50. Todestag von Georges Pire

von Christof Beckmann

Samstag, 26.01.2019

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Generalvikar Andreas Frick, Foto: Bistum Aachen/Andreas Steindl, Montage: KiP

Flucht und Vertreibung sind zentrales Thema unserer Tage. Doch andere Generationen können mehr als mitreden. Vor 50 Jahren starb der Dominikaner Georges Pire, der „Vater der Flüchtlinge“ und erste Priester, der den Friedensnobelpreis bekommen hat.

INFO: Eine Geschichte wie für einen Roman: Ein Mönch auf der Flucht, von den Häschern verfolgt, schmuggelt abgestürzte Piloten über die Grenze. Und unternimmt nach dem kriegerischen Überfall auf sein Land alles, um sich wieder mit dem Feind zu versöhnen. Um überhaupt alle auf einem ganzen Kontinent wieder zusammen zu bringen. „Die Menschen bauen zu viel Mauern und zu wenige Brücken“ – davon war der Friedens-Nobelpreisträger Belgier Dominique Georges Pire überzeugt und plädierte für eine internationale Brüderlichkeit. Geboren am 10. Februar 1910 in Dinant, Belgien, wurde der belgische Dominikaner-Mönch 1934 zum Priester geweiht. Er lehrte zwischen 1937 bis 1947 Moralphilosophie an der Ordensschule des La Sarte-Klosters und begründete 1938 zwei Wohltätigkeitsvereinigungen für verlassene Kindern, die vor allem im Zweiten Weltkrieg Kinder aus bombengefährdeten Gebieten Belgiens und Frankreichs aufnahmen. Zudem engagierte sich Pire im Widerstand, schmuggelte unter anderem alliierte Piloten aus dem Land. Nach Kriegsende rief er 1950 die Hilfsorganisation „Aide aux Personnes Deplacees“ (Hilfe für heimatlose Ausländer) ins Leben, die sich um rund 60.000 Flüchtlinge kümmerte. Er vermittelte Adoptionen für mehr als 15.000 heimatlose Kinder und gründete Heime für ältere Flüchtlinge.

Zeugnis seines Wirkens in NRW sind die von ihm initiierten „Europadörfer“ (u.a. in Aachen 1956, die Wuppertaler Anne-Frank-Siedlung 1959 und in Euskirchen 1962). Pire begründete die Friedensuniversität in Huy (1960-1965), internationale Partnerschaften, die Kampagne „The World of the Heart“ und „Islands of Peace“. Von ihm stammt der Spruch: „Heute kommt es nicht auf den Unterschied an zwischen denen, die glauben, und denen, die nicht glauben, sondern auf den Unterschied zwischen denen, die mitfühlen, und denen, die dies nicht tun.“ 1958 wurde er für seinen Einsatz für Flüchtlinge und weltweite Verständigung mit dem Friedensnobelpreis geehrt - der erste für einen katholischen Priester. Vorgeschlagen hatte ihn Theodor Oberländer, der damalige Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Georges Pire starb, erst 58 Jahre alt, am 30. Januar 1969 im belgischen Löwen.

Nobelpreis 1958: Biographie, Rede des Vorsitzenden des Nobelpreis-Komitees Gunnar Jahn bei der Preisverleihung am 10. Dezember 1958 in der Osloer Universität und Dankesrede unter http://www.nobel.no/index.html, http://nobel.se/peace/laureates/elsevier.html.

Literatur: Pire, Dominique: Baut den Frieden! - Wir alle sind verantwortlich, Herder-Bücherei Freiburg 1967, 204 S. (Herder-Taschenbuch 296). Guske, Hubertus: Dominique Pire - Die Liebe ist konkret, Union Verlag, Berlin 1970, ISBN L.N. 395/1918/70

