Gottfried Böhm wird 100

von Johanna Risse

Donnerstag, 23.01.2020

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Innensicht Mariendom Neviges (1966-68), Architekt: Gottfried Böhm, Foto: KiP

Zum heutigen 100. Geburtstag des berühmten Kirchenarchitekten Gottfried Böhm ein Blick auf den Kirchenbau heute: Wofür stehen Kirchen? Wie zeigen sie ihre Botschaft? Wie reagieren die Menschen? Antworten von Prof. Gerhards von der Uni Bonn.

INFO: Rückläufige Kirchenmitgliederzahlen, große Unterhaltungskosten, fehlende Finanzen - zunehmend werden Kirchen verkauft, umgenutzt oder abgerissen. Wie diese Umwandlungsprozesse verlaufen, untersucht seit Ende September 2019 eine Forschungsgruppe an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Sie konzentriert sich vor allem auf die Regionen Aachen und Leipzig und erarbeitet für die Praxis eine „Theorie des sakralen Raumes“ im 21. Jahrhundert, die den unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen gerecht werden soll. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Forschungsgruppe mit bis zu 2,5 Millionen Euro für bis zu sechs Jahre. Für Prof. Dr. Albert Gerhards, Sprecher der neuen Forschungsgruppe sind Sakralräume „Bedeutungsräume, in denen viel Potenzial steckt“.

Schon in den 1980er Jahren wurde Prof. Gerhards in Kunstkommissionen mit dem Thema konfrontiert, als es etwa Kirchenabrissen aufgrund des Braunkohletagebaus gab. Die Forschungsgruppe aus der Theologie und Religionswissenschaft, Kunstgeschichte, Architektur und Immobilienwirtschaft unterteilt sich in sieben Teilprojekte, an denen auch die Universitäten Wuppertal, Leipzig und Regensburg beteiligt sind. Ziel ist neben wissenschaftlichen Publikationen ein Praxishandbuch als Leitfaden, mit dem die Optionen für zu schließende oder umzunutzende Sakralgebäude diskutiert werden können. Kontakt: Prof. em. Dr. Albert Gerhards, Seminar für Liturgiewissenschaft, Katholisch-Theologische Fakultät Universität Bonn, Am Hof 1, D-53113 Bonn, Tel. 0228 / 73-3968, Fax 0228 / 73-7494, E-Mail: a.gerhards@uni-bonn.de.

Unser Gesprächspartner: Prof. em. Dr. Albert Gerhards, geboren 1951 in Viersen-Dülken, studierte 1970-1977 Philosophie und Theologie an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Innsbruck und der Päpstlichen Universität Gregoriana, Rom. Nach der Priesterweihe 1976 promovierte er an der Kath.-Theol. Fakultät Trier und war 1982-1984 Kaplan an St. Helena, Mönchengladbach-Rheindahlen. 1984 übernahm er die Professur für Liturgiewissenschaft an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Bochum und 1989 an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Bonn. Er war u.a. 1985-1996 Leiter der Arbeitsgruppe für kirchliche Architektur und sakrale Kunst der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz und 1991-2001 Beratendes Mitglied der Liturgiekommission, 1998-2002 Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Liturgiedozent/inn/en im deutschen Sprachgebiet, 2006 Berater der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz und 2007 Mitglied im Beirat von „Kunst und Kirche“.

Anlass für unseren Beitrag war der 100. Geburtstag des berühmten Kirchenarchitekten Gottfried Böhm: Der am 23. Januar 1920 in Offenbach am Main geborene Sohn des Architekten Dominikus Böhm studierte zunächst ab 1942 in München Architektur und Bildhauerei. Erster eigenständiger Bau ist die Kapelle „Madonna in den Trümmern“ (1947-1950) in der Ruine der Kölner Pfarrkirche Sankt Kolumba. Als sein bedeutendstes Werk gilt die Wallfahrtskirche in Neviges. Neben rund 60 Kirchen plante er auch viele Wohn-, Geschäfts- und Bürobauten, Rathäuser, Verwaltungszentren, Theater, darunter die WDR-Arkaden in Köln und ein Kinderdorf in Bensberg. Kennzeichen seiner Bauten aus Beton, Stahl und Glas sind eine kühne Statik mit Hängedächern, Bogenkonstruktionen, Kuben, Zylindern oder Kegeln. Für sein Schaffen erhielt Gottfried Böhm 1986 als erster Deutscher den amerikanischen Pritzker-Preis für Architekten, den „Nobelpreis für Baukunst“.

Donnerstag, 23.01.2020