Zehn Jahre Papst Franziskus im Amt

von Christof Beckmann

Montag, 13.03.2023

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Screenshot Papstvideo / Wappen von Papst Franziskus, Collage KIP

Seit dem 13.03.2013 ist Papst Franziskus 266. Bischof von Rom: Jorge Mario Bergoglio, der erste Jesuit im Amt und erste nicht in Europa geborene Papst seit 1.300 Jahren hat die Katholische Kirche und die Welt überrascht …

INFO: Am 13.03.2023 ist Papst Franziskus zehn Jahre im Amt und zugleich auch der 266. Bischof von Rom. Franziskus wurde somit zum ersten nicht in Europa geborenen Papst seit Gregor III. (amtierte 731–741). Zudem wurde mit Jorge Mario Bergoglio, so sein bürgerlicher Name, erstmals ein Jesuit und damit 167 Jahre nach dem Tod des Kamaldulensers Gregor XVI. (amtierte 1831–1846) wieder ein Ordensangehöriger Papst.

Unser Gesprächspartner: Stefan von Kempis, geboren 1970 in Bonn, studierte nach dem Abitur am dortigen Aloisiuskolleg Geschichte, Theologie und Literaturwissenschaften in Bonn, Paris und Freiburg sowie Arabisch und Islamwissenschaften am Päpstlichen Institut für Arabische und Islamische Studien (PISAI) in Rom und Kairo. Er war an der Katholischen Journalistenschule ifp in München, anschließend Redakteur bei der TV-Produktionsgesellschaft 6w-film in Münster und wurde 1995 Redakteur bei Radio Vatikan. Seit 2001 war er stellvertretender Redaktionsleiter, seit 2017 kommissarischer Leiter und ist als Nachfolger von Bernd Hagenkord SJ seit 2019 Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Vatican News. Damit ist er seit der Gründung von Radio Vatikan 1931 der erste Nichtpriester in dieser Funktion. Von Kempis ist verheiratet, hat zwei Kinder und veröffentlichte mehrere Bücher: Zusammen mit Benedikt XVI. (Autor), Lucio Coco (Hrsg.): Wer hofft, kann anders leben. Worte an junge Menschen, Herder Verlag 2012; A call to serve. Pope Francis and the Catholic future, New York 2013; Lasst euch die Hoffnung nicht nehmen – Worte der Päpste, Herder Verlag 2013; Papst Franziskus: Wer er ist, wie er denkt, was ihn erwartet, Herder Verlag 2013; Drei Päpste und ihre Lieblingsheiligen. Persönliche Gedanken von Johannes Paul II, Benedikt XVI. und Franziskus. Herder Verlag 2017

Papst Franziskus, der Rufer in der Wüste: Papst Franziskus, der Rufer in der Wüste – so sieht ihn der Leiter von Vatican News, Stefan von Kempis. Gemeinsam mit dem ehemaligen Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, P. Bernd Hagenkord, und dem ZDF-Korrespondent Jürgen Erbacher würdigt er die Amtszeit des Pontifex, der am 13. März 2013 im Konklave der Kardinäle gewählt wurde. Was hat er erreicht? Was sind seine größten Verdienste? Und welche Baustellen werden bleiben? Dies ordnen sie kompetent und anschaulich ein, berichten von ihren persönlichen Eindrücken und Begegnungen und beleuchten das spezielle Verhältnis des argentinischen Papstes zu Deutschland. Mit beeindruckenden Fotos von den Highlights aus 10 Jahren Pontifikat von Papst Franziskus.
Das Buch: Jürgen Erbacher; Bernd Hagenkord; Stefan von Kempis, Papst Franziskus, der Rufer in der Wüste. St. Benno Verlag, 96 Seiten, gebunden, € 16,95, ISBN: 9783746263182

Das Vermächtnis von Papst Franziskus: Auch Vatikan-Experte Andreas Englisch hat zum 10-jährigen Amtsjubiläum des Papstes bei C. Bertelsmann ein neues Buch vorgelegt: Seit der Amtszeit von Johannes Paul II. trifft er die amtierenden Päpste regelmäßig und begleitet sie auf ihren Reisen, ist gefragter Talkshowgast und Interviewpartner. Seine in zahlreiche Sprachen übersetzten Bücher sind Bestseller - darunter „Franziskus – Zeichen der Hoffnung“ (2013), „Der Kämpfer im Vatikan. Papst Franziskus und sein mutiger Weg“ (2015) sowie „Der Pakt gegen den Papst. Franziskus und seine Feinde im Vatikan“ (2020). In „Mein Rom. Die Geheimnisse der Ewigen Stadt“ (2018) und „Mein geheimes Rom. Die verborgenen Orte der Ewigen Stadt“ (2021) entführt Andreas Englisch die Leserinnen und Leser in den Zauber der Ewigen Stadt.
Das Buch: Andreas Englisch, Das Vermächtnis von Papst Franziskus, C. Bertelsmann, 368 Seiten, 24,00 € (D), ISBN: 978-3-570-10514-6