Unser Gesprächspartner: Dr. Andreas Frick, Generalvikar des Bistums Aachen, ist Jahrgang 1964, stammt aus gebürtig aus der Bischofstadt und wurde 1989 in Rom zum Priester geweiht. Nach Kaplansjahren in der Pfarrei St. Nikolaus in Meerbusch-Osterath war er 1997-2007 Domvikar am Hohen Dom zu Aachen, übernahm 1997-2004 die Leitung der Pfarrei St. Foillan in Aachen, von 2003 bis 2004 war er Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden Aachen-Mitte und Dechant des Dekanates Aachen-Mitte. Weitere Stationen: 2004-2007 Direktor am Pauluskolleg in Bonn, dem Theologenkonvikt des Bistums Aachen, 2004- 2012 Mitglied des Kuratoriums für die Fortbildung der Priester, 2005 -2015 Richter am kirchlichen Arbeitsgericht erster Instanz der nordrhein-westfälischen Bistümer, 2007-2009 Pfarrer an St. Peter und Paul in Eschweiler Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden Eschweiler-Mitte. Am 9. Januar 2015 übernahm Dr. Andreas Frick das Amt des Generalvikars des Bistums Aachen und wurde am selben Tag zum residierenden Domkapitular ernannt. Bischof Helmut Dieser ernannte ihn am 12. November 2016 erneut zum Generalvikar. Mehr: https://www.bistum-aachen.de

Dominikanerorden (Ordo Praedicatorum, OP):Sie sind eine der wichtigsten Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche und benannt nach dem heiligen Dominikus (1170-1221) aus Caleruega/Kastilien. Er studierte Theologie, wurde 1196 Mitglied des Domkapitels in Osma und Augustinerchorherr. Sein zurückgezogenes Leben endete nach einer Reise nach Norddeutschland 1203: Begeistert für die Mission, begann er ab 1206 ein Leben als Wanderprediger, gründete 1207 in Prouilhe in Südfrankreich ein Frauenkloster und gewann Mitbrüder in Südfrankreich. 1215 gründete er einen Predigerorden für das Bistum Toulouse, übernahm 1216 die Regel des hl. Augustinus, erhielt ein Jahr später von Papst Honorius II. den Auftrag zur weltweiten Verkündigung und sandte seine Brüder nach Paris und Spanien. 1218 gingen die ersten Brüder von Rom nach Bologna, wo sich das erste Generalkapitel des Ordens 1220 eine neue Verfassung gab. Am 6. August 1220 starb Dominikus in Bologna, 1234 wurde er durch Papst Gregor IX. heiliggesprochen. Schnell war der Bettelorden durch seine gut ausgebildeten Mitglieder auch an den großen Universitätsstädten Europas präsent. Zu berühmten Mitgliedern zählen Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Meister Eckhart oder der Maler Fra Angelico, sie stellten vier Päpste und mehr als 60 Kardinäle. Auch Tomas de Torquemada, erster Großinquisitor Spaniens, der als Ketzer hingerichtete Girolamo Savonarola oder der Verteidiger der Indios, Bartholomé de las Casas, gehörten zum Orden. Bekannte Mitglieder in der Neuzeit sind die Theologen Marie-Dominique Chenu und Yves Congar, der peruanischer Befreiungstheologe Gustavo Gutierrez, Friedensnobelpreisträger Dominique Pire (1958) oder der Kardinal und Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn.
Der Orden zählt heute weltweit etwa 6.500 Mitglieder in mehr als 600 Klöstern in 102 Ländern, rund 140 dominikanische Schwesternkongregationen mit 3.000 kontemplativ lebende Dominikanerinnen und über 30.000 apostolisch-karitativ tätige Schwestern im Dritten Orden (Terziaren). In Berlin, Düsseldorf, Köln und Worms sind Schwestern und Brüder in der Obdachlosenarbeit engagiert, in Darmstadt, Berlin, Essen, Düsseldorf, Vechta und Bottrop als Gefangenenseelsorger und in verschiedenen Städten in der Migrantenarbeit.
Kontakt: Dominikaner-Provinz Teutonia, Tel. 0221 / 580700-06, E-Mail: info@dominikaner.de, Internet: http://www.dominikaner.de.

Buchtipps: Elias H. Füllenbach (Hg.): Mehr als Schwarz und Weiß: 800 Jahre Dominikanerorden, Friedrich Pustet / Regensburg 2016, 400 S., ISBN 978-3-7917-2757-8. Beiträge zur Geschichte und berühmten Gestalten des Ordens, Dominikaner und Islam, Inquisition etc.; herausgegeben vom Düsseldorfer Prior P. Elias H. Füllenbach OP, Archivar der Dominikanerprovinz Teutonia und stellvertretender Leiter des Instituts zur Erforschung der Geschichte des Dominikanerordens im deutschen Sprachraum.

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