Rubens rockt: Peter Paul in Paderborn

von Christof Beckmann

Freitag, 24.07.2020

Peter Paul Rubens, Selbstportrait, 1625, Förderverein des Siegerlandmuseums und des Oberen Schlosses e.V. Siegen © Förderverein des Siegerlandmuseums und des Oberen Schlosses e.V. Siegen
Beitrag anhören

Peter Paul Rubens, Selbstportrait, 1625, Förderverein des Siegerlandmuseums und des Oberen Schlosses e.V. Siegen © Förderverein des Siegerlandmuseums und des Oberen Schlosses e.V. Siegen

Heute, am 24. Juli, am Vorabend des Liborifestes, geht es - trotz Corona - endlich los in Paderborn. Heute wird „Peter Paul Rubens und der Barock im Norden“ im Diözesanmuseum eröffnet. Professor Stiegemann freut sich drauf ...

INFO: Dem flämischen Barockmaler Peter Paul Rubens (1577-1640) widmet das Diözesanmuseum Paderborn 2020 eine Sonderausstellung. Bei der Schau unter dem Titel „Peter Paul Rubens und der Barock im Norden" zu sehen sind Werke Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Grafiken von seiner Hand, aber auch von Künstlerkollegen - darunter noch nie ausgestellte Exponate. Sie stammen aus internationalen Museen und Sammlungen, etwa aus das Museum Plantin-Moretus in Antwerpen, der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste Wien, dem SMK Kopenhagen, aus London, Marseille, Salzburg und Frankfurt, aus dem Rijksmuseum Amsterdam und dem San Francisco Museum of Modern Art. Fast alle Leihgeber aus dem In- und Ausland hielten trotz Verzögerung an der Zusage ihrer Exponate fest – ursprünglich sollte die Ausstellung am 29. Mai, dem Vortag des 380. Todestages von P.P. Rubens beginnen, musste aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Jetzt wird sie am Vortag des Liborifestes am 24. Juli um 18 Uhr mit einer Feier im Hohen Dom offiziell eröffnet. Für die Allgemeinheit steht sie ab dem 25. Juli offen.

Die Paderborner Ausstellung, die bis 25. Oktober läuft, will der Verbreitungs- und Erfolgsgeschichte der Kunst der südlichen Niederlande nachspüren. Dabei nimmt sie damalige Innovationen in Architektur und Kirchenausstattung in den Blick, die sich mit dem Wirken des Meisters verbanden, der zu den bedeutendsten Künstlern des Barock zählt. Der Weltkünstler, Unternehmer und Kunst-Fabrikant, englische Lord und Dr. h.c. in Cambridge war auch weitgereister Diplomat und Friedensstifter. Geboren in Siegen, wuchs er in der Sternengasse in dem von ihm bis zuletzt geliebten Köln auf und lebte in Antwerpen, Italien, Spanien und Frankreich. Ausgangspunkt für die Ausstellung ist die im Krieg zerstörte umfangreiche Neuausstattung des Paderborner Doms, die flämische Künstler aus dem direkten Umfeld von Rubens schufen. Die durch Bomben zerfetzten Werke von Antonius und Ludovicus Willemsens werden für die Schau rekonstruiert. Aktuellen Bezügen zum Barock widmet sich die Schau in einer eigenen Abteilung: Gezeigt werden Werke von Gerhard Richter, Tony Cragg oder Hans Op de Beeck, die Konzepte der Barockzeit aufgriffen. In der Ausstellung gelten die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, auch sind die Öffnungszeiten angepasst und die Besucher werden auf vorgesehenen Wegen durch die Räume geleitet.

Adresse und Öffnungszeiten: Erzbischöfliches Diözesanmuseum und Domschatzkammer, Markt 17, 33098 Paderborn, 24. Juli bis 25. Oktober, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr (jeden ersten Mittwoch im Monat bis 20.00 Uhr), Eintritt 4 Euro (erm. 2 Euro), Schüler und Studenten 1.50, Kinder bis 6 Jahre frei. Internet: https://dioezesanmuseum-paderborn.de/rubens/.

