Nikolaus: Wart ihr auch schön brav und fromm?

von Christof Beckmann

Dienstag, 06.12.2022

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Der „echte Nikolaus“: Pater Anton Dötsch von den Salesianern Don Boscos freute sich über viel Besuch beim Weihnachtsmarkttag in Essen-Borbeck, Foto: KiP

Na – heute schon vor die Türe geguckt? Wer gestern seine Schuhe geputzt hat, wird was drin finden, hieß es immer. Und die ganz Schlauen nahmen gleich die Gummistiefel, damit mehr reinpasst. Stimmt – heute ist Nikolaus. ...

INFO: Viele Geschichten sind vom Hl. Nikolaus überliefert. Weitgehend unbekannt dürfte diese Erklärung zur Frage „Wart ihr auch schön brav und fromm?“ sein, an der ja kein Nikolaus vorbeikommt. Sie dürfte mit der alten Texteordnung für den 6. Dezember in den katholischen Gottesdiensten zusammenhängen. Es ist das im Matthäus- und im Lukas-Evangelium überlieferte „Gleichnis von den anvertrauten Talenten“ (Mt 25,14–30 EU / Lukas 19,12–27 EU). Wenn von „Talenten“ die Rede ist, ist eine antike Währung angesprochen: Der Wert eines Talentes wurde bei etwa rund 30 Kilo Silber beziffert. Hier die Version bei Matthäus:

Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten Silbergeld: 14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. 15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort 16 ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu. 17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu. 18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen. 20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. 21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! 22 Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. 23 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! 24 Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; 25 weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine. 26 Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. 27 Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten. 28 Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! 29 Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. 30 Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, © 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart)

Dargestellt wird der Hl. Nikolaus als Bischof nach den bekannten Legenden mit drei Broten, drei Steinen oder Pökelfass mit drei Knaben sowie mit Schiffen, die auf seine praktische Hilfe und Mildtätigkeit verweisen. So ließ er aber auch nach einer Überlieferung drei jungen Mädchen, die in die Prostitution verkauft werden sollten, heimlich drei Goldkugeln zukommen, mit denen er oft abgebildet wird. Unsere Meinung: Der Gedanken an die drei Diener mit den „Talenten“ liegt auch bei dieser Geschichte nahe …

Nikolaus von Myra: Kaum ein anderer Heiliger ist so populär, so bekannt und so beliebt: der Heilige Nikolaus. In der katholischen Kirche wird er häufig als „Nothelfer“ angerufen, die orthodoxen Christen bezeichnen ihn als „Wundertäter“.
Geboren um 280/286, wurde er mit etwa 19 Jahren zum Priester geweiht und wenig später zum Bischof von Myra in der Region Lykien an der heute türkischen Mittelmeerküste ernannt - heute heißt der kleine Ort Demre und liegt etwa 100 Kilometer südwestlich der türkischen Großstadt Antalya. Zur Zeit der Christenverfolgung unter Galerius geriet er um 310 in Gefangenschaft, wurde gefoltert und trat gezeichnet von Misshandlungen auf dem Konzil von Nizäa 325 auf, wo er für die Wesensgleichheit der drei göttlichen Personen eintrat. Weit verbreitete Legenden stellen Nikolaus als Helfer in Hungersnöten und besonderen Freund der Kinder dar. Er starb an einem 6. Dezember zwischen 345 und 351 in Myra. Sein Kult entwickelte sich etwa 200 Jahre später in Griechenland und dann in den slawischen Ländern, im 8. Jahrhundert verbreitete er sich von Rom aus auch in Mittel- und Südeuropa.
In deutschsprachigen Ländern ist eine erste Nikolaus-Kirche zur Zeit Karls des Großen um 800 im münsterländischen Billerbeck nachgewiesen. Doch ist der entscheidende Schub zur Nikolausverehrung dem ottonischen Kaiserhaus zu verdanken: Sein Kult kam durch die Heirat von Kaiser Otto II. (961-983) mit der gebürtigen Griechin Theophanu besonders ins Rheinland. Die Nichte des byzantinischen Kaisers Johannes I. Tzimiskes begann nach dem Tod des Kaisers ab 983 ein reges Bauprogramm mit Bauleuten aus ihrer Heimat und regierte als Kaiserin das Reich stellvertretend für ihren noch unmündigen Sohn Otto III. (Re­gie­rungs­zeit 996-1002). Als sie am 15. Juni 991 in Nimwegen starb, bestand im Valkshof, dem Ort der Kaiserpfalz, bereits eine weitere Nikolaus-Kapelle. Ihr Sohn stiftete 996 die spätere Reichsabtei Burtscheid im süd­li­chen Stadt­ge­biet des heu­ti­gen Aa­chen und stellte sie unter den Schutz des hl. Nikolaus – wohl auch als Reverenz an seine griechische Mutter. Von den ersten Orten der Verehrung aus verbreitete sich der Nikolauskult in viele deutsche Landschaften: Um das Jahr 1000 ist die Nikolausverehrung im Moselgebiet in Traben-Trarbach verbreitet und 1018 sind Nikolausreliquen im Kloster Maxim in Trier nachgewiesen, von wo sie später Echternach erreichen. Die Ottonin Mathilde, verheiratet mit dem Pfalzgrafen Ezzo von Lothringen, stiftete 1024 die Abtei Brauweiler im heutigen Rhein-Erft-Kreis und ließ sie ebenfalls dem hl. Nikolaus weihen. Über 2.200 weitere Kirchen wurden zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert diesseits der Alpen nach dem Heiligen Nikolaus benannt.
Die ursprünglichen Reliquien des Bischofs aber verschwanden 1087 aus seiner Grabeskirche in Myra: Als der oströmische Kaiser das Gebiet nicht mehr kontrollieren konnte, wurden die Gebeine durch Kaufleute aus dem süditalienischen Bari gestohlen. Sie trafen am 9. Mai in ihrer Heimatstadt – der Tag wird heute noch dort als großes Fest gefeiert und Nikolaus wird heute in der Krypta der Basilika San Nicola verehrt.
Der im 10. Jahrhundert entstandene Brauch, dass der Nikolaus am Tag der „Unschuldigen Kinder“ (28. Dezember) die Kinder besucht und mit Gaben beschenkt, geht auf die Klosterschulen zurück, bei denen ein Kind einen Bischof darstellte. Erst im 13. Jahrhundert verlegte man die Übung auf den Todestag des heiligen Nikolaus am 6. Dezember. Er ist vor allem Patron von Russland, Lothringen; der Kinder, der Schüler, Studenten und Schiffer.

Zu den vielen Legenden und Wunderberichten über den Heiligen mehr auf: https://www.katholisch.de/aktuelles/themenseiten/der-heilige-nikolaus, https://www.katholisch.de/artikel/15722-nikolaus-die-harten-fakten. Mehr zum echten Nikolaus: www.bischof-nikolaus.de, www.nikolaus-von-myra.de

Dienstag, 06.12.2022