Warm durch die Nacht“

von Stefan Klinkhammer

Freitag, 08.01.2021

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Mit dem Bollerwagen besuchen Gruppen der youngcaritas Obdachlose in der Dortmunder Innenstadt. (Foto: youngcaritas)

Gehen die Temperaturen runter, geht das Engagement rauf! In Dortmund und weiteren Städten sind youngcaritas-Teams gemeinsam unterwegs und verteilen Kaffee und warme Anziehsachen an Menschen auf der Straße. Doch es geht auch um Aufmerksamkeit schenken...

INFO: „Es geht ja nicht nur um den Tee, sondern dass wir einfach mal quatschen!“, sagt eine junge Engagierte aus Dortmund. Seit drei Jahren besuchen Jugendliche und junge Erwachsene der youngcaritas mehrmals im Monat Obdach- und Wohnungslose in der Dortmunder Innenstadt. Rund 1600 soll es allein in Dortmund geben. Um die 50 treffen die beiden Gruppen gewöhnlich auf ihrer rund dreistündigen Tour an. Unter dem Motto „Warm durch die Nacht“ geben sie mehr als Kaffee oder Brötchen aus - der Titel der Aktion geht auf den Verein „Essen packt an“ zurück. Vor allem menschliche Wärme ist gefragt – mit Maske und Abstand ist das allerdings nicht einfach. „Hingehen statt wegsehen“ lautet das Motto der Aktion, die Anfang 2018 gestartet wurde. „Wir schenken Aufmerksamkeit und haben Zeit für ein Gespräch“, erklärt Kristina Sobiech. Sie weiß, dass eine solche Aktion die Probleme der Betroffenen nicht lösen und auch nur sehr bedingt helfen kann. Doch sie stärkt das Bewusstsein und kann die Haltung ändern.

Rund 80 Ehrenamtliche hat sie in ihrer Gruppe versammelt – Freiwillige im Alter zwischen 14 und 32 Jahren. Schüler und Studierende sind ebenso darunter wie junge Berufstätige. Die meisten Obdachlosen, die sonst gewohnt sind, ignoriert zu werden, nehmen den Kontakt dankbar an. „Das ist zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es ist wichtig, damit in unserer Gesellschaft ein Zeichen setzen“, ist sie überzeugt. Denn Armut könne jeden treffen, etwa durch den Verlust des Jobs, der Familie – vor allem aber durch den Verlust der Hoffnung. Diese Erkenntnis möchte sie auch ihren Freiwilligen mit auf den Weg geben und damit der zunehmenden „Selber-schuld-Mentalität“ entgegenwirken. „Wir möchten Klischees aufbrechen und soziales Engagement vorleben.“

youngcaritas: Bei youngcaritas gibt es das ganze Jahr über in verschiedenen Städten Aktionen, bei denen Teams auf der Straße unterwegs sind, um obdachlose Menschen zu treffen, wie zum Beispiel auch „Tee oder Kaffee“ der youngcaritas Frankfurt. Neben Getränken, Süßigkeiten und Keksen, Handschuhen und Schals geht es auch darum, einander wahrzunehmen und zu begegnen. Davon profitieren beide, die Menschen auf der Straße, die neben warmen Tee auch menschliche Wärme bekommen und die jungen Engagierten, die mit Menschen ins Gespräch kommen, mit denen sie im Alltag weniger Kontakt haben.

Anschauen: youngcaritas-FSJlerin Martha hat das Team der youngcaritas Dortmund begleitet und eine Reportage dazu gedreht (Reportage auf Youtube anschauen). Impressionen zum Projekt auch auf dem Blog Taten Wirken. Wie „Warm durch die Nacht“ auch in Zeiten von Corona stattfinden kann, zeigt die Reportage vom Oktober 2020. Aktionen gibt es derzeit bei der youngcaritas in Nürnberg, Dortmund, Mannheim, Wuppertal, Recklinghausen, Stuttgart, Frankfurt und Brilon.

Kontakt: Kristina Sobiech, youngcaritas, Caritasverband Dortmund e.V, Wißstraße 32, 44137 Dortmund, Tel. 0231 / 18715126, Mail: kristina.sobiech@caritas-dortmund.de, Facebook: www.facebook.com/youngcaritasdortmund.

BAG W: Corona-Pandemie erfordert Ausweitung der Kältehilfe für wohnungslose Menschen: Angesichts der Corona-Pandemie müssen die Kommunen Angebote der Kältehilfe deutlich aufstocken. Das forderte bereits am 9. Dezember die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W), der Dachverband der Hilfen in Wohnungsnotfällen in Deutschland. Von der Kälte besonders bedroht seien die über 41.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. „Wir befürchten, dass für wohnungslose Menschen der bevorstehende Corona-Winter noch gefährlicher wird“, betonte Geschäftsführerin Werena Rosenke: „Die notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen erfordern eine deutliche Ausweitung der Kältehilfeangebote, sonst sind Abstandsgebote, Hygienemaßnahmen etc. nicht einzuhalten.“ Die BAG W fordere von den Kommunen einen am tatsächlichen Bedarf ausgerichteten Bestand menschenwürdiger und pandemiegerechter, möglichst dezentraler Unterbringungsmöglichkeiten. Benötigt würden 24/7-Unterkünfte, in denen man sich auch tagsüber aufhalten kann und die u. U. auch mit Hunden aufgesucht werden können. Befristungen des Aufenthaltes auf einen oder wenige Tage pro Monat müssten beendet werden, darüber hinaus seien spezielle Schutzräume für wohnungslose Frauen notwendig. Wohnungslose Menschen, die häufiger als die Mehrheitsbevölkerung unter Mehrfacherkrankungen litten, gehörten zur Corona-Risikogruppe und müssten dringend bei der Corona-Impfstrategie berücksichtigt werden: „In dieser Notlage dürfen die Angebote der Wohnungslosenhilfe keinesfalls weiter beschränkt werden. Dies kann nur gelingen, wenn die Hilfeangebote entsprechend gut ausgestattet und der Krisensituation angepasst sind: Die Wohnungslosenhilfe benötigt Schutzutensilien in ausreichender Menge, ebenso wie präventive Corona-Tests und die systematische Einbindung in die Impfstrategie.“ Nach der letzten aktuellsten Schätzung hatte die BAG W im November 2019 für das Jahr 2018 eine Jahresgesamtzahl von knapp 680.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland geschätzt, darunter ca. 440.000 wohnungslose Geflüchtete und ca. 240.000 Menschen im Wohnungslosensektor. Die Zahl der Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben, schätzt die BAG W für das Jahr 2018 auf 41.000.
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V., Waidmannsluster Damm 37, 13509 Berlin, Tel. 0 30 / 2 84 45 37 0, Fax 030 / 2 84 45 37 19, E-Mail: info@bagw.de, Internet:  https://www.bagw.de/

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