Unser Gesprächspartner: Prof. Dr. Christoph Stiegemann, Jg. 1954, stammt aus Paderborn und ist dort seit 1990 Direktor des Erzbischöflichen Diözesanmuseums. Zum Abschluss des Studiums der Kunstgeschichte, Philosophie und Pädagogik in Münster wurde er 1989 mit seiner Arbeit über „Heinrich Gröninger (um 1578–1631). Ein Beitrag zur Skulptur im Fürstbistum Paderborn zwischen Spätgotik und Barock“ promoviert. Zunächst Wissenschaftlicher Mitarbeiter und seit 1990 Direktor des Erzbischöflichen Diözesanmuseums Paderborn, übernahm er 1994 zusätzlich die Leitung der Fachstelle Kunst im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn, den Vorsitz der Kunstkommission und wurde 1998 zum Kustos des Paderborner Domes ernannt. Seit 2001 ist er Honorarprofessor für Geschichte der christlichen Kunst am Erzbischöflichen Priesterseminar in Paderborn. Seine zahlreichen bedeutenden kunst- und kulturgeschichtlichen Ausstellungen fanden überregionale Beachtung.

Libori 2020: Das übliche Volksfest zu Libori, Paderborns „Fünfter Jahreszeit", ist wegen der Corona-Krise von der Stadt Paderborn abgesagt worden. Es sollte vom 25. Juli bis zum 2. August stattfinden und geht in seinen Wurzeln bis in das Jahr 836 zurück. Damals wurden die Gebeine des Heiligen Liborius (um 320-397), der Bischof im französischen Le Mans war, nach Paderborn überführt. So entstand eine der ältesten Städtepartnerschaften. Als eines der größten und ältesten Volksfeste in Deutschland verdankt es seine besondere Atmosphäre einer einmaligen Mischung aus kirchlichen Feiern und weltlichem Fest. Das bunte Markt- und Kirmestreiben bei der Liborikirmes zur Kirchweihe (Kirchweihmesse = Kirmes) geht auf den im Jahr 1521 ins Leben gerufenen „Magdalenenmarkt“ zurück. Die Kirmes wurde 1857 auf den Liboriberg verlegt, der „Pottmarkt“ findet bis heute rund um den Dom statt. Über 150 Schausteller auf dem „Liboriberg“ säumen normalerweise die Kirmesmeile in der Innenstadt, wo sich rund 1,5 Millionen Besucher einfinden.

Das kirchliche Liborifest im Hohen Dom zu Paderborn soll jedoch stattfinden - so feierlich, wie es im Rahmen der zu dem Zeitpunkt gültigen Bestimmungen nur möglich ist. Höhepunkt der Feiern ist jeweils am Eröffnungstag die Überführung der Gebeine Liborius' im Dom aus der Krypta in den Hochchor, wobei seit 1836 der berühmte Libori-Tusch erklingt. Die Plätze für die Pontifikalvesper am Samstag zur Erhebung der Reliquien des heiligen Liborius am 25. Juli, 15 Uhr, für das Pontifikalamt des Erzbischofs am Sonntagvormittag, 26. Juli, 10 Uhr, und die Abschlussandacht zur Rückführung der Reliquien am Dienstag, 28. Juli, 17 Uhr, sind per Mail und Postkarte bis 10. Juli verlost worden. 396 Besucher werden bei den drei beliebtesten Libori-Pontifikalämtern diesmal dabei sein dürfen: Nach den aktuellen Eingangsbeschränkungen für Gottesdienste dürfen 132 Plätze im Dom belegt werden, 108 Einzelplätze im Schiff und 15 Doppelplätze an den Wänden. Die Karten sind nicht übertragbar und ohne personalisierten Eintrittskarte und Formular ist ein Einlass in den Hohen Dom nicht möglich. „Es ist sehr schade, dass wir in diesem Jahr nicht allen Gläubigen, die es wünschen, die Teilnahme an den Libori-Feierlichkeiten ermöglichen können. Aber die besonderen Umstände lassen es nicht anders zu und wir sind froh, wenigstens mit einigen von Ihnen gemeinsam feiern zu können“, so Dompropst Monsignore Joachim Göbel. Für die weiteren Gottesdienste, die zu Libori im Paderborner Dom stattfinden, gelten die bekannten Maßnahmen zur Eingangsbeschränkung und der Registrierung von Gottesdienstbesuchern.

