Mut! Gemeinsam auf den Spuren der Lübecker Märtyrer

von Christof Beckmann

Donnerstag, 22.06.2023

Collage: KiP-NRW
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Collage: KiP-NRW

Vier aus dem Norden – auch in NRW kennt man sie an vielen Orten. Alle haben hier viele Jahre ihres Lebens verbracht oder stammten von hier. Jetzt steht Hamburg ganz im Zeichen der Lübecker Märtyrer: Denn sie selbst setzten ein Zeichen in unseligen Zeiten.

INFO: Am 25. Juni 1943 wurden sie in Lübeck zum Tode verurteilt und am 10. November 1943 gemeinsam in der JVA Holstenglacis in Hamburg hingerichtet: Jetzt lädt das Erzbistum Hamburg in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland am Samstag, 24. Juni 2023, zu einem geistlichen Tag nach Hamburg ein. Anlass ist das 80. Gedenkjahr der Hinrichtung der drei katholischen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange und des evangelischen Pastors Karl Friederich Stellbrink, die sich dem tödlichen Allmachtsanspruch des Nazi-Regimes widersetzten.

Unter dem Leitwort „Mut! Gemeinsam auf den Spuren der Lübecker Märtyrer“ geht es auf eine Spurensuche der Lübecker Märtyrer und deren Wirkungsgeschichte in Hamburg. Um das Zeugnis der vier Geistlichen mit ihrer Botschaft für heute erfahrbar zu machen, beginnt der Tag um 11.00 Uhr mit verschiedenen Veranstaltungsformaten dezentral an verschiedenen Orten in Hamburg, die mit dem Leben und Sterben der vier Märtyrer in Verbindung stehen. In Planung sind Programmangebote im Johannes-Prassek-Park in Barmbek, in der Gemeinde Heilig Kreuz in Volksdorf, an der Gedenktafel an der JVA am Holstenglacis und im Kleinen oder Großen Michel, ein Kreuzweg des Gedenkens auf dem Gelände des KZ in Neuengamme sowie verschiedene Angebote rund um den St. Marien-Dom in St. Georg. Unter anderem geplant sind ein Escaperoom, ein Workshop zum Thema „Bedrängte Christen heute“ in Kooperation mit dem Hilfswerk „missio“, Führungen mit dem Künstler Karl-Heinz Oswald, mehrere Ausstellungen und ein interaktiver Workshop der Katholischen Jugend. Für den Nachmittag sind dann ab 14 Uhr eine große Tischgemeinschaft auf dem Domplatz und abschließend um 16.00h ein ökumenischer Gottesdienst mit Erzbischof Dr. Stefan Heße und Hauptpastor Alexander Röder im St. Marien-Dom vorgesehen. Mehr: Programmflyer, Anmeldung für den Escape Room - Der Löwe von Münster, Flyer - Escape Room - Der Löwe von Münster.

Programmübersicht:

 11 Uhr - Gedenken am Hinrichtungsort der Lübecker Märtyrer ; 11 Uhr - Konzert für die Lübecker Märtyrer zum 80. Gedenktag der Verurteilung – mit Lesung und Filmvorführung ; 11 Uhr - Mut tut gut?! – Workshop für junge Menschen zwischen 13 und 17 Jahren ; ab 11 Uhr - Escape-Rooms – spielerisch den Lübecker Märtyrern auf die Spur kommen ; 11.15 Uhr - Vernichtung und Gedenken - fünf Stationen auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Neuengamme ; 11.15 Uhr - Erinnern – Aktualisieren – Projektieren – Realisieren: Auftaktveranstaltung der Initiative Johannes-Prassek-Park-Projekt ; 11.30 Uhr - Religionsfreiheit unter Druck – Christen in Gefahr – Workshop zur Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ; Führungen und Gesprächsangebote ; Ausstellungen

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Video: Erzbischof Stefan Heße: Einladung nach Hamburg

