Klimagerechtigkeit!

von Stefan Klinkhammer

Samstag, 25.06.2022

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Motiv: MISEREOR-Infothek, Magazin-Reihe „Im Fokus“

Ein großes Bündnis, darunter auch kirchliche Hilfswerke, ruft für heute zu einer Großdemonstration in München auf. Vor dem G7-Gipfel sollen die beteiligten Staats- und Regierungschefs aufgefordert werden, die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu beenden.

INFO: Ein Bündnis von mehr als 15 Organisationen, darunter auch kirchliche Hilfswerke, ruft für heute zu einer Großdemonstration in München auf. Vor dem 48. G7-Gipfel sollen die beteiligten Staats- und Regierungschefs aufgefordert werden, die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu beenden. Der G7-Gipfel findet auf Einladung der Bundesregierung vom 26. bis 28. Juni im Luxushotel Schloss Elmau im bayerischen Krün bei Garmisch-Partenkirchen statt. „Die G7-Mitglieder müssen endlich entschlossen gegen die Klimakrise und das Artensterben handeln und Hunger, Armut und Ungleichheit bekämpfen“, heißt es in dem Aufruf. Erwartet werden mehrere tausend Demonstrierende aus ganz Deutschland und Europa.

Das Bündnis fordert von den G7-Staaten den Einsatz für ein Weltnaturabkommen und einen fairen Ausgleich für die Menschen in Ländern des Südens. Die Corona-Pandemie habe erneut deutlich gemacht, wie ungleich globale Krisen Menschen träfen. Während mehr als 160 Millionen Mensch zusätzlich in Armut gestürzt seien, habe sich das Vermögen der zehn reichsten Milliardäre verdoppelt. Dem Trägerkreis der Demonstration in München gehören laut Mitteilung Umwelt- und Naturschutzverbände, die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt sowie die Welthungerhilfe an.

Website G7-Gipfel: https://www.g7germany.de/g7-de, mehr: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/g7-klima-energie-umwelt-2043756

 

Pressemitteilung

G7-Staaten müssen Hunger und Verschuldung weltweit begegnen

Aachen/Berlin, 23. Juni 2022. Anlässlich des G7 Gipfels in Elmau fordert Misereor die teilnehmenden Staaten auf, sich viel stärker als bisher für eine Lösung der strukturellen Ursachen der weltweiten Krisen einzusetzen. Die G7-Staaten sollten aktuell vor allem Antworten auf die drohende Hunger- und Ernährungskrise sowie die wachsende Überschuldung vieler Länder finden. „Es ist nicht zu akzeptieren, dass weltweit genügend Lebensmittel vorhanden, diese aber durch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges so teuer geworden sind, dass die Ärmsten sich nicht mehr ausreichend Essen leisten können. Hinzu kommen extreme Dürren in Ostafrika, die die Situation weiter verschärfen“, erklärt Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.

„Vorrangiges Ziel der G7 muss die Sicherung der Ernährung der Menschen sein. Ein blindes Vertrauen auf die Kraft der Märkte reicht nicht. Die G7 müssen jetzt öffentliche Investitionen in eine Ökologisierung der Landwirtschaft beschließen, um das Welternährungssystem krisenfester zu machen“, so Spiegel. „Zusätzlich brauchen wir eine deutliche Reduktion des Verbrauchs von Getreide und Ölsaaten als Energieträger durch eine Senkung der Beimischungsquoten. Nahrungsmittel gehören auf den Teller und nicht in den Tank!“

Umfassender Schuldenerlass für hochverschuldete Staaten nötig

MISEREOR fordert zudem, den politischen Druck für umfassende Schuldenerlasse im Globalen Süden zu erhöhen. Denn wo das Geld für den Abbau der staatlichen Schulden verwendet werden muss, fehlt es zur Versorgung der Menschen. Die Folgen der Corona-Pandemie, vor allem aber die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, bringen so die Armen in vielen Ländern des Globalen Südens in lebensbedrohliche Situationen, da sie sich keine Nahrungsmittel mehr leisten können. Aufgrund der gähnenden Leere öffentlicher Kassen fehlen vielfach Finanzen im Kampf sowohl gegen Armut und Hunger als auch für die Unterstützung öffentlicher Gesundheitssysteme. „Es ist jetzt dringend erforderlich, dass die G7-Staaten die riesige Finanzierungslücke für notwendige Maßnahmen der Ernährungs-, Gesundheits- und Klimapolitik im Süden schließen. Wir brauchen neben umfassenden Schuldenerlassen für hochverschuldete Länder endlich die Weichenstellung für ein internationales Staateninsolvenzverfahren. Nur so kann einem akut drohenden wirtschaftlichen Kollaps in vielen verschuldeten Ländern des Globalen Südens wirksam begegnet werden,“ erklärt Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor.

