Palmsonntag: Esel in der Bibel

von Dr. Christof Beckmann

Samstag, 01.04.2023

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Collage: KIP

Heute ist der Tag für manche Eselei. Aber was hat das gutmütige Grautier, im letzten Jahr zum „Haustier des Jahres“ gekürt, damit zu tun? Morgen kommt er jedenfalls mal prominent raus. Wie jedes Jahr zu diesem Tag. …

INFO: „Hosanna! („Gott, rette doch!“, Ps 118,25), gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!“, so jubelten die Menschen, nach dem Markus-Evangelium (11,1–11 EU), als Jesus im Gefolge seiner Jünger auf einem jungen Esel in Jerusalem einritt. Begrüßt mit Halleluja-Rufen, aus gestreuten oder geschwenkten Palmzweigen – im Grunde aber war es nicht der Einzug eines Königs, sondern eines machtloser Messias, der die Kriegswaffen in Israel abschaffen und allen Völkern Frieden gebieten werde – wie es bei Sach 9,9 ff. verheißen wurde. Allein der zum Pessachfest überlieferte Einzug in der Stadt musste als Konfrontation mit den dortigen Machteliten der Sadduzäer und Römer aufgefasst werden, bei der Jesus das Todesrisiko bewusst war. Und doch wird unmittelbar im nächsten Kapitel von seiner wütenden Vertreibung der Händler und Geldwechsler aus dem Tempelbezirk berichtet – eine Provokation, der die Tage seiner Verhaftung, Folterung, seines Todes und Auferstehung aus dem Grab folgen werden.

Palmsonntag und die Karwoche: Eine Woche vor Ostern feiert die Kirche den Einzug Jesu Christi nach Jerusalem, wo er seinem Leiden, Tod und seiner Auferstehung entgegenging, woran im Lauf der nun beginnenden Woche (Große Woche/Heilige Woche/Karwoche) gedacht wird. Seinen Namen hat dieser letzte Sonntag der Fastenzeit von den Palmen, mit denen die Gläubigen – ähnlich wie die Menschen damals in Jerusalem – Christus in einer gottesdienstlichen Prozession als Retter begrüßen. Am Palmsonntag beginnt eine Woche vor Ostern die „Karwoche“ (Große Woche/Heilige Woche/Karwoche). Das Wort „Kar” stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „Trauer”, „Klage” oder „Kummer”. Der Palmsonntag vollzieht den in allen vier Evangelien beschriebenen triumphalen Einzug Jesu Christi nach Jerusalem nach. An sein dortiges Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung wird im Lauf der nun beginnenden Woche erinnert. Seit dem 4./5. Jahrhundert werden die biblischen Berichte über Leiden, Tod und Auferstehung Jesu immer mehr chronologisch nachvollzogen. Mit dem Beginn des 7. Jahrhunderts setzte sich in Spanien, Gallien und im deutschen Sprachraum seit dem 8. Jahrhundert der Brauch durch, das Einzugsgeschehen dramaturgisch-liturgisch nachzuahmen. Statt Palmen oder Ölbaumzweige führten die Gläubigen andere grüne Zweige mit. Im 11./12. Jahrhundert war die Palmsonntags-Prozession in vielen Teilen des Abendlandes Tradition. Im Mittelalter ritt ein Christus-Darsteller auf einem hölzernen Esel (Palmesel) in der Prozession mit. Die heutige Palmsonntagsliturgie am Eingang der Karwoche beginnt mit der Palmweihe außerhalb der Kirche: Im Wortgottesdienst der heiligen Messe wird dort erstmals der Bericht vom Leiden und Sterben Jesu („Passion”) gelesen. Es ist Brauch, die Palm-, Oliven- oder Buchsbaumzweige zuhause als segenbringende Zeichen am Kreuz zu befestigen.