Lübecker Märtyrer: Am 10.11.1943 wurden die Kapläne Hermann Lange, Eduard Müller und Johannes Prassek mit dem Pastor Karl Friedrich Stellbrink im Hamburger Gefängnis am Holstenglacis mit dem Fallbeil hingerichtet. Die ab 1939 an der Lübecker Hauptkirche Herz Jesu tätigen drei katholischen Kapläne und der evangelische Pastor schlossen sich in ökumenischem Widerstand gegen das NS-Regime zusammen, kamen durch gezielte Denunziationen ins Visier der Gestapo, wurden verhaftet und durchlitten eine lange und qualvolle Haftzeit im Lübecker Gefängnis am Burgtor, später in Hamburg. Im Sommer 1943 wurden die vier Seelsorger durch einen eigens zusammengestellten Sondersenat des sogenannten „Volksgerichtshofs“ wegen „Wehrkraftzersetzung, Heimtücke, Feindbegünstigung und Abhören von Feindsendern“ zum Tode verurteilt.

Als herausragende Figur der Gruppe gilt der 1911 in einfachen Verhältnissen in Hamburg-Barmbek geborene Johannes Prassek. Er legte am Hamburger Johanneum 1931 das Abitur ab und ging zum Theologiestudium an die Jesuiten-Hochschule Sankt-Georgen in Frankfurt am Main. 1933 wechselte er nach Münster, 1935 ins Priesterseminar nach Osnabrück. Nach der Priesterweihe am 13. März 1937 im Dom zu Osnabrück und einer Vikarstelle im mecklenburgischen Wittenburg kam er 1939 an die Lübecker Pfarrei Herz-Jesu, wo er schnell einen Ruf als guter Prediger bekam. In Gesprächskreisen, insbesondere mit Soldaten, sprach er offen über den Nationalsozialismus, kirchenfeindliche Politik des Regimes, Krieg und Verhalten der Machthaber. Prassek lernte Polnisch für die verbotene Seelsorge an Zwangsarbeitern. Mit dem 17 Jahre älteren evangelischen Pastor Karl-Friedrich Stellbrink tauschte er ab Sommer 1941 Informationen über „feindliche“ Rundfunksender und verteilte Flugschriften – u.a. von Clemens August von Galen, Bischof von Münster. Ein Spitzel zeigte Prassek an, er kam am 18. Mai 1942 in das Marstall-Gefängnis des Burgkloster-Gebäudes und wartete mit Stellbrink und den ebenfalls verhafteten Kaplänen Hermann Lange und Eduard Müller über ein Jahr lang auf den Prozess, für den eine eigener Sonderkammer des sog. „Volksgerichtshofs“ zusammengestellt wurde. Aus seiner Gefangenschaft sind zahlreiche Briefe erhalten.

Schon lange vor Prozessbeginn stand ihr unter Ausschluss der Öffentlichkeit am 24. Juni 1943 gefälltes Todesurteil wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Rundfunkverbrechen, Zersetzung der Wehrkraft und landesverräterischer Feindbegünstigung“ fest. Hitler selbst hatte sich in den Prozess eingeschaltet und jedwede Rechtsmittel untersagt. Am Mittag des 10. Novembers erfuhren die Lübecker Märtyrer im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis von der Vollstreckung des Todesurteils um 18 Uhr. Interventionen und ein Gnadengesuch des Osnabrücker Bischofs Wilhelm Berning (1877–1955) beim Justizminister und beim Vizepräsidenten des Volksgerichtshofs waren erfolglos. Die vier Geistlichen starben im Abstand von vier Minuten durch das Fallbeil.

Das 2004 im Erzbistum Hamburg begonnene Seligsprechungsverfahren für die drei Kapläne Prassek, Müller und Lange wurde 2010 in Rom abgeschlossen. Bei ihrer Seligsprechung am 25. Juni 2011 vor der katholischen Propsteikirche Herz Jesu in der Lübecker Altstadt wurde Pastor Stellbrink ehrenvoll erwähnt. Sie gelten in ihrem gemeinsamen Zeugnis für ihren Glauben als Beispiel wirklicher Ökumene.

Mehr: Die Internetseite www.luebeckermaertyrer.de versammelt Porträts der vier Geistlichen, ihre Abschiedsbriefe, eine Dokumentation der Seligsprechung, Texte, Predigten, Gedenkorte und Termine. Mehr auch auf Facebook: http://www.facebook.com/luebeckermaertyrer.

Donnerstag, 22.06.2023