Erste Hilfe für die Seele

von Christof Beckmann

Donnerstag, 09.06.2022

Platzhalterbild
Beitrag anhören

Titel: Handreichung „Notfallseelsorge – Erste Hilfe für die Seele“

Als sich die Nachricht von dem schrecklichen Ereignis in Berlin gestern verbreitete, kamen die ersten Fragen schon auf: War es ein Unfall, war es mit Vorsatz? Viele halfen vor Ort, aber man ist einfach fassungslos.

INFO: In einem Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche haben Berlinerinnen und Berliner am Mittwochabend der Opfer des Vorfalls gedacht, bei dem ein Pkw am Vormittag gegen 10.30 Uhr in der Nähe des Kudamms mehrere Menschen auf einem Gehweg erfasst hatte. In der Nähe der Gedächtniskirche starb nach bisherigem Stand dadurch eine Frau, sechs Personen sind seither in Lebensgefahr und drei weitere schwer verletzt. Zudem gibt es mehrere leicht verletzte Personen. Auch der Fahrer, nach Angaben der Polizei ein 29-jähriger Berliner mit armenischen Wurzeln, wird demnach in einem Krankenhaus medizinisch behandelt und weiter vernommen. Nach Angaben der hessischen Landesregierung sind unter den Verletzten „zahlreiche Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse aus dem nordhessischen Bad Arolsen“. Das Todesopfer des Vorfalls sei eine sie betreuende Lehrerin, ein Lehrer sei nach derzeitigem Stand schwer verletzt worden.

An dem Gottesdienst wirkten die evangelische Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein und der Generalvikar des Erzbistums Berlin, Pater Manfred Kollig, mit. Sie dankten Polizei und Feuerwehr sowie den Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern, die in der Gedächtniskirche den Tag über rund 100 Betroffene und weitere Hilfesuchende betreut hatten. Trautwein sagte, es sei wichtig, „dass Menschen nach dem ersten Schock nicht alleine gelassen bleiben und über ihre Erlebnisse sprechen können“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierte „mit großer Bestürzung“ auf die Ereignisse. „Meine Gedanken sind bei den schwer und sehr schwer Verletzten, bei dem Todesopfer. Und sie sind bei denen, die Schreckliches erleben mussten“, erklärte er. Auch Hessens neuer Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) äußerte sich tief bestürzt. „Diese schockierende Nachricht aus Berlin macht mich fassungslos und tief betroffen“, sagte er in Wiesbaden. „Meine Gedanken sind bei den Opfern, die voller Freude auf einer Klassenfahrt in der Hauptstadt waren.“ Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sagte: „Wir haben umgehend Notfallbetreuungsteams nach Bad Arolsen geschickt, um den Angehörigen, Mitschülerinnen und Mitschülern sowie den Lehrkräften beizustehen.“ Ein Team aus der Schule sei auf dem Weg nach Berlin, um den Jugendlichen sowie ihren Eltern zur Seite zu stehen.

Auch mehrere Ministerinnen und Minister der Bundesregierung sowie die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), äußerten ihre Betroffenheit. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte im rbb-Fernsehen, es sei noch unklar, ob es ein Verkehrsunfall, vorsätzliches Handeln oder ein medizinischer Notfall war. Medienberichte, wonach im Auto ein Bekennerschreiben gefunden wurde, bestätigte sie nicht.

Der Vorfall ereignete sich an der Tauentzienstraße - und damit unweit des Anschlags vom 19. Dezember 2016 mit einem LKW auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz. Damals starben zwölf Menschen, mehr als 70 wurden verletzt. Später erlag auch ein 13. Opfer seinen Verletzungen. (KNA)

Notfallseelsorge: Der Begriff „Notfallseelsorge“ wurde 1992 von den Pfarrern Hanjo von Wietersheim und Eckhard Mattke geprägt. In den Landkreisen Kronach und Erlangen/ Höchstadt in Bayern entstanden die ersten Notfallseelsorge­Systeme. Von da an verbreitete sich die Idee an vielen Orten. Notfallseelsorge ist Erste Hilfe für die Seele und somit Grundbestandteil des kirchlichen Seelsorgeauftrags. Haupt- und ehrenamtliche NotfallseelsorgerInnen werden im Bedarfsfall über die örtlichen Notfallzentralen von der Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdiensten angefordert und sind jederzeit erreichbar. Sie sind gefragt, wenn sich ein tragischer Unfall ereignet hat, bei erfolgloser Reanimation, bei der Verarbeitung nach der Überbringung einer Todesnachricht, einem plötzlichen Kindstod oder einem Suizid. Von den Mitarbeitenden werden Erfahrung aus ihrer Ausbildung und ihrer seelsorglichen Arbeit, theologische, spirituelle und psychosoziale Grundkompetenz verlangt. Nötig sind Zusatzqualifikationen aus Aus- und Fortbildungen im Aufbau des örtlichen Rettungsdienstes, ein Praktikum im Rettungsdienst, Einführung in die Krisenintervention, in Grundlagen der Psychotraumatologie, plötzlichem Kindstod, Suizid/Suizidversuch, Überbringung von Todesnachrichten, Abschiedsrituale bei häuslichen Todesfällen. Auch ehrenamtlich tätige „Mitarbeiter/in in der Notfallseelsorge” unterliegen der Schweigepflicht.
Mehr: Grundlagen der Notfallseelsorge (91,7 KiB), Internet: https://www.notfallseelsorge.de, Kontaktdaten nach akuten Notfällen hier.

Ökumenische Notfallseelsorge Mönchengladbach: Ihr Auftrag ist erste Hilfe für die Seele in Krisen-Situationen und ein Dienst an den Menschen. Rund 160 bis 190 Mal im Jahr kommen die 25 haupt-und ehrenamtlichen Notfall-Seelsorger*innen in Mönchengladbach zum Einsatz - wie zum Beispiel beim häuslichen Tod mit oder ohne Kripo, bei Suiziden, Verkehrs-Unfällen oder dem Überbringen einer Todes-Nachricht. Und das an 365 Tagen rund um die Uhr für alle Menschen, um unter anderem zu trösten, zu zuhören oder einfach nur da zu sein. Die Ökumenische Notfallseelsorge Mönchengladbach feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Mehr auf: bistum-aachen.de.
Tipps der Notfallseelsorge Mönchengladbach, Hinweise für Betroffene, für den Umgang mit Kindern und für die Tage nach einem belastenden Ereignis: https://www.bistum-aachen.de/Seelsorge/nfs-moenchengladbach/index.html
Ansprechpartner der Notfallseelsorge Mönchengladbach: Bernhard Krinke-Heidenfels, kath. Gemeindereferent, Koordinator der Notfallseelsorge Mönchengladbach, E-Mail: bernhard.krinke-heidenfels@ekir.de ; Ulrich Meihsner, ev. Pfarrer, Koordinator der Notfallseelsorge Mönchengladbach, E-Mail: ulrich.meihsner@ekir.de; Büro der Notfallseelsorge Mönchengladbach, E-Mail: nfs.mg@ekir.de

Donnerstag, 09.06.2022