1700 Jahre Konzil von Nicäa

von Stefan Klinkhammer

Samstag, 21.06.2025

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Nizäa-Ikone (Ausschnitt), Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland

Wer, wie und wo ist Gott? Darüber rätselt der Mensch wohl, seitdem er denkt. In diesem Jahr jährt sich das entscheidende Kirchenkonzil von Nizäa vor 1.700 Jahren – Gelegenheit, mal einen Blick auf die Ökumene unserer Tage zu werfen.

INFO: Es gilt als Meilenstein der Kirchengeschichte: Im Jahr 325 versammelten sich auf Einladung von Kaiser Konstantin 318 Bischöfe, überwiegend aus dem griechischsprachigen Osten des Reiches zum ersten Ökumenischen Konzil im kleinen Ort Nicäa, heute Iznik in der türkischen Provinz Bursa. Hauptgegenstand der Beratungen war damals die nach dem Priester Arius aus Alexandria benannte Arianische Lehre, nach der Jesus Christus, der Sohn Gottes, nicht wesensgleich mit Gott, sondern ein geschaffenes Wesen, „ähnlich dem Vater“ sei, also nicht ewig und allmächtig wie Gott selbst. Der Streit um die Göttlichkeit Jesu gefährdete auch den inneren Frieden und die politische Stabilität des Reiches.

Zum Verhältnis von Jesus Christus zu Gott-Vater erklärte das Konzil von Nicäa, dass es keine Hierarchie mit Gott an der Spitze und einem nachgeordneten Jesus gibt. Vielmehr seien Gott, Jesus und der Heilige Geist eine umfassende Einheit – eine Trinität. Jesus sei damit „wahrer Mensch und wahrer Gott“ und „eines Wesens mit dem Vater“: Die Arianische Lehre wurde als ketzerisch abgelehnt. Die Bischöfe fassten ihren Beschluss in das erste gemeinsame Glaubensbekenntnis - auch Nicaeno-Konstantinopolitanum oder Nizäno-Konstantinopolitanum oder Großes Glaubensbekenntnis genannt - das bis heute gültig ist. Es ist das im weitesten Sinne ökumenische Bekenntnis, da es alle christlichen Konfessionen verbindet und wird von Orthodoxen wie von Katholiken und Protestanten als gültig anerkannt. Da die Auseinandersetzungen nach dem Konzil seinerzeit anhielten, wurde zur Klärung ein weiteres Konzil von Konstantinopel (381 n. Chr.) einberufen.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Konzils von Nizäa ist die seitdem einheitliche Berechnung des Termins für das Osterfest immer am ersten Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond. Während katholische und evangelische Kirche für die Berechnung den seit 1582 gültigen Gregorianischen Kalender nutzen, ist bei den orthodoxen Kirchen noch der alte Julianische Kalender in Gebrauch, der um mehrere Tage abweicht. Darum stimmt der Ostertermin in den orthodoxen Kirchen oft nicht mit dem in den westlichen Kirchen überein. Mehr: https://antike-christentum.de/bekenntnisse

Buchtipp: Uta Heil und Jan-Heiner Tück (Herausgeber), Nizäa – Das erste Konzil, gebundene Ausgabe, 464 Seiten, Herder-Verlag Mai 2025, 40,50 Euro.

Neues Vatikandokument zum Konzil von Nizäa 325: Papst Franziskus beauftragte die dem Glaubensdikasterium unterstellte Internationale Theologische Kommission bereits 2023 zur Abfassung eines neuen Dokuments, das vom Vatikan Anfang April 2025 zum 1700. Jahrestag des Konzils von Nizäa veröffentlicht wurde. Es heißt „Jesus Christus, Sohn Gottes, Erlöser” und unterstreicht den heutigen Wert des im Jahr 325 formulierten Glaubensbekenntnisses für Gegenwart und Zukunft des Christentums. Das rund 70 Seiten lange Papier, das die Internationale Theologische Kommission erarbeitet hat, will den Glauben an Jesus Christus und damit die „grundlegende Aufgabe der Kirche“ neu ins Zentrum rücken, hieß es mit einem Zitat von Papst Franziskus. Verstanden werden soll das Dokument als „zeitgemäße Synthese“, die zur Vertiefung des Glaubenslebens beitragen soll – in Liturgie, Bildung und gesellschaftlichem Engagement. Es biete „Anregung und Orientierung für das kulturelle und soziale Engagement der Christen an diesem herausfordernden epochalen Wendepunkt“. Der Blick auf Jesus Christus, den eingeborenen Sohn des Vaters, solle die Gläubigen dazu befähigen, die Geschichte im Licht der göttlichen Liebe zu gestalten: „Gemeinsam glauben wir an den dreieinigen Gott, an Christus, der wahrer Mensch und wahrer Gott ist, an das Heil in Jesus Christus, gemäß der Schrift, die in der Kirche und unter der Führung des Heiligen Geistes gelesen wird. Gemeinsam bekennen wir uns zur Kirche, zur Taufe, zur Auferstehung der Toten und zum ewigen Leben.“