Einlass in den Dom über das Paradiesportal: Der Zugang erfolgt ausschließlich über das Paradiesportal. Es wird darauf hingewiesen, Gruppenbildung vor dem Paradiesportal zu vermeiden, ebenso auf dem Domvorplatz. Bei der Platzzuweisung im Dom helfen wie gewohnt die Paderborner Schützen. Um einen geregelten Einlass zu gewährleisten, wird um frühzeitiges Erscheinen und gegenseitige Rücksichtnahme gebeten. 

Prozessionen müssen entfallen: Am Samstag, 25. Juli, beginnt das Fest mit der Vesper im Hohen Dom. Um 15 Uhr werden die Reliquien des heiligen Liborius im vergoldeten Schrein feierlich aus der Domkrypta erhoben und in den Hochchor der Paderborner Bischofskirche überführt – wie gewohnt vom Libori-Tusch begleitet, der aus Sicherheitsgründen allerdings von weniger Bläsern intoniert wird als sonst üblich. Das Singen seitens der Gemeinde ist bei allen Gottesdiensten nicht möglich. Mitglieder des Domchores und eine Schola sorgen aber für einen festlichen musikalischen Rahmen.

Das Pontifikalamt am Libori-Sonntag, 26. Juli, mit Erzbischof Hans-Josef Becker beginnt in diesem Jahr erst um 10 Uhr, da die traditionelle Prozession mit dem Reliquienschrein durch die Stadt entfallen muss. Es ist geplant, dass im Gottesdienst eine Video-Grußbotschaft von Bischof Yves Le Saux aus Le Mans gezeigt werden soll.

Am Montag, 27. Juli, feiert Weihbischof Dominicus Meier OSB um 18.30 Uhr gemeinsam mit Domkapitular Dr. Thomas Witt, auf deutscher Seite Vorsitzender der deutsch-französischen Liborius-Fraternität, ein Pontifikalamt mit den Mitgliedern der Fraternität. Die Fraternität hält in Deutschland und Frankreich seit vielen Jahren den „Liebesbund ewiger Bruderschaft“ lebendig, der seit der Überführung der Reliquien des heiligen Liborius aus seiner französischen Heimatdiözese Le Mans nach Paderborn im Jahr 836 besteht. 

Am Dienstag, 28. Juli, steht Erzbischof Becker um 17 Uhr der Abschlussandacht vor, bei der die Reliquien des heiligen Liborius in die Domkrypta zurückgeführt werden – auch hier wird es keine Prozession außerhalb des Domes geben. 

Einen besonderen Akzent setzt der Gottesdienst, den Erzbischof Hans-Josef Becker nach Abschluss des Triduums am Mittwoch, 29. Juli, um 9 Uhr mit den Schaustellern im Hohen Dom feiert. Der Gottesdienst, der in „normalen“ Libori-Jahren immer in der Libori-Kapelle auf der Kirmesmeile stattfindet, betont gerade in diesem Krisen-Jahr die Verbundenheit zwischen Erzbistum und Schaustellern. 

Übertragung im Live-Stream und in die Innenstadtkirchen: Die Eröffnungsvesper am Samstag, das Pontifikalamt am Sonntag und die Abschlussandacht am Dienstag werden im Internet via Live-Stream übertragen, ebenso das Pontifikalamt am Dienstag um 9 Uhr mit Weihbischof em. Manfred Grothe. Der Live-Stream läuft auf www.erzbistum-paderborn.de, auf YouTube, auf www.domradio.de, beim katholischen Sender EWTN und auf katholisch.de. Zudem können Gläubige in Paderborn in der Universitäts- und Marktkirche, in der Gaukirche und in der Busdorfkirche die Gottesdienste via Übertragung mitfeiern. „Dadurch tragen die Paderborner Innenstadtkirchen als Erweiterung der Kirchenbänke im Paderborner Dom das Fest unseres Bistumsheiligen weiter zu den Menschen“, freut sich Dompropst Msgr. Göbel. Für den Zugang in die Innenstadtkirchen gibt es keine Eintrittskarten, sondern lediglich die übliche Kontaktdatenerfassung. Da aber auch hier nur eine begrenzte Zahl von Plätzen belegt werden kann, wird zu einem frühzeitigen Erscheinen geraten.

