500 Jahre: Bibel für alle

von Dr. Christof Beckmann

Freitag, 30.09.2022

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Heute vor 500 Jahren waren sie spätestens ausverkauft: Pünktlich zur Leipziger Buchmesse 1522 legte Martin Luther sein Neues Testament in deutscher Sprache vor. Die ersten 3.000 Exemplare waren ruckzuck ausverkauft …

INFO: Pünktlich zur Leipziger Buchmesse 1522 lieferte Martin Luther den ersten Teil seiner Bibelübersetzung: das Neue Testament in deutscher Sprache. In nur elf Wochen hatte der auf der Wartburg bei Eisenach versteckte Mönch mit Hilfe des Humanisten Philipp Melanchthon die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, die 21 Briefe an christliche Gemeinden und Mitarbeiter sowie die Offenbarung des Johannes aus der durch Erasmus gedruckten griechischen Fassung und der Lateinischen „Vulgata“ des Hl. Hieronymus ins Deutsche übertragen. Die von Lucas Cranach und Christian Döring übernommene Herstellung durch den Wittenberger Drucker Melchior Lotter wurde kein verlegerisches Risiko - trotz der für damalige Zeit großen Auflage von 3.000 Exemplaren. Die hochwertigen Foliobände, einspaltig in Schwabacher Type und mit Holzschnitten nach Dürer kamen am 21. September 1522 unter dem Titel „Das Newe Testament Deůtzsch“ ohne Verfassernamen in den Handel und waren innerhalb von drei Monaten vergriffen. Das sogenannten „Septembertestament“ war eine Sensation, wurde bereits im Dezember des in verbesserter Auflage nachgedruckt, schon bald auch in anderen Städten und erhielt 1530 seine endgültige Form. 1534 brachte der Reformator dann die gesamte Bibel in deutscher Sprache heraus.

Luthers Übersetzung war nicht die erste Übertragung der Bibel ins Deutsche und schuf auch nicht die erste gedruckte Bibel auf Deutsch. Die Geschichte der Bibelübersetzung ins Deutsche begann schon im 8. Jahrhundert, auch entschied die Frankfurter Synode 794, dass man Gott nicht nur in den geheiligten Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein anbeten dürfe. Seit dem frühen 14. Jahrhundert liegen mehrere vollständige Übertragungen ins Deutsche vor, die auch gedruckt wurden. Was Luhers deutsche Bibel auszeichnete, waren seine Orientierung an der gesprochenen Volkssprache und die starken Sprachbilder. Er begründete nicht nur eine einheitliche Sprache jenseits der Dialekte, sondern brachte auch einen Schub an Alphabetisierung. Die katholische Tradition wehrte sich lange dagegen: Die Bibel sei den einfachen Gläubigen nur durch Vermittlung und Erklärung der Priester zugänglich, hieß es.

Internationaler Tag des Übersetzers: Seit 1954 wird er jährlich am 30. September begangen, dem Todestag des Gelehrten und Kirchenvaters Hieronymus (*347, + 30. September 420). Er übersetzte das Alte und Neue Testament aus dem Hebräischen bzw. Griechischen ins gesprochene Latein und schuf die sogenannte „Vulgata". Hieronymus gehört in der katholischen Kirche mit Ambrosius von Mailand, Augustinus von Hippo und Gregor dem Großen zu den vier sogenannten großen Kirchenvätern der Spätantike und gilt als Schutzheiliger der Übersetzer.
Die UNO-Generalversammlung hat den Internationalen Tag des Übersetzens am 24. Mai 2017 einstimmig weltweit in Kraft gesetzt. Zahlreiche öffentliche Veranstaltungen mit Fachleuten der Branche sollen ein Bewusstsein für die Bedeutung verständlicher Sprache wecken. Der „Verband der Übersetzer“ (VdÜ), gegründet 1954, lässt anlässlich dieses Tages im 2-Jahres-Turnus einen Ring, genannt Hieronymus-Ring, weitergeben, der hervorragende Literaturübersetzer ehrt. Der VdÜ zählt rund 1.400 Mitglieder, ist eingetragener Berufsverband der Literaturübersetzer*innen und eingebunden in den Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in der Gewerkschaft ver.di. Die 1964 gründete VdÜ-Zeitschrift Übersetzen erscheint halbjährlich.
Internet: https://www.literaturuebersetzer.de/, Veranstaltungen zum Internationalen Übersetzertag: https://literaturuebersetzer.de/termine/veranstaltungen/hieronymustag-2022/

Freitag, 30.09.2022