Papst Franziskus - Lebensstationen: Der erste Papst der Kirchengeschichte aus Lateinamerika und erste Jesuit im obersten Kirchenamt ist seit achteinhalb Jahren im Amt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnete zentrale Stationen seines Lebens nach:

  • 1936: Jorge Mario Bergoglio wird am 17. Dezember als ältestes von fünf Kindern italienischer Einwanderer in Buenos Aires geboren. Sein Vater arbeitet als Eisenbahnangestellter. Bergoglio besitzt zeitlebens die Staatsangehörigkeit Argentiniens wie Italiens. Nach einem Schulabschluss als Chemietechniker entscheidet er sich für den Priesterberuf.
  • 1957: Seit seiner Kindheit hat Bergoglio mit Lungenproblemen zu kämpfen. Mit 21 Jahren wird ihm ein Teil des rechten Lungenflügels entfernt.
  • 1958: Noviziat bei den Jesuiten. Studium in Geisteswissenschaften, Philosophie und Theologie in Chile und Argentinien
  • 1964-1966: Lehrer für Literatur und Psychologie
  • 1967-1971: Theologiestudium in Argentinien und Spanien
  • 1969 Priesterweihe
  • 1973: Ewige Gelübde bei den Jesuiten. Im Juli Oberer der Ordensprovinz Argentinien. In diese Amtszeit fallen auch die Jahre der Militärdiktatur (1976-1983). Im Foltergefängnis inhaftierte Ordensbrüder werfen Bergoglio Schwäche im Umgang mit dem Regime vor, weil er sich nicht vor sie gestellt habe. Später revidieren sie diese Einschätzung.
  • 1980-1986: Rektor der Theologischen Hochschule von San Miguel. Um seine Dissertation zu beenden, kommt Bergoglio 1986 zu einem Aufenthalt nach Sankt Georgen bei Frankfurt; doch er schließt die Arbeit nicht ab.
  • 1986: Seelsorger in Buenos Aires, später Beichtvater der Jesuiten in Cordoba
  • 1992: Weihbischof in Buenos Aires
  • 1997: Johannes Paul II. ernennt Bergoglio zum Erzbischof-Koadjutor und im Februar 1998 zum Erzbischof der Hauptstadtdiözese. Seine Markenzeichen sind Zugewandtheit zu den Armen und eine bescheidene, zurückgezogene Lebensführung. Bergoglio bezieht eine Zwei-Zimmer-Wohnung statt seiner Bischofsresidenz, bevorzugt öffentliche Verkehrsmittel.
  • 2001: Kardinalsernennung; Generalrelator der 10. Weltbischofssynode.
  • 2002 lehnt er den Vorsitz von Argentiniens Bischofskonferenz ab.
  • 2005: Schon im Konklave nach dem Tod Johannes Pauls II. spielt Bergoglio eine wichtige Rolle. Der damals 68-Jährige soll rund 40 Stimmen auf sich vereint haben. Doch er zieht zurück, um den Weg für Kardinaldekan Joseph Ratzinger freizumachen.
  • November 2005: Vorsitzender der Bischofskonferenz. Er liefert sich diverse politische Auseinandersetzungen mit den Staatspräsidenten Nestor Kirchner (bis 2007) und Cristina Fernandez de Kirchner (seit 2007), etwa über Familie, Recht und Soziales.
  • 2007: Die Generalversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM in Aparecida/Brasilien beschließt eine „neue kontinentale Mission“. Bergoglio zählt zu den prägenden Gestalten und leitet die Redaktion des Schlussdokuments. Gegen konservative und römische Widerstände setzt er sich durch.
  • 2010: Bergoglio hat eine schwere Grippe zu überstehen.
  • 2011: Er bietet Benedikt XVI. mit 75 Jahren seinen Rücktritt als Erzbischof von Buenos Aires an. Wie für Hauptstadtdiözesen üblich, belässt dieser ihn weiter im Amt.
  • 2013, 13. März: Im fünften Wahlgang wird Bergoglio zum Papst gewählt. Er wählt den Namen Franziskus - ein Novum in der 2.000-jährigen Kirchengeschichte. Franziskus ist der erste Jesuit und der erste Lateinamerikaner im Papstamt, zudem der erste Ordensmann seit 167 Jahren. Schon in den ersten Tagen begeistert Franziskus die Öffentlichkeit durch Demutsgesten und Vorleben von Bescheidenheit und selbst gewählter Armut. Die Rede vom „Papst für die Armen“ und vom „Bergoglio-Style“ geht um. Er erhält unzählige Einladungen für Auslandsreisen, ökumenische und interreligiöse Begegnungen. In