Lebende Tradition: Volksverein Mönchengladbach

von Christof Beckmann

Montag, 19.06.2023

Jubiläums-Logo „Volksverein Mönchengladbach - gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit mbH“, Collage: KIP
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Jubiläums-Logo „Volksverein Mönchengladbach - gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit mbH“, Collage: KIP

Er steht in der Tradition einer der größten kirchlichen Organisationen, die vor 90 Jahren von den Nazis zerschlagen wurde: Der „Volksverein Mönchengladbach“ feiert 2023 seinen 40. Geburtstag. Sein Motto: „Teilen macht reich und Verantwortung leben“ …

INFO: Der „Volksverein Mönchengladbach - gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit mbH“ feiert 2023 seinen 40. Geburtstag. Er entstand unter dem Eindruck der damals hohen Jugend-Arbeitslosigkeit und des Niedergangs der Textil-Industrie in Mönchengladbach. Das unter Ägide von Pfarrer Edmund „Eddi“ Erlemann 1983 entstandene Sozialunternehmen ermöglicht seitdem Langzeitarbeitslosen die (Wieder-) Eingliederung und Teilhabe in Gesellschaft und Arbeitswelt. Dazu dienen Angebote in den Bereichen Secondhand, bei der nachhaltigen Wiederverwertung von Gebrauchsgütern (Möbel, Elektrogeräte, Hausrat, Bücher, Handys, CDs, Schuhe und Kleidung), die Produktion von eigenem Rapsöl, eine Schreinerei für den Bau von Einrichtungsgegenständen in sozialen Einrichtungen, aber auch Dienstleistungen wie ein Entrümplungsservice, der Betrieb zweier Schulkioske an Berufskollegs und die Organisation von Beerdigungskaffees an der Grabeskirche St. Elisabeth. Derzeit bietet der Volksverein etwa 180 Frauen und Männern in zahlreichen Arbeitsbereichen Angebote, um sich in Arbeit zu qualifizieren und auf eine Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt vorzubereiten.

Das Jubiläum „40 Jahre Volksverein“ wurde 02./03.06.2023 rund um die City Kirche Alter Markt und auf dem Edmund-Erlemann-Platz gefeiert, am Samstag, 17.06.2023 gab es ein Betriebsfest für MitarbeiterInnen, UnterstützerInnen sowie KooperationspartnerInnen in der Betriebsstätte Volksverein. Am Samstag, 12.08.2023, findet von 10-12 Uhr auf dem Edmund-Erlemann-Platz ein „Fest des Teilens“ als gemeinsames und solidarisches Frühstück statt. Mehr auf: volksverein.de

Kontakt: „Volksverein Mönchengladbach" gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit mbH“, Geistenbecker Str. 107, 41199 Mönchengladbach, vertreten durch: Hermann-Josef Kronen, Wilfried Reiners, Matthias Merbecks, Gesellschafter: Förderverein Stiftung Volksverein Mönchengladbach e.V. - Kirchplatz 11, 41061 Mönchengladbach, und Verein Wohlfahrt Mönchengladbach e.V. - Kirchplatz 11, 41061 Mönchengladbach, E-Mail: betrieb@volksverein.de, Tel. 02166 / 671160 0, vor Ort: Geistenbecker Straße 107, 41199 Mönchengladbach, Internet: https://www.volksverein.de/

Stiftung Volksverein Mönchengladbach: Die im Februar 1997 gegründete Stiftung ist das Dach für die Zusammenarbeit mehrerer sozialer Akteure: In ihr arbeiten der „Volksverein Mönchengladbach - gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit mbH“, der Verein „Wohlfahrt” e.V. als Träger verschiedener sozialer Einrichtungen, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung im Bistum Aachen e.V. und die Region Mönchengladbach im Bistum Aachen zusammen. Kontakt: Förderverein Stiftung Volksverein Mönchengladbach e.V., Vorsitzender: Hans-Werner Quasten, Kirchplatz 11, 41061 Mönchengladbach, Büro (Mo-Do) Tel. 021 61/80 98 85, Geschäftsführer: Johannes Eschweiler, E-Mail: johannes.eschweiler@stiftung-volksverein.de, Internet: https://treff-am-kapellchen.de/die-stiftung.

