Weltverfolgungsindex 2022

von Stefan Klinkhammer

Freitag, 04.02.2022

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Rot gekennzeichnet sind elf Staaten, in denen Christen extrem verfolgt werden, orange die 39 Staaten, in denen die Verfolgung sehr stark ist. Grafik: Open Doors

In China beginnen die Olympischen Spiele. Für Religionsfreiheit bekäme das Land wohl kaum eine Medaille. Aber auch in vielen anderen Ländern ist es für Christen schwierig. Das Hilfswerk Open Doors hat die traurigen „Top 50“ der Länder gelistet.

Hilfswerk berichtet über Druck auf Christen bei Olympia
Kelkheim (KNA, 22.2.2022) Zum Start der Olympischen Winterspiele hat China die Auflagen für Christen im Land laut dem Hilfswerk Open Doors weiter verschärft. Wie die Organisation am Freitag in Kelkheim mitteilte, sind Kirchenleiter in Peking vor dem Sportereignis von Behörden aufgefordert worden, «in der Öffentlichkeit unsichtbar zu bleiben, um Konflikte zu vermeiden». Wer kirchliche Aktivitäten außerhalb der Sonntagsgottesdienste anbiete, habe stundenlange Verhöre, Geldstrafen und auch Haft zu befürchten.Nach Einschätzung von Open Doors beabsichtigt die chinesische Regierung eine absolute Kontrolle aller religiösen Aktivitäten und Inhalte. Der Druck auf Christen werde durch immer schärfere Zensur und Überwachung erhöht. Ein weiteres Instrument dazu sei eine im März in Kraft tretende Verordnung, mit der die Nutzung des Internet für das Teilen religiöser Inhalte deutlich eingeschränkt werde. Diese Verordnung mache die Verbreitung christlicher Inhalte sowie die Organisation und Durchführung virtueller Zusammenkünfte für religiöse Gruppen fast unmöglich, so das Hilfswerk. Eine entsprechende Lizenz sei an sehr hohe und die Glaubensfreiheit stark einschränkende Hürden geknüpft.

INFO: Weltweit bekennen sich etwa 2,5 Milliarden Menschen zum christlichen Glauben. Doch mehr als 360 Millionen Christen in 76 Ländern der Erde sind intensiver Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Darüber informierte die im hessischen Kelkheim ansässige evangelikale Organisation „Open Doors“ mit dem jährlich veröffentlichten Weltverfolgungsindex (WVI). Er umfasst den Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021. Allein in den Ländern, die die ersten 50 Plätze der Rangliste belegen, leiden nach Angaben von „Open Doors“ mehr als 312 Millionen der dort lebenden 737 Millionen Christen unter „sehr hoher bis extremer Verfolgung“. Erstmals führt Afghanistan nach der neuen Rangliste das Land mit der schlimmsten Christenverfolgung weltweit - eine unmittelbare Folge der Machtübernahme der Taliban -, verdrängt damit den Dauer-Spitzenreiter der Rangliste - nämlich Nordkorea, das diese Position seit 20 Jahren innehatte. Auch dort sei die Lage der Christen unter Kim Jong weiterhin katastrophal: Zehntausende leisteten in Straflagern Zwangsarbeit, oft bis zum Tod. Die Verhaftungen hätten sogar zugenommen. Die Ränge 3 bis 10 auf dem Weltverfolgungsindex belegen Somalia, Libyen, Jemen, Eritrea, Nigeria, Pakistan, Iran und Indien.
Besonderes Augenmerk richtet Open Doors weiterhin auf China (Rang 17, s.a. aktuelle Meldungen unten). Die kommunistische Regierung habe mit der zentralisierten Kontrolle aller Religionen ein Negativ-Modell etabliert, das kommunistische Staaten wie Vietnam (Rang 19) und Kuba (Rang 37) kopiert hätten. Nigeria (Rang 7) und Indien (Rang 10) wertet Open Doors als „besonders besorgniserregende“ Länder, da Christen dort extremer Verfolgung ausgesetzt seien. Stark verschlechtert habe sich die Situation in Afrika südlich der Sahara. Dort seien islamistische Gruppen zumeist in Ländern mit korrupten sowie schwachen Regierungen aktiv. In der Demokratischen Republik Kongo (Rang 40) führten die Allied Democratic Forces (ADF) seit Jahren Angriffe gegen Christen durch und hätten sich mit der Gruppe „Islamischer Staat“ verbündet, heißt es. Das Land gehöre zusammen mit der Zentralafrikanischen Republik (Rang 31) und Nigeria (Rang 7) zu den zehn Ländern mit dem höchsten Gewaltaufkommen gegen Christen. Wie Open Doors mitteilte, stieg zwischen Oktober 2020 und September 2021 die Zahl der wegen ihres Glaubens getöteten Christen auf 5.898 - gegenüber 4.761 im Vorjahr. 4.650 oder 79 Prozent aller Fälle seien allein Nigeria zuzurechnen, an zweiter Stelle folgt Pakistan mit 620 ermordeten Christen. Der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode, kritisierte, dass die Politik das Thema Christenverfolgung kaum beachte. „Deshalb bitten wir zuerst alle Christen, sich noch stärker für ihre verfolgten Glaubensgeschwister einzusetzen und für sie zu beten.“ Kontakt: Open Doors, Postfach 11 42, 65761 Kelkheim, Tel. +49 6195 6767-0, E-Mail: info@opendoors.de, Internet: www.opendoors.de, DE67 6601 0075 0315 1857 50, Postbank Karlsruhe.

