Wie der Papst nach Mönchengladbach kam

von Christof Beckmann

Samstag, 09.01.2021

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Dr. Albert Damblon, ehemaliger Regionaldekan in Mönchengladbach und Propst des Vitusmünsters, Foto: Mario Brumbi, Montage: KIP

Was macht ein Papst in Mönchengladbach? Bevor er ganz Rom umbaute, fuhr Fabio Chigi (1599-1667), später Papst Alexander VII., erst mal zur Kur nach Aachen. Und kam auch in der Abtei St. Vitus vorbei. Eine Spurensuche von einer heiklen Mission ...

INFO: Ohne seine Bauwerke ist das heutige Rom nicht zu denken. Fabio Chigi (1599-1667), Papst Alexander VII., war bauwütig und kunstsinnig. Wie aber kommt ein Porträt von ihm in den Kreuzgang der Abtei St.Vitus in Mönchengladbach? Propst Albert Damblon hat es entdeckt und ist dem Fund in einer amüsanten Geschichte nachgegangen. Denn der päpstliche Diplomat Chigi, Sohn einer Bankiersfamilie aus Siena und 1639 durch Papst Innozenz X. für fast zehn Jahre zum Nuntius in Köln berufen, fand es hier einfach zu kalt. Es kam noch schlimmer: Als päpstlicher Abgesandter musste er nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges zum Friedenskongress in Münster, ließ sich dort malen, hasste Schwarzbrot, liebte Schinken und verlor alle Zähne. Über seinen Aufenthalt dort schrieb er gleichwohl bissige lateinische Gedichte an seinen Freundes- und Bekanntenkreis in Italien: „Heimat des Regens! So möchte ich dich, Mimigarda, benennen! Dich, die Krone westfälischen Landes, ich bitte, verzeih mir; Denn ich will dich nicht schmähen. Sechs Jahre sind' s nun, daß ich hier bin, Aber ich sah dich nicht anders als triefend von ständigem Regen.“
Anschließend musste der stets von heftigen Nierensteinen geplagte Kirchenmann zur Kur nach Aachen und stattete dabei auch den Reliquien in der Abtei von Mönchengladbach einen Besuch ab. Am 8. Oktober 1651 weihte Chigi den Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern in der damaligen Bonner Hauptpfarrkirche St. Remigius zum Erzbischof von Köln. Es war eine seine letzten Amtshandlungen im Rheinland, bevor er wieder in den sonnigen Süden durfte.
Zurück in Rom, berief ihn der Heilige Vater zu seinem Staatssekretär und der große Freund der Kunst und Wissenschaften wurde Kardinal mit der Titelkirche Santa Maria del Popolo. Nach einer komplizierten Wahl inthronisierte man ihn 1655 als Alexander VII. zum Papst. In seinem Auftrag entstanden zahlreiche Gebäude wie die Kolonnaden um den Petersplatz, die noch heute das Bild des barocken Rom prägen. Auch Cathedra Petri im Petersdom und der auf dem Vorplatz der Kirche Santa Maria sopra Minerva aufgestellte Elefant Berninis ist ein Zeugnis dieser Tätigkeit. Er starb 1667 und wurde 1678 unter einem bedeutenden Grabdenkmal im Petersdom bestattet.

Unser Gesprächspartner: Pfarrer Dr. theol. Albert Damblon, Jahrgang 1947, war seit 1984 Pfarrer in Mönchengladbach, 1998-2008 Regionaldekan in Mönchengladbach und 2003-2014 Propst der örtlichen Pfarre St. Vitus mit der Münster-Basilika. Die Mönche des Benediktinerklosters von Gladbach erinnerten an Fabio Chigi mit einem Gemälde im Kreuzgang der alten Abtei St. Vitus. Hier besuchte der päpstliche Gesandte nicht nur die große Reliquiensammlung um den Schädel des Hl. Laurentius, sondern war auch in einer speziellen Mission unterwegs: Die Mönche unter Abt Peter Sybenius weigerten sich im sogenannten „Brevier-Konflikt“ viele Jahre lang, auf ihre alten Gesänge zu verzichten und eine neue römische Instruktion anzunehmen. Damblon machte sich zur Frage nach der Herkunft des im Kreuzgang hängenden Gemäldes von Fabio Chigi mit dem fiktive Münsterführer Veit auf eine amüsante historische Spurensuche in Rom und Münster, die jüngst in der Schriftenreihe „Gladbacher Texte“ erschienen ist.

Das Buch: Albert Damblon, Eine päpstliche Geschichte. B. Kühlen Verlag Mönchengladbach 2020; 89 Seiten; ISBN: 978-3-87448-528-9

Samstag, 09.01.2021