Das „TaK“: 2003 riefen die Steyler Missionsschwestern zusammen mit Pfarrer Edmund Erlemann (1935-2015) und der Stiftung Volksverein den „Treff am Kapellchen“ (TaK) an der Brandts-Kapelle ins Leben. Seitdem gestalten die Steyler Missionsschwestern mit den Menschen, denen dieser Treffpunkt ein Zuhause geworden ist, die zahlreichen Angebote und leben mit ihnen die Gemeinschaft. Kontakt: Treff am Kapellchen, Rudolfstr. 7, 41061 Mönchengladbach, Tel. 021 61 / 912 613, Leiterin: Sr. Luzia Schmuki, E-Mail: luzia.schmuki@stiftung-volksverein.de, E-Mail: moenchengladbach@ssps.de, Internet: www.treff-am-kapellchen.de, Facebook. Steyler Missionsschwestern: https://www.steyler-missionsschwestern.de

„Volksverein für das katholische Deutschland“: Die Initiative „Volksverein Mönchengladbach“ gab sich ihren Namen in Anlehnung an die Tradition des historischen „Volksverein für das katholische Deutschland“. Er entstand aus dem Mönchengladbacher Verein „Arbeiterwohl“ (1880), dessen Mitglieder aus den katholisch geprägten Städten an Rhein, Ruhr und aus Westfalen stammten. Gründer waren der Mönchengladbacher Unternehmer Franz Brandts (1834-1914) und der junge Priester Franz Hitze (1851-1921), später einer der einflussreichste deutschen Sozialpolitiker und -theoretiker.

Als Generalsekretär initiierte Franz Hitze unter Beteiligung der Zentrumspolitiker Ludwig Windthorst und Franz von Ballestrem 1890 die Gründung des „Volksvereins für das katholische Deutschland“. Er richtete seine Zentrale in Mönchengladbach in der heutigen Windthorststraße ein, formulierte die Leitideen für christliche Sozialarbeit, entfaltete eine rege publizistische Tätigkeit, eine breit angelegte Erwachsenenbildung und förderte die Entwicklung von zahlreichen sozialgesetzgeberischen Maßnahmen, von denen viele zur Basis für heute geltende Sozial- und Arbeitsschutzgesetze wurde. Bis zum Ersten Weltkrieg wuchs der „Volksverein“ zur größten katholischen Massenorganisation. Sie erzielte durch staats-, wirtschafts-, sozial-, kultur- und gesellschaftspolitische Bildungsarbeit eine große Breitenwirkung – auch gegen staatliche und innerkirchliche Widerstände: Der Verein setzte sich durch millionenfach verbreitete Flugblätter, Zeitschriften und Bücher für die christlich-sozialen Ideen ein. Schulungen, Kurse und Lehrgänge im Dienst der Volksbildung wurden insbesondere von den katholischen Arbeiter-Organisationen wahrgenommen und trugen dem Verein den Namen „Mönchengladbacher Galopp-Universität“ ein. Zahlreiche Vertreter der katholischen Verbände bildeten ein großes Netzwerk und stiegen bis in hohe politische Funktionen auf. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg erreichte der Volksverein über 800.000 Mitglieder. 1933 wurde er wie seine über 6.000 Ortsgruppen in Deutschland von den Nationalsozialisten verboten und zerschlagen.

Mehr: Hunger, Armut, Soziale Frage. Sozialkatholische Ordnungsdiskurse im Deutschen Kaiserreich 1871-1918. Reihe: Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Band: 136, Schöningh 2019 ISBN: 9783657792726.

Montag, 19.06.2023