Castel Gandolfo kommt es zu einer historischen Begegnung zweier Päpste. April: Franziskus setzt eine Kardinalskommission zur Erarbeitung einer Kurienreform ein. Juli: Viel gelobt wird seine Tagesreise zur italienischen Flüchtlingsinsel Lampedusa. Erste Auslandsreise zum Weltjugendtag in Rio mit Millionen jugendlicher Lateinamerikaner. September: Millionen Christen weltweit folgen seinem Aufruf, für Frieden im Syrien-Konflikt zu fasten und zu beten. Franziskus kündigt die Heiligsprechung seiner Vorgänger Johannes Paul II. und Johannes XXIII. an. November: Schreiben „Evangelii gaudium“, eine Art Regierungs- und Reformprogramm. Franziskus erntet dafür viel Lob, aber auch Kritik wegen seiner pauschalen Verdammung des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Dezember: Vom „Time Magazine“ wird Franziskus als dritter Papst der Geschichte zur „Person des Jahres“ gekürt - Krönung eines medialen „Papst-Hypes“ 2013.
  • 2014, Anfang 2014: Franziskus fordert Russland und die Ukraine immer wieder, aber vergeblich, zu einer friedlichen Lösung des Krim-Konflikts auf. Mai: Bei seiner Heilig-Land-Reise nach Jordanien, Israel und die Palästinensergebiete wirbt Franziskus für Versöhnung im Nahost-Konflikt. Er setzt spektakuläre Friedensgesten, etwa ein Gebet an Israels Sperrmauer und die symbolische Umarmung dreier Weltreligionen an der Jerusalemer Klagemauer. Juni: Friedensgebet mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Staatspräsident Schimon Peres in den vatikanischen Gärten. Oktober: Weltbischofssynode über Ehe und Familie. Ein zentraler Punkt der Beratungen ist die Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene. November: Beim Besuch der Türkei trifft Franziskus in Ankara mit Präsident Recep Tayyip Erdogan zusammen. In Istanbul betet er in einer Moschee. Dezember: Kuba und die USA kündigen nach mehr als einem halben Jahrhundert politischer Eiszeit die Aufnahme diplomatischer Beziehungen an. Angestoßen und vermittelt wurde die Annäherung durch die Diplomatie des Vatikan. Dezember: Franziskus macht mit einer Brandrede vor den versammelten Vatikanbehörden weltweit Schlagzeilen. Er zählt 15 „Krankheiten“ auf, darunter spirituelle Vergessenheit, übertriebene Geschäftigkeit, Lästerei, Neid und Doppelmoral.
  • 2015, Januar: Auf den Philippinen feiert der Papst mit nach offiziellen Angaben sechs bis sieben Millionen Menschen eine Messe. Dies wäre der größte katholische Gottesdienst aller Zeiten. Eine Bemerkung über Katholiken, die sich nicht „wie Karnickel“ vermehren sollten, sorgt für Aufsehen. April: Franziskus bezeichnet die Verfolgung der Armenier im Ersten Weltkrieg in einer offiziellen Rede als „ersten Genozid des 20. Jahrhunderts“. Die Türkei protestiert scharf. Juni: In der Enzyklika „Laudato si“ mahnt der Papst einen besseren Umgang mit der Umwelt und den Menschen an. Juli: Franziskus besucht Bolivien, Ecuador und Paraguay und bittet um Entschuldigung für Vergehen der Kirche an der indigenen Bevölkerung Südamerikas. September: Auf Kuba und in den USA vertieft der Papst seine Versöhnungsbotschaft an die einstigen Feindstaaten. Vor der UNO-Vollversammlung fordert er eine gerechtere Machtverteilung in der internationalen Gemeinschaft. Dezember: Franziskus bekommt den Internationalen Karlspreis 2016 zugesprochen.
  • 2016, Februar: Franziskus trifft auf Kuba den Moskauer Patriarchen Kyrill I.: die historisch erste Begegnung überhaupt zwischen den Oberhäuptern der römisch-katholischen Kirche und der russischen Orthodoxie. April: Von seinem Besuch in einem Flüchtlingslager auf Lesbos nimmt Franziskus zwölf muslimische Flüchtlinge mit nach Rom. Das Abschlusspapier zur Familiensynode, „Amoris laetitia“, löst eine lebhafte Debatte über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen aus. Sie gipfelt im November in einem Brief von vier Kardinälen, die Zweifel („dubia“) äußern und vom Papst eine Klarstellung verlangen.
