Frauen voran: Maria Magdalena

von Christof Beckmann

Freitag, 19.07.2024

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Nicht nur der Priestermangel ist ein Motiv – sie wollen grundsätzlich mehr: Frauen müssen in der Kirche größere Verantwortung tragen können. Ohne eine Frau wie Maria Magdalena, am Montag auf dem Kalender, wäre die Kirche niemals entstanden …

INFO: 2016 erhielt die heilige Maria Magdalena, in den Evangelien „Maria von Magdala“ genannt, eine Aufwertung im liturgischen Kalender der Kirche: Papst Franziskus erhob ihren Gedenktag am 22. Juli den Rang eines Festes – zuvor war sie im Rang eines sogenannten „gebotenen Gedenktags“ (Päpstliches Dekret im Original). Mit der Aufwertung auf ein „Fest“ wurde die „Apostelin der Apostel“, wie Thomas von Aquin sie bezeichnete, liturgisch den Aposteln gleichgestellt. Der neugefasste Text der Präfation, der einleitenden Worte zum Hochgebet an ihrem Fest formuliert, Christus habe Maria Magdalena „den Aposteln gegenüber mit dem Apostelamt geehrt“ (Texte für Montag, 22. Juli, auf: Hl. Maria Magdalena, Messtexte mit Präfation „Maria Magdalena, Apostelin der Apostel“).

Maria Magdalena, eine der bedeutendsten Frauen im Neuen Testament, wird im Lukasevangelium (Lk 8,2) unter den Frauen genannt, die Jesus geheilt hatte und die ihn dann begleiteten: Neben Susanna und Johanna wird Maria von Magdalena am See Genezareth, „aus der sieben Dämonen ausgefahren waren“, als erste namentlich erwähnt. Als treueste Anhängerin Jesu sorgte sie für den Lebensunterhalt Jesu und der Jünger (Lk 8,3). Auch bei Markus, der das früheste Evangelium verfasste, heißt es zu den Frauen: „Sie waren Jesus schon in Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient“ (Mk 15,41). Bei ihm und bei Matthäus gelten die Frauen rund um Maria Magdalena als Jüngerinnen und Nachfolgerinnen Jesu.

In mehreren Evangelien stand sie beim Kreuz Jesu und war bei seinem Begräbnis. Weil sie am Ostermorgen der Auferstandene ihr als Erstzeugin den Auftrag gab, den Jüngern die Osterbotschaft zu überbringen (Mk 16,9; Joh 20,14-18), nannten sie die Kirchenväter Hippolyt, Augustinus, Johannes Chrysostomos und Cyrill von Alexandrien die „Apostelin der Apostel“ (apostola apostolorum) und in den frühchristlichen Gemeinden kam Maria von Magdala eine besondere Bedeutung zu.

In ostkirchlichen Legenden verließ Maria Magdalena nach der Auferstehung Jesu Jerusalem, um überall das Evangelium zu verkünden, wurde in Rom sogar von Kaiser Tiberias empfangen. In Ephesus soll sie Johannes bei der Abfassung seines Evangeliums geholfen haben. Nach der griechischen Überlieferung fand sie dort auch ihre letzte Ruhestätte, von Ephesus gelangten Reliquien im Jahr 899 nach Konstantinopel. Nach im Westen verbreiteten Legenden ging sie mit Martha und Lazarus nach Südfrankreich und lebte dort als Predigerin oder als Büßerin in einer Einöde in der Provence, wo sie auch gestorben sein soll. Mutmaßliche Reliquien der Heiligen sollen sich in der Kleinstadt Saint-Maximin-la-Sainte-Baume befunden haben und werden heute in der Basilika Sainte-Madeleine in Vézelay verehrt.

