas Schmidkunz und viele andere war es eine Überraschung ...
INFO: Am 5. Mai 2025 wurde beim Konklave der 133 Kardinäle der 69-jährige Kardinal Robert Francis Prevost aus Chicago als Nachfolger von Papst Franziskus als erster US-Amerikaner zum Papst und neuen Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken gewählt worden. Er entschied sich für den Namen Leo XIV. Bisher leitete er die Vatikanbehörde für Bischöfe und war in den vergangenen zwei Jahren zuständig für Bischofsernennungen weltweit. Er ist Mitglied des Augustinerordens und war lange als Missionar und von 2014 bis 2023 auch als Bischof in Peru (Südamerika) tätig.
Prevost, der als diplomatisch, pragmatisch, polyglott und kosmopolitisch gilt, wird sowohl von progressiven wie konservativen Kirchenvertretern als Brückenbauer und Mann des Ausgleichs geschätzt. Der am 14. September 1955 in Chicago geborene Kirchenmann galt nicht als Favorit bei der Papstwahl. Gleichwohl war er einer der bekanntesten Gesichter im Kardinalskollegium, das nie zuvor so zerstreut über die Welt war und sich vor dem Konklave untereinander kaum kannte. Die katholischen deutschen Bischöfe erhoffen sich vom neuen Papst, dass er die Kirche mit Mut, Demut und Weisheit leiten möge - „im Vertrauen auf das Evangelium und im Geist der Geschwisterlichkeit, wie ihn auch Papst Franziskus gelebt hat“. Das schrieb die Deutsche Bischofskonferenz auf der Plattform X. „Möge sein Dienst zum Segen für die Kirche und für die Welt werden.“ Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) reagierte erfreut. Die Präsidentin des Laien-Dachverbands, Irme Stetter-Karp, erklärte: „Mit Kardinal Robert Francis Prevost ist heute ein Mann der Mitte, politisch versiert, international vernetzt und zudem bestens informiert über die katholische Kirche in Deutschland zum Papst gewählt worden.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, Leo XIV. übernehme mit dem Amt in einer von Unfrieden und tiefgreifenden globalen Herausforderungen geprägten Zeit eine bedeutende geistliche und moralische Verantwortung. Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gratulierte dem neuen Papst mit den Worten: „Durch Ihr Amt geben Sie in diesen Zeiten großer Herausforderungen Millionen von Gläubigen weltweit Hoffnung und Orientierung.“ Und weiter: „Für viele Menschen sind Sie ein Anker für Gerechtigkeit und Versöhnung.“
Papst ist Augustiner: Der neue Papst Leo XIV. gehört zum Orden der Augustiner, einem traditionsreichen katholischen Orden mit mehr als 750-jähriger Geschichte. Der Ordo Fratrum Sancti Augustini (OSA) geht in seiner geistlichen Ausrichtung auf den Kirchenvater Augustinus von Hippo (354-430) zurück, der eine Ordensregel verfasste, die als die älteste der westlichen Kirche gilt. Die eigentliche Gründung des heutigen Ordens erfolgte 1256 durch Papst Alexander IV. mit der Bulle Licet Ecclesiae, die mehrere bereits nach der Regel des heiligen Augustinus lebende Eremitenverbände vereinigte. Das sollten sie aber nun nicht mehr in der Einsamkeit, sondern in den Städten tun und das Wort Gottes durch Predigt und Schriftauslegung verkünden. Mittelpunkt des wissenschaftlichen Strebens im Orden war das 1259 gegründete Pariser Kloster mit seinem später der Universität eingegliederten Studienhaus. Im Augustinerorden gab es keinen Statusunterschied zwischen Priestern und Laienbrüdern und bereits Ende des 13. Jahrhunderts war er in bis zu 24 Provinzen organisiert, mit Klöstern von Irland bis Zypern, Zentren des Ordens waren unter anderem Erfurt, Köln, Wien und Paris. Während der Blütezeit im 16. Jahrhundert unterhielt der Orden rund 2.000 Mönchs- und 300 Frauenklöster mit etwa 35.000 Mitgliedern.