  • 2018, Januar: Der Papstbesuch in Chile wird vom dortigen Missbrauchsskandal überschattet. Später räumt Franziskus „schwere Fehler“ bei der Bewertung der Lage ein. Für Mai ruft er die chilenischen Bischöfe in den Vatikan und macht ihnen schwere Vorwürfe. Fast alle bieten ihren Amtsverzicht an; der Papst nimmt acht davon an. August: Franziskus schreibt einen vier Seiten langen Brief zum Missbrauchsskandal an die Bischöfe der Weltkirche. Für Februar 2019 beruft er einen Krisengipfel der nationalen Bischofskonferenzen weltweit sowie mit Ordensoberen ein. September: Der Vatikan und China legen einen 70-jährigen Streit über Bischofsernennungen bei trotz drastischer Warnungen des Hongkonger Kardinals Joseph Zen Ze-kiun und der Sorgen Taiwans, nun den Vatikan als Verbündeten zu verlieren. Oktober: Bischofssynode im Vatikan über die Lebenssituation und die Begleitung junger Menschen.
  • 2019, Februar: Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten besucht Franziskus als erster Papst die Arabische Halbinsel. In Abu Dhabi nimmt er an einer internationalen interreligiösen Begegnung teil und feiert einen öffentlichen Gottesdienst. Mit dem Scheich der Kairoer Al-Azhar-Universität unterzeichnet er eine gemeinsame Erklärung. Der mit hohen Erwartungen befrachtete Anti-Missbrauchs-Gipfel bringt nach Meinung von Kritikern wenig Zählbares. Experten verweisen darauf, dass nun ein weltweites Bewusstsein unter den Bischöfen hergestellt sei. Juni: Der Papst schreibt den deutschen Katholiken und lobt ihr Engagement und ihre Reformanstrengungen. Zugleich mahnt er Einheit mit der Weltkirche an. Der Brief stößt auf geteiltes Echo und sehr unterschiedliche Interpretationen. Oktober: Die mit Spannung erwartete Amazonas-Synode bringt Warnungen vor der Zerstörung von Menschenrechten und Umwelt; eine Aufweichung des Pflichtzölibats für Priester bringt sie nicht. November: In Nagasaki und Hiroshima, den Orten der US-Atombombenabwürfe von 1945, verurteilt der Papst jeden „Gebrauch von Atomenergie zu Kriegszwecken“, der „heute mehr denn je ein Verbrechen“ sei. „Unmoralisch“ seien der Erwerb von spaltbarem Material, die Entwicklung, Konstruktion und die Drohung mit ihnen mithin schon der Besitz von Atomwaffen.
  • 2020, März-Juni: Die weltweite Corona-Pandemie erfasst die gesamte katholische Kirche und auch den Vatikan. Franziskus muss Ostern auf dem menschenleeren Petersplatz und im menschenleeren Petersdom feiern; die Bilder gehen um die Welt. Alle Großveranstaltungen wie Papstreisen, Eucharistischer Weltkongress, Weltfamilientreffen und Weltjugendtag werden verschoben. Oktober: Franziskus veröffentlicht die Enzyklika „Fratelli tutti“, die Visionen für eine Menschheit entwirft, die gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen könnte
  • 2021, März: Eine viertägige Friedensreise in den Irak findet weltweite Beachtung. Juli: Eine geplante Darm-OP verläuft ernster als gedacht. „Ein Krankenpfleger hat mir das Leben gerettet“, berichtet der Papst später. Franziskus schränkt die Feier der sogenannten Alten Messe ein. Der von Benedikt XVI. 2007 in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Ritus darf nur noch unter engen Auflagen gefeiert werden. Die Ankündigung sorgt für einen Aufschrei in konservativen Kirchenkreisen.
  • 2022, März: Franziskus veröffentlicht seine lange erwartete Kurienreform. Unter anderem sollen künftig auch männliche wie weibliche Laien zu Behördenleitern ernannt werden können. Der Papst selbst übernimmt die Leitung der Missionsbehörde. 31. Dezember: Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. stirbt im Vatikan. Neuerliche Richtungsdiskussionen bestimmen die folgenden Wochen.
Montag, 13.03.2023