Dreimal so viele Länder von Überschuldung bedroht wie vor der Corona-Pandemie

Derzeit sind 39 Staaten besonders akut von Überschuldung bedroht oder bereits betroffen. Das sind dreimal so viele Länder wie noch vor der Corona-Pandemie. Private Gläubiger wie Anleger und Banken halten den Großteil der Forderungen gegenüber Entwicklungs- und Schwellenländern, wurden bis heute aber nicht ausreichend an Entschuldungsmaßnahmen beteiligt „Die bisherigen Beschlüsse zur Schuldenerleichterung wurden nicht ausreichend umgesetzt, zudem können gerade die G7-Staaten rechtliche Schritte zur Einbeziehung privater Gläubiger mit Sitz in G7-Staaten in Umschuldungsverhandlungen beschließen,“ so Schilder. „Viele Staaten müssen von ihrer erdrückenden Schuldenlast befreit werden, um Hunger und wachsender Armut aus eigener Kraft begegnen zu können.“

Misereor ist vor dem G7-Gipfel vom 26.-28. Juni 2022 vor Ort präsent und ruft unter dem Motto „Gerecht geht Anders!“ am 25. Juni um 12:00 in der Münchener Innenstadt zu einer Großdemonstration für eine gerechtere G7-Politik auf (g7-demo.de).

Misereor - weltgrößtes katholisches Entwicklungshilfswerk: Misereor mit Sitz in Aachen wurde 1958 von den deutschen katholischen Bischöfen auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet, um „den Mächtigen der Erde, den Reichen und Regierenden vom Evangelium her ins Gewissen zu reden“. Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort „Misereor super turbam / Ich erbarme mich des Volkes“. Erste Anregungen für eine regelmäßige Kollekte für Entwicklungsprojekte kamen zuvor von katholischen Laienorganisationen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Ziel der mit Partnern in Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika geleisteten Arbeit ist die Hilfe zur Selbsthilfe, aber auch die Schärfung des Bewusstseins für die Ursachen von Armut und Unterentwicklung, von Not und Ungerechtigkeit in den Entwicklungsländern. Seit seiner Gründung hat das Hilfswerk laut eigenen Angaben rund 112.000 Projekte mit weit mehr als 7 Milliarden Euro unterstützt. Derzeit arbeitet Misereor mit 1.900 Partnerorganisationen in 3.000 laufenden Projekten in gut 90 Ländern zusammen. MISEREOR ist Mitglied im Bündnis Entwicklung Hilft: www.entwicklung-hilft.de.

MISEREOR-Spendenkonto: 10 10 10, Pax Bank Aachen, BLZ 370 601 93, IBAN DE75 3706 0193 0000 1010 10, BIC GENODED1PAX; Internet: www.misereor.de, MISEREOR-Blog: www.misereor.de/blog; Twitter: www.twitter.com/misereor; Facebook: www.facebook.com/misereor

Unsere Gesprächspartner: Pimin Spiegel, Jahrgang 1957, stammt aus dem rheinland-pfälzischen Großfischlingen. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie, das ihn u.a. 1981 auch ins brasilianischen Piauí führte, wurde er 1986 zum Priester geweiht und war bis 1990 Kaplan und Pfarradministrator in Kaiserslautern und CAJ-Kaplan des Bistums Speyer. 1990 ging er für 13 Jahre als Missionar und Pfarrer von drei Pfarreien mit 67 Gemeinden im brasilianischen Bundesstaat Maranhão in Lima Campos (Bistum Bacabal, Brasilien). 2004-2010 war Spiegel wieder Pfarrer in Deutschland in Blieskastel-Lautzkirchen, ging aber 2010 erneut nach Brasilien, um in verschiedenen Ländern Lateinamerikas in der Ausbildung und Begleitung von Laienmissionaren zu arbeiten. 2012 wurde Pirmin Spiegel Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor und von Papst Benedikt XVI. zum päpstlichen Ehrenkaplan (Monsignore) ernannt.

Samstag, 25.06.2022