In der kirchlichen Tradition war sie allerdings spätestens mit den Magdalenen-Predigten von Papst Gregor dem Großen (590-604) mit der Sünderin gleichgesetzt worden, die Jesus die Füße salbte (Lk 7, 36-50). Damit begann eine Umdeutung, die sie als Schwester der Marta und des Lazarus (Lk 10,38-50; Joh 12,1-8) zu einer reuigen Prostituierten machte, in der Kunst war sie oft Vorwand für die Darstellung nackter Körperlichkeit. In populärer Literatur kam es darüber hinaus auch zu Spekulationen, sie sei die Geliebte oder Ehefrau von Jesus gewesen. Das Musical „Jesus Christ Superstar“ (1971) zeigt Maria Magdalena etwa als in Jesus verliebte Ex-Prostituierte. Richtig ist sicher, dass Maria Magdalena mit Jesus eine tiefe geistige Beziehung hatte und eine wichtige Jüngerin war. Erst seit dem II. Vatikanischen Konzil und dem liturgischen Kalender von 1969 wird sie in der katholischen Kirche nicht mehr mit der Büßerin oder Sünderin gleichgesetzt. Auch neu aufgefundene Texte aus dem 2. Jahrhundert warfen ein neues Licht auf ihre über Jahrhunderte verkannte herausragende Rolle, die stark von der feministischen Theologie aufgegriffen wurde.

Die katholische Frauengemeinschaft (kfd) forderte 1999 in seinen „Leitlinien '99“ die Zulassung von Frauen zu allen Diensten und Ämtern in der Kirche – auch im Leitbild der kfd aus dem Jahr 2008. Beim Osnabrücker Kongress „Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene“ im Dezember 2017 wirkte die kfd an dem Beschluss der Osnabrücker Thesen (OST) mit, im November 2018 am Beschluss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) „Entschlossenes gemeinsames Handeln, jetzt!“. 2019 verabschiedete die kfd-Bundesversammlung einstimmig das Positionspapier „gleich und berechtigt“. Die Präsidien von vier großen deutschsprachigen katholischen Frauenverbänden veröffentlichten im Februar 2020 des Positionspapier „bleiben und erneuern!“, gezeichnet von den Vorständen des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), der Katholischen Frauenbewegung (kfb) Südtirol, der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF) - die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfb) schloss sich dem Papier nachträglich an. In der Präambel heißt es: „Wir glauben, dass Menschen Gottes Ebenbild sind. Deshalb kommen Frauen und Männern die gleiche Würde und die gleichen Rechte zu. Wegen des Geschlechts darf es keine kirchliche oder gesellschaftliche Benachteiligung geben. Darum müssen Frauen und Männer gleichberechtigten Zugang zu allen Diensten und Ämtern in der Kirche haben.“

Ein Offener Brief an Papst Franziskus vom 21.6.2024 zur Bischofssynode im Oktober 2024 in Rom, der von 13 Organisationen unterzeichnet war, forderte „in tiefer Sorge um die Glaubwürdigkeit und die Zukunft der katholischen Kirche“, die Frage der bislang untersagten Frauenordination innerhalb der katholischen Kirche müsse bei der laufenden Weltsynode im Vatikan diskutiert werden. Eine solche Debatte müsse offen für Kleriker und Laien sowie offen für Inhalte und Ergebnisse sein: „Eine Weltsynode, die sich heute nicht für eine Debatte über das Thema Frauenpriestertum in unserer Kirche öffnet, hätte ihren eigenen Anspruch verfehlt.“ Unterzeichnet wurde der Offene Brief unter anderen von Vertreterinnen und Vertretern von „Maria 2.0 Deutschland“, „Wir sind Kirche“, der “Pfarrer-Initiative Deutschland“ und weiteren Organisationen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Großbritannien.

Ein zweiter Offener Brief an den Papst kritisierte am 27. Juni 2024 insgesamt eine fehlende Gleichstellung von Frauen. Es sei diskriminierend, dass Frauen von der kirchlichen Ordination, der kirchlichen Leitung und dem Halten von Predigten ausgeschlossen seien, schreiben „Wir sind Kirche International“ und das Catholic Women's Council: „Der Ausschluss von Frauen von dieser Berufung verletzt die Würde der Frauen und ist im 21. Jahrhundert inakzeptabel“, heißt es. Eine synodale Kirche erfordere Veränderungen in den Strukturen, in denen Frauen gleichberechtigt an Entscheidungsprozessen teilnähmen. Die Unterzeichnenden fragen den Papst, warum er bei der Frage von „Frauendiakonen“ weiterhin zögere und schließt mit Blick auf die derzeit laufende Weltsynode im Vatikanmit den Worten: „In diesem Geist legen wir unseren Appell vor, die Stellung der Frau in der Kirche in Bezug auf ihre volle Gleichberechtigung bei der Synode 2024 angemessen zu berücksichtigen.“

Mehr: Arbeitshilfe „Gemeinsam Kirche sein“, Wort der deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Bonn 2015. (Die deutschen Bischöfe; 286). Mehr: www.gemeinsam-kirche-sein.de.