Pilgerreise der Nizäa-Ikone durch Deutschland: Vom 2. Februar bis 30. November 2025 ist eine Ikone auf Reisen durch Deutschland. Das Programm verzeichnet Gottesdienste, Andachten, Tagungen, Konzerte und Empfänge an 37 Stationen in 11 Bundesländern. Die Ikone zeigt „DAS ERSTE ÖKUMENISCHE KONZIL VON NIZÄA“. Inmitten der Konzilsväter liegt das geöffnete Evangelienbuch mit den Buchstaben Alpha und Omega, das Wort Gottes, das auf Jesus Christus, den menschgewordenen Logos Gottes, hinweist. Auch die versammelten Bischöfe tragen je ein Evangeliar, da sie Lehrer und Hüter des Evangeliums sind. Unter den Bischöfen sitzt neben dem Thron auch der Einberufer des Konzils, Kaiser Konstantin der Große. Er trägt in seiner Hand eine Schriftrolle, die auf die Beschlüsse des Konzils hinweist. Im Vordergrund wird durch das Monogramm XP auf Jesus Christus als Herrn der Kirche und – wiederum in griechischer und deutscher Sprache – auf das wichtigste Ergebnis des Konzils hingewiesen: DAS GLAUBENSBEKENNTNIS.
Die Ikone wurde für die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD) von der Kirchengemeinde „Christi Himmelfahrt zu Berlin“ der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland anlässlich des Nizäa-Jubiläums angefertigt. Sie ist ein Werk der Ikonenmaler Elena Voutsina und Anastasios Voutsinas aus Thessaloniki. Sie ist im Jubiläumsjahr 2025 durch verschiedene Orte Deutschlands unterwegs, etwa am 19. Juni 2025 (Donnerstag) bei der Göttlichen Liturgie, welche die orthodoxen Bischöfe des Landes in der Konstantins-Basilika zu Trier feiern werden.

Mit der „Pilgerreise“ der Nizäa-Ikone und den geplanten Gottesdiensten und Veranstaltungen will die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland zum Ausdruck bringen, dass für die orthodoxen Christinnen und Christen in Deutschland das Jubiläumsjahr 2025 ein Geschenk für die gesamte Christenheit unseres Landes ist.

Mehr: Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland, Splintstr. 6a, 44139 Dortmund, www.obkd.de

Die aktuellen nächsten Termine in NRW:

  • So. 22. Juni: Bischöfliche Liturgie, Antiochenisch-Orthodoxe Gemeinde St. Josef von Damaskus in Essen, Metropolit Isaak Barakat, An St. Albertus Magnus 45, 45136 Essen, Erzpriester Dr. Elias Esber, Tel. +49-2166-390909, +49-172-2131103, E-Mail: ee@rum-orthodox.de, Internet: https://rum-orthodox.de/gemeinden/essen/
  • Sa. 18. Oktober: Gemeinsame Vesper der orthodoxen Gemeinden der Stadt Düsseldorf, Griechisch-Orthodoxe Pfarrgemeinde Hl. Apostel Andreas, Archimandrit Theofanis Lappas
  • So. 19. Oktober: Bischöfliche Konzelebration, Serbische-Orthodoxe Kirchengemeinde des Hl. Sava, Düsseldorf, Metropolit Grigorije Durić
  • Di. 28. – Fr. 31. Oktober: 55. Priestertagung der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland in Bonn, Archimandrit Myron Kalaitzis, Archon Dr. Konstantinos Vliagkoftis


Unser Gesprächspartner: Prof. em. Dr. phil., habil. theol. Manfred Gerwing, geboren 1954 in Havixbeck b. Münster, Westfalen, legte nach Studium an der Ruhr-Universität Bochum 1979 das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien (Sek II/I) ab und war 1980 bis 1986 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. 1985 zum Dr. phil. promoviert, danach von 1985 bis 1986 Studienreferendar an der Essener B.M.V.-Schule, 1986 Zweites Philologische Staatsexamen. 1988 erneut Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte, mit 36 Jahren zum ordentlichen Professor für Geschichte der Theologie von Ehe und Familie am Internationalen Akademischen Institut für Ehe und Familie, Kerkrade (NL) berufen. 1995 habilitierte er sich an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Fach Dogmatik und Dogmengeschichte mit einer Arbeit über das Ende der Zeit (Eschatologie). Ab 1996 war Gerwing für 23 Jahre Dozent für Systematische Theologie und Religionspädagogik am Essener Institut für Lehrerfortbildung (IfL) tätig und ab 2003 Inhaber des Lehrstuhls für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität in Eichstätt-Ingolstadt.

Samstag, 21.06.2025