Schöpfung erschöpft

von Christof Beckmann

Donnerstag, 12.05.2022

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Montage: KiP-NRW

Es ist gut, dass wie heute mit einem internationalen Tag an die menschliche Erschöpfung erinnert wird, an die menschlichen Begrenztheiten. Und der Restplanet, die Schöpfung insgesamt? Sie ist nicht weniger wichtig, meint Pirmin Spiegel, Chef von Misereor.

INFO: Der sogenannte Erdüberlastungstag oder Welterschöpfungstag ist der Tag, an dem alle natürlichen Ressourcen verbraucht sind, die von der Erde innerhalb eines Jahres regeneriert werden können. Ab diesem Tag verbraucht die Menschheit also mehr, als die Erde liefert. In der Berechnung des sogenannten ökologischen Fußabdrucks wird der gesamte Bedarf an nachhaltig nutzbaren Ressourcen, den die Menschen für ihre Lebens- und Wirtschaftsweise brauchen, der biologischen Kapazität der Erde, Ressourcen aufzubauen sowie Abfälle und Emissionen aufzunehmen, gegenübergestellt. Seit 1970 ist das symbolische Datum des Erdüberlastungstags immer weiter nach vorne gerückt. Fiel der Tag im Jahr 2000 noch auf den 23. September, lag er 2021 auf dem 29. Juli. Für Deutschland fiel der Erdüberlastungstag 2021 auf den 5. Mai und in diesem Jahr auf den 4. Mai. Gründe für den frühen Termin sind unter anderem der weiterhin viel zu hohe Energieverbrauch, der hohe CO2-Ausstoß im Verkehr und in der Massentierhaltung sowie die Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser.

Auf die globale Bevölkerung hochgerechnet, bräuchte der deutsche Lebensstil die Fläche von 2,9 Erden, warnte das katholische Hilfswerk Misereor am 4. Mai in Aachen und forderte zu einem verantwortbaren Lebensstil auf. Die Menschen in Deutschland trügen für einen übermäßigen Abbau und Verbrauch von irdischen Ressourcen und die Entstehung der globalen Klimaveränderungen eine hohe Mitverantwortung, erklärte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Es sei ein Gebot der Solidarität, den Menschen im globalen Süden sowie kommenden Generationen die Chance auf ein gutes Leben zu bewahren: „Auch in der gegenwärtigen Krisensituation ist es von existenzieller Bedeutung, die sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaften ambitioniert fortzuführen“, so der Entwicklungsexperte. Spiegel verwies darauf, dass Deutschland vom Beginn der industriellen Revolution bis heute für 5,56 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sei. Die Philippinen hätten demgegenüber nur 0,2 und Bangladesch für 0,09 Prozent beigetragen. „Unsere heute dominierende Form der Lebensmittelerzeugung ist Ursache für 70 Prozent des Verlustes an Biodiversität und ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen.“ Deutschland müsse umsteuern zu einem Leben, das nicht auf Kosten der Natur und anderer Menschen gehe.

Misereor - weltgrößtes katholisches Entwicklungshilfswerk: Misereor mit Sitz in Aachen wurde 1958 von den deutschen katholischen Bischöfen auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet, um „den Mächtigen der Erde, den Reichen und Regierenden vom Evangelium her ins Gewissen zu reden“. Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort „Misereor super turbam / Ich erbarme mich des Volkes“. Erste Anregungen für eine regelmäßige Kollekte für Entwicklungsprojekte kamen zuvor von katholischen Laienorganisationen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Ziel der mit Partnern in Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika geleisteten Arbeit ist die Hilfe zur Selbsthilfe, aber auch die Schärfung des Bewusstseins für die Ursachen von Armut und Unterentwicklung, von Not und Ungerechtigkeit in den Entwicklungsländern. Seit seiner Gründung hat das Hilfswerk laut eigenen Angaben rund 112.000 Projekte mit weit mehr als 7 Milliarden Euro unterstützt. Derzeit arbeitet Misereor mit 1.900 Partnerorganisationen in 3.000 laufenden Projekten in gut 90 Ländern zusammen. MISEREOR ist Mitglied im Bündnis Entwicklung Hilft: www.entwicklung-hilft.de.

MISEREOR-Spendenkonto: 10 10 10, Pax Bank Aachen, BLZ 370 601 93, IBAN DE75 3706 0193 0000 1010 10, BIC GENODED1PAX; Internet: www.misereor.de, MISEREOR-Blog: www.misereor.de/blog; Twitter: www.twitter.com/misereor; Facebook: www.facebook.com/misereor

Unsere Gesprächspartner: Pimin Spiegel, Jahrgang 1957, stammt aus dem rheinland-pfälzischen Großfischlingen. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie, das ihn u.a. 1981 auch ins brasilianischen Piauí führte, wurde er 1986 zum Priester geweiht und war bis 1990 Kaplan und Pfarradministrator in Kaiserslautern und CAJ-Kaplan des Bistums Speyer. 1990 ging er für 13 Jahre als Missionar und Pfarrer von drei Pfarreien mit 67 Gemeinden im brasilianischen Bundesstaat Maranhão in Lima Campos (Bistum Bacabal, Brasilien). 2004-2010 war Spiegel wieder Pfarrer in Deutschland in Blieskastel-Lautzkirchen, ging aber 2010 erneut nach Brasilien, um in verschiedenen Ländern Lateinamerikas in der Ausbildung und Begleitung von Laienmissionaren zu arbeiten. 2012 wurde Pirmin Spiegel Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor und von Papst Benedikt XVI. zum päpstlichen Ehrenkaplan (Monsignore) ernannt.

Donnerstag, 12.05.2022