SKFM: Proviantpakete für Obdachlose

von Stefan Klinkhammer

Freitag, 11.11.2022

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Provianttüten, die vom SKF Düsseldorf gepackt wurden und nun auf ihre Verteilung warten: Foto: KiP

St. Martin – heute auf dem Kalender – hat geteilt. Und seinem Beispiel folgen viele - auch der SKFM Düsseldorf. Bei ihm werden jeden Tag hunderte Brötchen geschmiert und im Laufe des Tages von Streetworkern an Menschen in der Obdachlosigkeit verteilt. ...

INFO: Sankt Martin, der heute auf dem Kalender steht, hätte sicher daran seine Freude. Eine Aktion des SKFM Düsseldorf gehört in diesem Jahr zu den nominierten Projekten des am 14. November Elisabeth-Preises der Caritasstiftung im Erzbistum Köln. Denn seit gut zwei Jahren ist in aller Herrgottsfrühe schon jede Menge los: Im Saal des SKFM werden von 6:30 Uhr – 08:30 Uhr von Montag bis Samstag jeden Tag hunderte Brötchen und Brote geschmiert. Zusammen mit einem Getränk, Obst und manchmal einer Süßigkeit wird alles in Tüten verpackt und im Laufe des Tages von Streetworkern an Menschen in der Obdachlosigkeit verteilt.

Begonnen hat das Projekt während der Corona-Pandemie aber eigentlich aus einem Grund. Durch die Corona-Pandemie wurde die Ausübung der Prostitution verboten und viele Frauen (meist aus Osteuropa) hatten keine Möglichkeit mehr, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Parallel zu dieser Entwicklung konnten Notschlafstellen und Tagesaufenthalte durch Abstandsregelungen und verringerte Öffnungszeiten obdachlose Menschen nicht mehr wie zuvor unterstützen. Und hier hat sich der Kreis geschlossen: 9 Frauen aus der Beratungsstelle Rahab (Beratung für Menschen in der Prostitution) haben sich zusammengefunden und packen Proviant-Tüten für obdachlose Menschen. Damit unterstützen sie nicht nur die Obdachlosen, sondern haben nun eine Möglichkeit, die ihnen einen sicheren Lebensunterhalt außerhalb der Prostitution erlaubt. Dadurch ergeben sich Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Bereich der Prostitution. Bislang haben dadurch 5 von 9 Frauen alternative Tätigkeiten im ersten Arbeitsmarkt beginnen können.

Seit April 2022 ist das Projekt in Kooperation mit dem Jobcenter eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung, um so wieder einen Einstieg in das Erwerbsleben zu schaffen. Insgesamt 5 Klientinnen aus dem Fachbereich „Jugend, Familie und Gleichstellung“ sind durch die Arbeit in diesem Projekt angestellt, konnten dadurch ihren Tag neu strukturieren und lernen sehr niedrigschwellig, sich im Arbeitsleben zurecht zu finden. Mit dem Projekt „Proviantverpflegung“ für Menschen in der Obdachlosigkeit wird ein lange gehegter Sozialarbeitstraum wahr: hier arbeiten Klientinnen für Klienten.

Der Sozialdienst katholischer Frauen und Männer Düsseldorf e. V. (SKFM) ist anerkannter Träger der Jugend- und Familienhilfe sowie Träger der Gefährdetenhilfe. Der SKFM ist Mitglied im Diözesan-Caritasverband Köln und Mitglied im „Katholischen Verband für soziale Dienste in Deutschland e.V.“, Fachverband im Deutschen Caritasverband. Der SKFM Düsseldorf ist aus einer Initiative sozial engagierter, katholischer Frauen entstanden, die sich nach der Jahrhundertwende insbesondere der Not von Frauen und Kindern annahmen. In den Jahren 1979/1980 verband sich der Verein mit dem SKM Düsseldorf und führt seitdem den heutigen Namen. Von Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1903 bis heute entwickelte der SKFM ein Verbundsystem einander ergänzender Dienste und Einrichtungen für Menschen in sozialen, psychischen und/oder wirtschaftlichen Not- und Konfliktsituationen. In den ersten Jahren nach der Vereinsgründung ausschließlich ehrenamtlich tätig, zählt der Verband heute rund 290 hauptamtlich sowie 200 ehrenamtlich Mitarbeitende.

Kontakt: Sozialdienst katholischer Frauen und Männer Düsseldorf e.V., Geschäftsstelle: Ulmenstraße 67, 40476 Düsseldorf, 0211/4696-0, 0211/4696-277, info@skfm-duesseldorf.de, https://www.skfm-duesseldorf.de/de/projekt-proviantpakete/.

