1000 Jahre Abtei Brauweiler

von Christof Beckmann

Dienstag, 09.04.2024

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Abtei Brauweiler, Foto: © Sylvia M. Wolf /LVR-ADR

Nächsten Sonntag steigt das große Fest: Im LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler steht in diesem Jahr alles im Zeichen eines besonderen Geburtstages. Im Festjahr „1000 Jahre Abtei Brauweiler“ wird der Gründung der Abtei und ihrer Geschichte gedacht...

INFO: In der Abtei Brauweiler, Kulturzentrum und Sitz den beiden LVR-Dienststellen für Archivwesen und Denkmalpflege, steht in diesem Jahr alles im Zeichen eines besonderen Geburtstages: „1000 Jahre Abtei Brauweiler“. Offizieller Auftakt zum Jubiläumsjahr ist am 14. April 2024 der historisch überlieferte Gründungstag der Abtei im Jahre 1024: Sonntag, 14.04., ab 11 Uhr feierlicher Festakt zum Gründungstag der Abtei Brauweiler mit Bürgerfest vor und auf dem Abteigelände, LVR-Kulturzentrum Brauweiler, Ehrenfriedstraße 19, 50259 Pulheim-Brauweiler.

Im Millennium-Jahr wird mit über 150 Veranstaltungen und 170 Führungen der Gründung der Abtei vor 1000 Jahren und ihrer wechselvollen Geschichte gedacht. Die Rückschau macht deutlich, dass die Abtei in vielen Epochen die rheinische Geschichte spiegelt: Umsturz, Reformbewegungen in der Kirche, Kriege und Unruhen, Auswirkungen der französischen Revolution, Industrialisierung aber auch die beiden Weltkriege, die Nachkriegszeit und der Kulturwandel.

Das Angebot hält drei Attraktionen bereit: In der neuen Dauerausstellung zur Abteigeschichte, wird erstmals die 1000-jährige Geschichte des einstigen Klosters mit allen ihren Höhen und Tiefen einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Die neu konzipierte Dauerausstellung der Gedenkstätte Brauweiler des LVR wurde nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich erheblich erweitert. Schließlich lädt der neue Klostergarten im Abteipark zum Verweilen ein und ist zugleich ein wichtiger Beitrag zur Biodiversität.

Wer mitfeiern möchte, hat dazu bis 31. Dezember 2024 Gelegenheit: Interessierte erwarten unter anderem Konzerte, Lesungen, Ausstellungseröffnungen, Diskussionsrunden, Vorträge oder ein Open-Air-Kino. Besondere Höhepunkte sind der Festakt zum Jubiläum (14. April), die Einweihung des Klostergartens (19. Mai) sowie die Eröffnung der neu konzipierten Gedenkstätte Brauweiler (8. Juni). Weitere Informationen dazu unter abteibrauweiler.lvr.de, https://abteibrauweiler.lvr.de/de/test_veranstaltungen_im_jubilaeumsjahr.html

Das kulturelle Leben in der Abtei Brauweiler wird mitgestaltet vom Freundeskreis der Abtei Brauweiler (FAB, Vors. Prof. Dr. Jürgen Rüttgers) und von der katholischen Kirchengemeinde auf dem Abteigelände. Zentrales Element der Jubiläumsfeierlichkeiten der Pfarreiengemeinschaft Brauweiler-Geyen-Sinthern sind die beiden Festwochen im Juni: „Ausgehend vom Ursprung der Abtei und ihrer 800-jährigen Glaubensgeschichte in der benediktinischen Tradition richten wir den Blick nach vorne und zwar aus der Perspektive eines aktiven Glaubenlebens vor Ort“, so Pfarrer Peter Cryan. „Im Fokus stehen die Zukunft von Kirche und christlicher, ökumenischer Gemeinschaft in einer sich immer schneller wandelnden Gesellschaft und die Herausforderungen, die die Moderne an den Menschen und das Menschliche stellt. 

1000 Jahre Abtei Brauweiler: Kirche und Kloster an dem bereits von den Römern besiedelten Ort sind zwischen 1024-1136 zu datieren. Stifter waren der lothringische Pfalzgraf Ehrenfried (Ezzo) und seine Frau Mathilde, älteste Tochter Kaiser Ottos II. und der Byzantinerin Theophanu, die hier ihre Grablege fanden. Der Gründungslegende nach hatte Mathilde unter einem Maulbeerbaum eine göttliche Vision, sie pilgerten nach Rom und erhielten im Jahr 1023 durch den Papst Reliquien und ein Kreuz. Der Kölner Erzbischof sandte den Cluniazensischen Reformabt Poppo von Stablo mit einer Gruppe von sieben Benediktinern nach Brauweiler, 1028 wurde das Kloster durch Erzbischof Pilgrim geweiht, ab 1030 amtierte der erste Abt Ello aus St. Maximin in Trier.

