Naziopfer: Pater Joseph Averesch

von Christof Beckmann

Dienstag, 20.06.2023

Pater Joseph Averesch, Fotos: Bistum Münster
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Pater Joseph Averesch, Fotos: Bistum Münster

Vor 80 Jahren war der Höhepunkt ihrer Macht schon längst vorbei. Doch ihre Nazi-Ideologie war oft genug Vorwand für reines Plündern. Unzählige Schicksale haben sie auf dem Gewissen – wie Pater Joseph Averesch im Bistum Münster. Heute ist sein Todestag.

INFO: Heute, am 20. Juni, vier Jahre nach dem Krieg, starb Redemptoristen-Pater Joseph Averesch an den Spätfolgen seiner KZ-Haft. Er wurde von den Nazis verhaftet, weil er sich geweigert hat, sein Beichtgeheimnis zu brechen. Einer von unzähligen, die ihren Widerstand gegen das NS-Regime teuer bezahlten.

Geboren wurde Hermann Josef Averesch am 1. April 1902 in Hörstel/Kreis Tecklenburg als ältestes von neun Kindern. Nach der achtjährigen Schulzeit an der katholischen Volksschule seines Heimatortes bereitete er sich ab 1916 durch einen einjährigen Privatunterricht auf die Aufnahme in die Untertertia des humanistischen Gymnasiums Dionysium in Rheine vor und arbeitete nach dem Abitur ein Jahr lang in der Landwirtschaft. Nachdem er den Orden der Redemptoristen kennengelernt hatte, stellte er 1924 bei ihnen einen Aufnahmeantrag und ging ab August 1924 in das einjährige Noviziat nach Luxemburg. Dem Studienabschluss an der Ordenshochschule in Hennef/Sieg folgte am 27. April 1930 Priesterweihe in Knechtsteden, wurde als Lehrer für Latein, Griechisch und Hebräisch an das Ordensgymnasium in Bonn berufen, bereitete sich ab 1932 aber im Zweiten Noviziat auf einen künftigen Einsatz als Volksmissionar vor.

In den folgenden Jahren war er Volksmissionar in den Klöstern Glanerbrück, Bochum, Trier, wieder in Bochum, Rheine und ab September 1939 in Heiligenstadt. Von dort leitete er religiöse Wocheneinkehrtage, predigte in Nachbarpfarreien und übernahm die Vertretung in der Pfarrei Bischofferode im Eichsfeld. Dort wurde er nach einer Beichte bei der Gestapo denunziert und anschließend verhaftet – es soll nach staatsanwaltlichen Ermittlungen nach dem Kriege im Grunde um strittige Grundstücksfragen gegangen sein, auf das wohl auch Angehörige der NSDAP Anspruch erhoben. Ab dem 6. Februar 1941 begannen seine Leidensjahre im Polizeigefängnis Erfurt und einer Strafkompanie im KZ Buchenwald. Ernsthaft nach Arbeit im Steinbruch erkrankt, von Aufsehern geprügelt und gedemütigt, wurde er am 17. September 1941 nach Dachau verlegt und kam „in Schutzhaft“ in den Priesterblock. Ab August 1942 wurde Pater Averesch im KZ Dachau für medizinische Versuche missbraucht und kam für ein Jahr auf die Malariastation, wo die Häftlinge mit Malariabazillen geimpft wurden. Illegal beschaffte Arzneimittel ermöglichten ihm und anderen Häftlingen das Überleben, während sich seine Familie sehr um seine Entlassung bemühte.

Mit 24 weiteren Geistlichen wurde Pater Averesch kurz vor Kriegsende am 28. März 1945 aus dem KZ entlassen, fand Aufnahme bei einem Mitbruder in Freising, war Pfarrvikar in Tonndorf bei Landshut und kehrte heim auf seinen elterlichen Hof. Ab November 1945 nahm er seine Seelsorgetätigkeit im Redemptoristenkloster Rheine wieder auf, hielt Volksmissionen, religiöse Wochen und Exerzitien. Doch immer wieder erlitt er durch die Malariainfektion im KZ Dachau Schwäche- und Fieberanfälle und hielt Ende Dezember 1948 seine letzte Mission. Ernstlich erkrankt kam er 1949 zur Genesung ins Antoniuskrankenhaus seiner Heimatgemeinde Hörstel und starb am 20. Juni 1949.

Beerdigt wurde er auf dem Friedhof seines Heimatortes in Hörstel. Im Alten Rathaus in Rheine ist sein Name auf einem Gedenkmosaik verzeichnet, neben aus rassenideologischen Gründen umgebrachten Rheiner Bürgern jüdischen Glaubens sowie drei weiteren Bürgern, die aus politischen Gründen verfolgt und umgebracht wurden. Der Bildstock auf seinem Grab trägt die Inschrift „Zeuge für Christus“.

Redemptoristen: Die „Congregatio Sanctissimi Redemptoris“ (C.Ss.R. / Gesellschaft des Heiligsten Erlösers / Kongregation des Heiligsten Erlösers, besser bekannt als Orden der Redemptoristen, wurde 1732 durch Alfons von Liguori (1696-1787) in Italien gegründet. Ziel des Ordens ist es, Menschen im Glauben zu begleiten und dabei insbesondere auch Menschen am Rande die befreiende christliche Botschaft nahe zu bringen. Traditionelles Einsatzgebiet der religiösen Gemeinschaft von Ordenspriestern und -brüdern ist die Gemeindemission mit 14-tägigen Predigtmissionen über den Glauben, liturgische Feiern, Gesprächskreise und Einzelgespräche. Sie bieten Exerzitien und Besinnungstage an, arbeiten seit mehreren Jahren in der Notfallseelsorge in Brennpunkt- und Krisensituationen, in der Telefonseelsorge und intensiver Beicht- und Gesprächsseelsorge, in Presse und Hörfunk.
Breites Feld nimmt die Jugendarbeit ein, so in der eigenen Schule in Bonn (Gymnasium und Realschule) und deren Schulseelsorge. Das Projekt Jugend-Kloster in Bottrop-Kirchhellen lädt als Treffpunkt für Jugendliche zum Mitleben und Mitarbeiten ein. Zum Projekt Jugend-Kloster gehört die Jugendsozialarbeit (Streetwork) in Wulfen-Barkenberg. Die Kongregation zählt 5500 Mitglieder weltweit, davon etwa 290 in der Provinz St. Clemens mit Sitz in Wittem (NL). Priesteramtskandidaten leben in der Ausbildungskommunität in Würzburg, das Studium erfolgt an der Universität Würzburg.

Mehr im Internet: www.redemptoristen.org.  

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