Martin von Tours: Martinszüge mit Pferd und Laternen, Verteilung von Süßigkeiten und Gänsebraten, das in vielen Regionen Deutschlands bis heute verbreitete Martinsbrauchtum: machten das Brauchtum um den Heiligen zum immateriellen Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Die nach dem heiligen Martin von Tours benannten Umzüge rund um den 11. November erinnern an die Legende, nach der Martin seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte. Alle Infos dazu auf der Internetseite: http://www.martinstradition.de.
Martin von Tours, geboren um 316/17 in Sabaria (heute Szombathely) im heutigen Ungarn, war Soldat, Priester, Einsiedler und Bischof. Er trat als 15-Jähriger in Pavia in die römische Armee ein und gehörte zu einer in Gallien eingesetzten Eliteeinheit. Der Legende nach spielte sich 334 in Amiens jene Szene ab, die alljährlich bei den Martinszügen eine Rolle spielt: In einem strengen Winter begegnete er einem armen, unbekleideten Bettler, der um Hilfe bat. Martin teilte mit dem Schwert seinen Mantel und gab dem Frierenden eine Hälfte. In der Nacht sah er im Traum Christus bekleidet mit dem Mantelstück und Martin ließ sich taufen. Er wurde Priester, zog sich als Einsiedler zurück, gründete 361 mit dem Kloster Ligugé das erste Kloster im westlichen Abendland und wurde 371 vom Volk zum Bischof von Tours ausgerufen. Damit verbunden ist die Erzählung, dass Martin sich in einem Gänsestall versteckte, um so diesem Amt zu entgehen. Doch das Geschnatter des Federviehs – so die Legende - verriet ihn.
Martin, der 397 starb, hinterließ nachhaltigen Eindruck: Frankenkönig Chlodwig machte ihn gut 100 Jahre nach dessen Tod zum „Nationalheiligen“ des Reiches. Martin ist der erste Heilige der Kirche überhaupt, der kein Märtyrer ist. Er ist Schutzpatron Frankreichs und der Slowakei, Landespatron des Burgenlandes in Österreich, Patron der Bistümer Mainz und Rottenburg-Stuttgart sowie tausendfacher Namensgeber für Kirchen und Klöster weltweit. Katholiken verehren ihn ebenso wie Protestanten, Orthodoxe, Anglikaner und armenische Christen. Sein Gedenktag, der Martinstag am 11. November, galt früher als Winteranfang und Tag der Zins- und Pachtzahlungen. Zu den fälligen Naturalabgaben gehörte auch die Martinsgans als Höhepunkt eines üppigen Festtagsessens. In Gallien und auch in den Klöstern begann früher mit dem Martinstag die Adventszeit, die damals sechs Wochen dauerte und als Bußzeit mit dem Verzicht auf Fleischspeisen verbunden war. Somit bot sich der Vorabend des Martinstages an, noch einmal richtig zuzulangen und zu feiern: den 11.11. als Karnevalsbeginn, an dem heutzutage „Prinz Karneval“ proklamiert wird.

Europäischer Martinsweg: Europäische Martinswege gehen inzwischen durch Frankreich, Ungarn, Italien, England, Kroatien und Slowenien. Denn seit einigen Jahren entsteht auf Initiative des Europarats ein europäisches Netz von Pilgerwegen, die ähnlich wie die Jakobswege nach Santiago de Compostela in Nordspanien durch ganz Europa führen, an den populären Heiligen der Mantelteilung erinnern wollen und seinen Geburtsort im heute ungarischen Szombathely (Steinamanger) mit dem französischen Tours verbinden. Die Hauptroute der „Via Sancti Martini“ verläuft von Ungarn aus nach Slowenien, über Venedig nach Mailand, durchs Aosta-Tal und überquert beim Kleinen Sankt Bernhard die Alpen Richtung Lyon und endet der Weg in Tours. Die Route berührt damit eine Reihe von Orten, an denen Martin laut historisch gut gesicherten Erkenntnissen auch gewesen ist. Ein zweiter Weg durch Österreich, Deutschland, Luxemburg und Frankreich wird Mittelroute genannt. Für die Strecke durch die Bistümer Freiburg, Speyer, Mainz und Trier wurde im November 2016 wird das letzte durch Deutschland führende Teilstück zwischen Trier und Luxemburg eröffnet. Hinzu kommen zwei weitere Routen: Die eine führt in Süd-Nord-Richtung vom spanischen Saragossa durch die Pyrenäen nach Tours, die andere verbindet als Nord-Süd-Tour das niederländische Utrecht mit der Stadt an der Loire. Erkennbar sind alle Wege an bordeauxroten Tafeln mit einem gelben Kreuz und dem Signet des Europarates. Das Wegenetz umfasst rund 2.500 Kilometer. Infos: www.saintmartindetours.eu, www.martinuswege.eu, http://culture-routes.net/routes/the-saint-martin-of-tours-route, http://www.vianovis.net/martinusweg/datagis/pdf/karte-via-sancti-martini-21-mars-2015.pdf

BUCHHINWEIS: Judith Rosen, Martin von Tours. Der barmherzige Heilige, Verlag Philipp von Zabern – WBG, 2016, 280 Seiten, Preis: 29,95 Euro, ISBN: 9783805350242. Zum 1700. Geburtstag von Martin im Jahr 2016 zeichnete die Bonner Autorin Judith Rosen ein auf breiter Quellenbasis beruhendes, anschauliches Portrait dieser zentralen Figur des spätantiken Christentums und seiner Zeit. Die Lehrbeauftragte für Alte Geschichte an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn legte eine 280 Seiten starke Biographie vor, die am Beispiel von Martins Leben den Aufbruch der Kirche in Gallien und die Spannungen zwischen Kirche und Staat fundiert und gut verständlich schildert.

Freitag, 11.11.2022