China verschärft Kampagne gegen Religionen: (KNA) Chinas kommunistische Regierung nimmt in einem neuen Atheismus-Lehrbuch die organisierten Religionen ins Visier. Das für Hochschulen und die Kader der Kommunistischen Partei herausgegebene Buch „Die Prinzipien des wissenschaftlichen Atheismus“ sei Teil einer Kampagne der Partei zur „vollständigen und getreuen“ Ausführung der Entscheidungen der „Nationalen Konferenz für religiöse Angelegenheiten“ vom Dezember, berichtete der asiatische Pressedienst Ucanews am Mittwoch, 2. Februar 2022. Autor Li Shen vertrete in dem Werk die These von Präsident Xi Jinping, die chinesische Kultur sei nie religiös gewesen. Bei der Konferenz habe Xi die Parteiführung angewiesen, zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit die Überwachung religiöser Aktivitäten im Internet und die Kontrolle der Religionen zu verschärfen. In dem Buch präsentiert der Autor laut Ucanews wissenschaftliche Erklärungen für „die Nichtexistenz Gottes“ und „die schädliche Wirkung der Religion“.
Nach weiteren Berichten weitet die Führung in Peking seine Kampagne gegen Religionen derzeit auch auf seine Sonderverwaltungszone Hongkong aus. Dort steht die Kirche nach den drakonischen nationalen Sicherheitsgesetzen vom Juli 2020 unter wachsenden Angriffen. Vorige Woche veröffentlichte die pekingfreundliche Zeitung „Ta Kung Pao“ vier Artikel, in denen der 90-jährige emeritierte Bischof von Hongkong und prominente Chinakritiker Kardinal Joseph Zen sowie Vertreter anderer Kirchen für ihre Unterstützung der Demokratiebewegung verurteilt wurden. Pro-chinesische Medien in Hongkong forderten zudem eine Regulierung der „westlichen Religionen“, weil diese „unvereinbar mit der chinesischen Kultur“ seien. Die Artikel in der Zeitung „Ta Kung Pao“ sollten nicht ignoriert werden, schrieb der Journalist und China-Experte Benedict Rogers in seinem Beitrag für Ucanews. „Wenn Peking seine Absichten signalisieren will, tut es das üblicherweise mit dem Abfeuern von Warnschüssen in seinen Medien“, so Rodgers, Mitgründer von Hong Kong Watch und Vorstandmitglied der Stop Uyghur Genocide Campaign.
Auch Vertreter ausländischer Medien sahen sich vor dem Beginn der Olympischen Spiele zusehends stärkeren Kontrollen ausgesetzt, so der Jahresbericht des „Foreign Correspondents' Club of China (FCCC)“ vom 31.01.2022. Viele setzten ihre Berichterstattung über China inzwischen aus anderen Ländern fort, Presseausweise würden nicht verlängert. Am 22.01.2022 war Menschenrechtler Rodgers im Nachrichtenportal Ucanews mit anstehenden „Genocide Games“ hart ins Gericht gegangen. Er rief dazu auf, die Unterdrückungsmaßnahmen des Regimes während der Olympischen Winterspiele öffentlich an den Pranger zu stellen. Sie hätten niemals stattfinden dürfen, kritisierte er das Olympische Komitee. Jetzt aber dürften sie nicht in Stille stattfinden, vielmehr müsse im Namen der Wahrheit „ein Maximum an Lärm“ gemacht werden. Die Sportler selbst mahnte er zu vorsichtigem Verhalten.

Papst Franziskus mit Blick auf die Olympischen Winterspiele: (Fides) - Bei der Generalaudienz am 2. Februar erinnerte Papst Franziskus in Rom an den Beginn der Olympischen und Paralympischen Winterspiele in China, die vom 4. Februar bis 4. März in Peking stattfinden. „Ich grüße alle Teilnehmer der Spiele ganz herzlich. Ich wünsche den Organisatoren viel Erfolg und den Athleten das Allerbeste. Der Sport kann mit seiner universellen Sprache Brücken der Freundschaft und Solidarität zwischen Menschen und Völkern aller Kulturen und Religionen bauen. Deshalb begrüße ich es, dass das Internationale Olympische Komitee dem historischen olympischen Motto ,Citius, Altius, Fortius´, d. h. schneller, höher, stärker, das Wort ,Communiter´, d. h. gemeinsam, hinzugefügt hat: damit die Olympischen Spiele eine geschwisterlichere Welt hervorbringen können, und zwar alle gemeinsam“, so der Papst wörtlich.
Mit einem besonderen Gruß wandte er sich an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Paralympischen Winterspiele. „Wir werden die wichtigste Medaille gemeinsam gewinnen, wenn das Beispiel der Sportler mit Behinderung allen hilft, Vorurteile und Ängste zu überwinden und unsere Gemeinschaften einladender und integrativer zu gestalten. Das ist die echte Goldmedaille.“ Er verfolge auch mit Aufmerksamkeit und Emotionen die persönlichen Geschichten von Flüchtlingssportlern, die an den Spielen teilnehmen werden. „Mögen ihre Zeugnisse dazu beitragen, die Zivilgesellschaften zu ermutigen, sich mit immer größerem Vertrauen für alle zu öffnen und niemanden zurückzulassen. Ich wünsche der großen olympischen und paralympischen Familie eine einzigartige Erfahrung menschlicher Brüderlichkeit und des Friedens: Selig sind die Friedensstifter!“. (NZ) (Fides 02/02/2022)

Freitag, 04.02.2022