Während der Libori-Tage sind im Hohen Dom außerhalb der Gottesdienstzeiten das stille Gebet und die Verehrung der Reliquien möglich. Auch hier ist der nötige Abstand einzuhalten – die Domgilde ist vor Ort und wird wie auch sonst unterstützend darauf achten. Das Tragen einer Maske wird zwar empfohlen, erfolgt aber nach eigenem Ermessen.

Vielfältige Geschichten rund um Libori: Das Erzbistum hat mit dem neuen Format „Libori-TV“ ein besonderes mediales Angebot entwickelt: Von samstags bis dienstags geht jeweils vor den übertragenen Gottesdiensten ein rund 30-minütiges Magazin mit Beiträgen zum Libori-Fest auf Sendung. Zusätzlich sind die Beiträge als Video auf der Webseite des Erzbistums abrufbar. Zuschauer können sich unter anderem auf Einblicke in die Vorbereitungen des Festes in diesem besonderen Jahr, auf Rückblicke aus dem Geschehen im Dom oder auf Gespräche mit Persönlichkeiten aus dem Erzbistum freuen. Jeden Tag gibt es etwas zu gewinnen – zum Beispiel fünf exklusiv signierte Exemplare des „Domturms mit Maske“, den Künstler Hermann als diesjähriges Libori-Bild gestaltet hat.

Eine spannendes Kunstprojekt wird außerdem schon ab dem kommenden Wochenende auf das Libori-Fest einstimmen und dieses begleiten: Die Installation „Liborius in der Welt“ zeigt auf dem Marktplatz vor dem Dom mit Glasstelen und Kunstflags, wie die Libori-Verehrung in aller Welt Kreise gezogen hat. Damit macht die Installation den für Libori charakteristischen Aspekt der Weltkirche auch im Corona-Jahr sichtbar.

Gefragte Libori-Charity-Boxen: Schon im Vorfeld des Festes zeigte sich die große Verbundenheit der Menschen in Stadt und Erzbistum Paderborn mit „ihrem“ Libori-Fest: Vor wenigen Wochen hat das Erzbistum eine limitierte Auflage von Libori-Charity-Boxen mit Tassen, der Original-Waffel-Backmischung aus dem Missionsgarten, Jahrmarkt-Leckereien und vielen kleinen Produkten im Libori-Design angeboten, um Spenden für Waisenkinder in Malawi zu sammeln. In wenigen Tagen war selbst die erhöhte Auflage von 1.000 Stück vergriffen – einige Produkte der Box und andere Libori-Artikel können jedoch im Erzbistums-Shop erworben werden (https://www.erzbistum-paderborn.de/themen-angebote/shop/).

Liborius war im 4. Jahrhundert Bischof von Le Mans in der römischen Provinz Gallien. Er stammte aus einem vornehmen gallischen Geschlecht und war von der römischen Kultur geprägt. Aus seinem Leben ist nur wenig überliefert. Zwischen 397 und 401 soll er gestorben sein. Liborius war Zeitgenosse und Freund des hl. Martin von Tours. Schon bald nach dem Tod des Liborius sollen an seinem Grab Heilungswunder geschehen sein. Dem Bild des Heiligen und seinem Namen begegnet man an vielen Stellen in der Paderstadt. Liborius ist an den Steinen zu erkennen, die er auf seiner Bibel balanciert, denn der Heilige gilt als Fürbitter und Helfer bei Nieren-, Blasen- und Gallensteinen. Häufig abgebildet wird er mit seinem „Wappentier", dem Pfau, auch Wahrzeichen des Liborifestes. Der Sage nach flog der Paderborner Gesandtschaft auf ihrem Heimweg ein prächtiger Pfau voran. Immer wenn die Pilger einen Halt einlegten, ruhte auch der Pfau; wenn sie aufbrachen, erhob sich der Vogel wieder. Am Pfingstsonntag des Jahres 836 ließ er sich auf der Turmspitze des Paderborner Domes nieder. Sobald die Gesandten mit den Reliquien in die Kirche eingezogen waren, fiel der Pfau tot zu Boden. Noch heute wird bei den Liborifeiern dem Liborischrein ein Pfauenwedel vorangetragen.
Link zum Erzbistum Paderborn: www.erzbistum-paderborn.de.

Freitag, 24.07.2020