Die folgenden Stationen: 1048 Neubau der Klosterkirche durch Richeza, 1051 Weihe der Krypta, 1061 der Oberkirche zu Ehren der Heiligen St. Nikolaus und St. Medardus durch Erzbischof Anno II., 1136-1225 Bau der dritten Brauweiler Kirche und der Klosteranlage, 1147 Besuch durch den Hl. Bernhard von Clairvaux, 1274 von St. Albertus Magnus, im 15. Jahrhundert Einführung der Bursfelder Reform, ab 1491 Aufschwung.

1547 verlieh Kaiser Karl V. der Abtei das Recht zu Führung eines besonderen Wappens (schwarzer Adler auf silbernem Hintergrund mit goldenem Abtstab), war 1520 selbst zu Besuch in der Abtei, dennoch blieb die Abtei rechtlich dem Kölner Erzbischof unterstellt. Ende des 18. Jahrhunderts Pläne, die Abtei zu erweitern und zu barockisieren, 1794 Besatzung durch französische Revolutionstruppen, 1802 Verstaatlichung aller Klosterbesitzungen, Auflösung des Klosters und Vertreibung der Mönche. 1809 bis 1815 „Bettleranstalt“ für rund 700 Personen in den vorhandenen Gebäuden, ab 1815 preußische Erweiterung zur „Provinzial-Arbeitsanstalt Brauweiler“.

1873 vom preußischen Staat in den Besitz des rheinischen Provinzialverbandes überführt, 1910 mit rund 1400 männlichen und weiblichen Insassen fast vollständig belegt und für einen besonders schlechten Ruf bekannt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden zusätzlich politische Gegner in „Schutzhaft“ inhaftiert, 1933 erste Massentransporte nach Brauweiler und Einrichtung eines „Schutzhaftlagers“, Konzentrationslager, ab 1938 Durchgangslager für Juden aus dem Rheinland, bevor sie nach Dachau deportiert wurden. Im Krieg Gefängnis für verschiedene Widerstandsgruppen, u.a. polnische Heimatarmee Armia Krajowa, französische „Action Catholique“, „Volksfrontkomitee Freies Deutschland“, Kölner Edelweißpiraten, 1944 Gestapokommando für osteuropäische Zwangsarbeiter, Inhaftierung von Konrad Adenauer und seiner Frau Auguste.

Nach 1945 von den Amerikanern beschlagnahmt, Wohnung für verschleppt Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter (Displaced Persons), Übergabe an die Briten, 1948 rund 2.500 Personen im DP-Camp Brauweiler, im November 1949 Rückgabe an die damals noch zuständige Vorgängerorganisation des LVR und Arbeitsanstalt bis 1969, Umwandlung in eine Klinik für Suchtkranke (Landeskrankenhaus Brauweiler) mit Psychiatrie bis Mai 1978. Renovierung und Restaurierung der Abtei und des Abteigeländes für LVR-Publikationsstelle, Rheinlandverlag, Rheinland Betriebsgesellschaft mbH und das Rheinische Museumsamt. Rückbau vieler Gebäude, Wiederherstellung der barocken Anlage, 1990 Auszeichnung als „vorbildliches Bauwerk“. 2008 Gedenkstätte Brauweiler zur Geschichte der Jahre 1933 bis 1945 eröffnet, 2010 Stiftung Kunstfonds als Archiv für Künstlernachlässe. Heute Nutzung als Kultur- und Dienstleistungszentrum des LVR und Dienstsitz der Rheinland Kultur GmbH.

Unser Gesprächspartner: Dr. Mark Steinert, Leiter des LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrums mit Sitz in der ehemaligen Abtei Brauweiler. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Geschichte in Bonn und Freiburg promovierte er mit einer Arbeit zum Thema „Alternative Sukzession im Hochstift Osnabrück“ über die Auswirkungen des Westfälischen Friedens auf die Osnabrücker Verfassung. Nach 2. juristischer Staatsprüfung, Archivausbildung in Dresden und Marburg, Tätigkeiten am Staatsarchiv Marburg, dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin, dem Hauptstaatsarchiv Dresden sowie in Breslau war Steinert von 2006 bis 2014 Leiter des Kreisarchivs Warendorf. Seit 2014 im Dienst des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, leitete er ab 2015 den Fachbereich „Grundsätze“. Steinert ist ausgewiesener Experte für Archiv- und Urheberrecht. Kontakt: Tel. 02234 / 9854-300, E-Mail: mark.steinert@lvr.de, Landschaftsverband Rheinland, LVR - Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, Ehrenfriedstraße 19, 50259 Pulheim, Tel. 02234 / 9854-0, Fax 02234 / 9854-285, Internet: www.afz.lvr.de

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