Unsere Gesprächspartnerin: Brigitte Klara Schmidt, Mitglied der von der kfd St. Gallus, Bonn-Küdinghoven, 38 Jahre lang Referentin für Gemeindepastoral im Stadtdekanat Bonn, ist Kursleiterin im Netzwerk Diakonat der Frau. Sie war als Geistliche Begleiterin bei der dritten Fortbildung „Diakonische Leitungsdienste für Frauen“. Kontakt: Brigitteschmidt@aol.com, https://diakonat.de/startseite

Netzwerk Diakonat der Frau: Zu den rund 300 Mitgliedern des 1997 gegründeten „Netzwerk Diakonat der Frau“ gehören Einzelpersönlichkeiten, zahlreiche Frauenverbände, Organisationen und Diözesan- und Katholikenräte. Das Netzwerk setzt sich ein für den sakramentalen Diakonat der Frau und eine diakonische Kirche. Es ermöglichte bisher Frauen in drei Diakonatskreisen (1999-2002, 2003-2006 und 2019- April 2024) die Vorbereitung auf Leitungsdienste in einer diakonischen Kirche und die geistliche Auseinandersetzung mit ihrer Berufung zur Diakonin in der katholischen Kirche. Kontakt: Netzwerk Diakonat der Frau, c/o Bundesgeschäftsstelle des KDFB, Kaesenstraße 18, 50677 Köln, Tel. 02233 / 7139777, E-Mail: netzwerk@diakonat.de, Vorsitzende: Dr. Jutta Mader-Schömer, Tel. 0152 / 2669 6115, E-Mail: vorsitzende-netzwerk@diakonat.de, Internet: https://diakonat.de

Die kfd: Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) zählt rund 255.000 Mitglieder, ist damit größter Frauenverband Deutschlands und der größte katholische Verband. Sie geht bis auf die ab 1856 gegründeten Bruderschaften christlicher Mütter zurück, hat in vielen Kirchengemeinden eine wesentliche Bedeutung für das Gemeindeleben und versteht sich heute als Interessenvertretung für Frauen. Der 1928 gegründete Zentralverband der katholischen Müttervereine wurde 1939 durch die Nationalsozialisten zwangsweise aufgelöst, 1951 unter dem Namen Zentralverband der katholischen Frauen- und Müttergemeinschaften wieder ins Leben gerufen und ist als katholischer Verein analog zum Aufbau der katholischen Kirche in Diözesanverbände, Dekanatsverbände und KFD-Pfarrgemeinschaften gegliedert. 20 Diözesanverbände und der Landesverband Oldenburg bilden den in Düsseldorf ansässigen kfd-Bundesverband e.V.  Er vertritt die Interessen von Frauen in den Bereichen Politik, Kirche und Gesellschaft auf nationaler und internationaler Ebene. Dazu zählen Kampagnen- und Öffentlichkeitsarbeit, Herausgabe von Publikationen, Arbeits- und Werbemitteln, Bildungsangebote für Zielgruppen und Multiplikatorinnen sowie interne Dienstleistung durch die Bundesgeschäftsstelle. Vertreten wird der auf vier Jahre gewählte elfköpfige Bundesvorstand durch die Bundesvorsitzende Mechthild Heil.

Kontakt: Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, Bundesverband e.V., Prinz-Georg-Straße 44, 40477 Düsseldorf, Tel. 0211 / 44 99 2-0, Fax 0211 / 44 99 2-75, E-Mail: info@kfd.de, Internet: www.kfd.de, www.kfd-bundesverband.de, twitter.com/kfd_BV, facebook.com/kfd.Bundesverband

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