Besonders beliebt wurde der Orden im deutschen Sprachraum. Hier wurde 1256 das erste Kloster namens Marienthal in der Nähe von Wesel im Wald beim Dörfchen Beylar gegründet und Ende des 13. Jahrhunderts gab es bereits etwa 80 Klöster. Wirkmächtigster Augustiner-Eremit wurde Martin Luther (1483-1546). Er trat 1505 dem Erfurter Augustinerkloster bei. Die Reformation führte allerdings in Deutschland zur Auflösung zahlreicher Konvente des Ordens: Insgesamt gingen von 160 Augustinerklöstern der deutschen Provinzen, zu denen auch die heutigen Niederlande gehörten, 69 dem Orden verloren. Im 18. Jahrhundert erlebte der Orden seine größte Ausdehnung. Um 1750 gab es etwa 20.000 Mitglieder, die in 1.500 Konventen lebten. Hinzu kamen etwa 200 Nonnenklöster, in denen die Bewohnerinnen ein kontemplatives Gebetsleben führten.
In der französischen Revolution und der durch Napoleon seit 1802 in Deutschland veranlassten Säkularisation erlitt der Orden dann vernichtende Verluste. Aus den „Augustiner-Eremiten“ wurden 1963 die „Augustiner“. 1979 hatte der Orden 28 Provinzen mit 483 Häusern. Heute ist der Augustinerorden weltweit in rund 50 Provinzen, Vikariaten und Delegaturen organisiert. Etwa 2.600 Ordensmitglieder engagieren sich in Seelsorge, Bildung, Mission und wissenschaftlicher Arbeit. Wichtige akademische Einrichtungen sind das „Institutum Patristicum Augustinianum“ in Rom, die Universität Villanova in den USA sowie das Augustinus-Institut in Würzburg. In Deutschland gibt es derzeit acht Konvente, wobei nur sieben der Deutschen Augustinerprovinz zugeordnet sind: Kloster Würzburg mit den Konventen St. Augustin (seit 1279) und Maria vom Guten Rat (seit 2008), Kloster St. Michael Münnerstadt, seit 1652 (vorher 1279–1525), Konvent St. Josef Münnerstadt, seit 1902, Kloster St. Rita Berlin-Reinickendorf, seit 1929, Kloster Maria Eich Planegg, seit 1953, Konvent St. Martin von Tours Erfurt, seit 2019, Gästehaus Zwiesel, seit 1962 (dem Regionalvikariat Österreich zugeordnet). Provinzial der Augustiner in Deutschland ist seit 2019 Lukas Schmidkunz, der die Leitung von Alfons Tony nach dessen regulärer achtjähriger Amtszeit übernommen hatte.
Unser Gesprächspartner: P. Lukas Schmidkunz OSA, Augustinerkloster, Dominikanerplatz 2, 97070 Würzburg, E-Mail: provinzial@augustiner.de, Novizenmeister: P. Christian Rentsch OSA, Augustinerkloster Maria Eich, Zu Maria-Eich 1, 82152 Planegg, E-Mail: christian@augustiner.de, Internet: https://www.augustiner.de/.
Buchtipp: Stefan von Kempis: Papst Leo XIV - Wer er ist - wie er denkt - was ihn und uns erwartet, Patmos Verlag, Ostfildern, 160 S., 19 Euro. Der Autor, geboren 1970 in Bonn, ist seit 2019 Redaktionsleiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan / Vatican News. Er studierte Theologie, Geschichte und Islamwissenschaften in Bonn, Freiburg, Paris, Kairo und Rom. 1995 wurde er Redakteur bei Radio Vatikan, seit 2001 als stellvertretender Redaktionsleiter und seit 2017 als kommissarischer Leiter. Heutige Schwerpunkte seiner Arbeit sind u.a. Weltkirche und interreligiöser Dialog. Er hat mehrere Päpste auf Reisen begleitet, etliche Bücher zu Päpsten geschrieben und herausgegeben; er kennt die Texte und die Agenda der Päpste wie kaum ein Zweiter. Er lebt mit seiner spanischen Frau und ihren beiden Söhnen in Rom.