Wohnraum für Armutsbetroffene

von Christof Beckmann

Donnerstag, 10.11.2022

Platzhalterbild
Beitrag anhören

Facts und Forderungen der Verbände, Collage: KiP

Wohnungslosigkeit ist ein immer größer werdendes Problem. Da muss nicht nur „die Politik“ ran. Politik ist eine öffentliche Sache – darum beteiligen sich auch die Caritas, der SKM und der Sozialdienst katholischer Frauen an der Debatte …

INFO: Wie kann Wohnungslosigkeit überwunden werden? Was muss eine nachhaltige regionale bzw. lokale Wohnungspolitik leisten? Wie kann Stadtentwicklung gestaltet werden und welche neuen Konzepte für Wohnungsbau und Wohnprojekte braucht es dazu? Wie kann das neue Wohngeld Wirkung zeigen? Und was brauchen Menschen noch, außer ein Dach über dem Kopf?

Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung der Armut und der Armutswochen 2022 vom 17.10. bis 14.11.2022 luden der Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein (SkF), der SKM-Bundesverband (SKM) und der Deutsche Caritasverband (DCV) am 17. Oktober 2022 zu einer Veranstaltung in Berlin. In den diesjährigen Wochen standen diejenigen Menschen im Mittelpunkt, die von Wohnungslosigkeit, Wohnungsnot und überteuerten Mieten betroffen sind: Viele Menschen in Deutschland, so die Verbände, haben keine Wohnung oder müssen für ihre Mieten mehr als 30 Prozent ihres Einkommens ausgeben – was allgemein als Obergrenze anerkannt ist. Rund 20 Prozent der Menschen in Deutschland gaben aber bereits 2020 40 Prozent und mehr für Wohnen aus.

Unter dem Motto „Erreichbar – bezahlbar – machbar: Wohnraum schaffen für Armutsbetroffene“ wollte die Veranstaltung nun auf die Situation Betroffener aufmerksam machen, bestehende Lösungen, gute Praxisbeispiele und Lösungen präsentieren und politische Forderungen platzieren. Sprecherinnen waren Eva Maria Welskop-Deffaa (Präsidentin Deutscher Caritasverband), Klara Geywitz (Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen), Dr. Irme Stetter-Karp (Präsidentin Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge), und Vertreter von Projekten der Ortsvereine von Caritas, SkF und SKM. -> Programm zum Download. Weitere Informationen zum Thema Schwerpunkt Armutswochen 2022: Wohnraum für armutsbetroffene Menschen.

Politische Forderungen und Fakten: Zehn Fakten zur Wohnungspolitik

„1. Wohnraum für armutsbetroffene Menschen kann nur gemeinsam geschaffen werden: Es braucht konkrete Maßnahmen von Wohnungswirtschaft, Staat, Kirche, Wohlfahrtsverbänden und Zivilgesellschaft.

2. Wohnungslose und Wohnungssuchende sind Expert:innen in eigener Sache: Sie müssen an der Entwicklung wohnungspolitischer Konzepte beteiligt werden.

3. Prävention ist das beste Mittel gegen Wohnungslosigkeit: Der Verlust der Wohnung kann durch Fachstellen verhindert werden.

4. Mieten, Energie und Lebensmittel werden immer teurer; immer mehr Menschen verschulden sich. Überschuldung führt zum Wohnungsverlust.

5. Sanktionen für Bezieher:innen von SGB-II-Leistungen können zum Wohnungsverlust führen – vor allem, wenn sie Unterkunfts- oder Energiekosten betreffen.

6. Verantwortungsvoller Umgang mit Wohnraum ist erforderlich: Viele Wohnungen stehen leer oder werden als Ferienwohnung genutzt, obwohl sie dringend gebraucht werden.

7. Wo neu gebaut oder saniert wird, entsteht zu wenig Wohnraum für Menschen mit geringen Einkommen: Kommune, Staat und Kirche als Eigentümer müssen sich selbst verpflichten, das zu ändern.

8. Verstärkte Förderung neuer Wohnformen und Wohnprojekte kann Fehlentwicklungen entgegensteuern: Wir brauchen eine neue Wohngemeinnützigkeit, mehr genossenschaftliche Wohnformen und Bauweisen, die den sozialen Zusammenhalt stärken.

9. Wohnungslose brauchen sofort Wohnungen: Aber weitere Hilfen müssen angeboten werden.

10. Besonders belastete Menschen brauchen Wohnungen, die bedarfsgerechte Hilfen einschließen: Fördermittel für Wohnungen inklusive Betreuungsleistungen sind nötig.“

Downloads: Wohnraum für armutsbetroffene Menschen

Zehn Fakten zur Wohnungspolitik: Gemeinsame Forderungen zur Wohnungspolitik vom Sozialdienst katholischer Frauen e.V. (SkF), Sozialdienst katholischer Männer (SkM) und Deutschen Caritasverband mit der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe.

Menschenrecht auf Wohnen einlösen!: Position des Deutschen Caritasverbandes und der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe.

Frauen wollen mehr als ein Dach über dem Kopf: Positionspapier des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. (SkF) zur Wohnungspolitik aus Frauenperspektive.

 

Unsere Gesprächspartnerin: Eva M. Welskop-Deffaa, geboren am 27.2.1959 in Duisburg, ging nach dem Abitur am St. Hildegardis-Gymnasium Duisburg 1977 zum Studium an die LMU in München und nach dem Diplom der Volkswirtschaftslehre 1987-1989 zu einem Postgraduiertenstudium der Geschichte am Europäisches Hochschulinstitut nach Florenz. Nach freiberuflicher Tätigkeit als Journalistin war sie bis 1996 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem MdB-Büro, übernahm anschließend beim Katholischen Frauenbund (KDFB) die Aufgaben als Grundsatzreferentin und von 1999 bis 2006 die Leitung des Referates „Wirtschaft und Gesellschaft” im Generalsekretariat des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Von 2006 bis 2012 leitete sie die Abteilung „Gleichstellung“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). 2013 wurde sie erstmals in den Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gewählt und war bis zum Februar 2017 dort zuständig für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. In dieser Eigenschaft war sie Mitglied im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit und im Vorstand der Deutschen Rentenversicherung Bund. Mitte November war sie die erste Frau, die vom Caritasrat in den dreiköpfigen Vorstand des Deutschen Caritasverbandes (DCV) gewählt wurde. Schwerpunkte ihrer Arbeit waren bislang u.a. Digitalisierung, soziales Europa und junges Engagement. Eva Maria Welskop-Deffaa ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Donnerstag, 10.11.2022