Der Einzug in Jerusalem nach Mk 11, 1-11: 1 Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte er zwei seiner Jünger voraus. 2 Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! 3 Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn; er lässt ihn bald wieder zurückbringen. 4 Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße einen jungen Esel angebunden und sie banden ihn los. 5 Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, den Esel loszubinden? 6 Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren. 7 Sie brachten den jungen Esel zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und er setzte sich darauf. 8 Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweige (von den Büschen) ab und streuten sie auf den Weg. 9 Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna! / Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! 10 Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, / das nun kommt. / Hosanna in der Höhe! 11 Und er zog nach Jerusalem hinein, in den Tempel; nachdem er sich alles angesehen hatte, ging er spät am Abend mit den Zwölf nach Betanien hinaus.“

Der Esel in Bibel und Geschichte: Jesu Eselsritt erinnert an die Bedeutung dieses seit dem Anfang des 4. Jahrtausends v. Chr. genutzten Vierbeiners an vielen Stellen der Bibel: Er ist Trag- und Zugtier, Reittier der Vornehmen, des endzeitlichen Königs, bei der Überlieferung von Christi Geburt oder bei der Flucht nach Ägypten dabei. Er gilt bis zum Ende der Antike als gutmütig, weise, besonders intelligent und geduldig. Esel haben keine feste Rollenverteilung in der Herde, besitzen sehr guten Gehör- und Geruchssinn sowie ein ausgezeichnetes Sehvermögen. Als der Esel spätestens mit den Römern auch als Nutztier nach Mitteleuropa kam, galt er hier allerdings meist als stur, dumm und faul, wie die Fabeln und der „Esel“ als Schimpfwort beweisen. Im deutschen Sprachraum ging seine große Bedeutung als Nutztier seit dem 30-jährigen Krieg stark zurück und er wurde im Wesentlichen nur noch zur Zucht von Maultieren und Maulpferden verwendet. Die aktuelle Esel-Population in Deutschland wird auf 10.000 bis 16.000 Tiere geschätzt. Die Stiftung Bündnis Mensch & Tier kürte den Esel zum Haustier des Jahres 2022. Mehr: Deutscher Zuchtverband für Esel e.V. - anerkannte Züchtervereinigung, Internet: http://www.eselzuchtverband.de/, Esel- und Mulifreunde Deutschland e.V., Internet: www.esel.org, The Donkey Sanctuary - International Donkey Protection Trust, einer der ältesten Verbände von Eselfreunden in Europa. GB-Devon EX 10 ONU England, Internet: www.thedonkeysanctuary.org.uk/

Unsere Gesprächspartnerin: Dr. Bettina Wellmann, Redakteurin beim Katholischen Bibelwerk, Redaktion „Bibel heute“ und „Lectio Divina“ Tel. 0711 / 6192067 E-Mail: wellmann@bibelwerk.de, Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Silberburgstr. 121, 70176 Stuttgart, Tel. +49 711 61920 50, Fax: +49 711 61920 77, E-Mail: bibelinfo@bibelwerk.de, Internet: https://www.bibelwerk.de

Der Ablauf der Kar- und Ostertage:

  • Papst Franziskus feiert am Palmsonntag (2. April) eine Messe auf dem Petersplatz.
  • Am Gründonnerstag (von althochdeutsch „greinen” = weinen) gedenkt die Kirche des letzten Abendmahles, das Jesus mit seinen Jüngern hielt, und damit der Einsetzung der Eucharistie. Nach dem Gloria-Gesang im Gottesdienst verstummten Orgel und Glocken. Das mit der Fußwaschung gesetzte Zeichen Jesu wird in vielen Gemeinden mit jungen und älteren Gemeindemitgliedern nachempfunden. Nach der letzten Messfeier vor Ostern werden Blumenschmuck und Kerzen abgeräumt. In besonders gestalteten Betstunden oder im stillen Gebet gedenken die Gläubigen des Ölberggeschehens mit der Gefangennahme Jesu und dem beginnenden Leiden. Am Morgen des Gründonnerstags (6. April) feiert der Papst um 9.30 Uhr mit in Rom anwesenden Kardinälen, Bischöfen und Priestern die Chrisam-Messe. Bei dieser werden die Öle für Firmung und Krankensalbung geweiht. Noch offen ist, wo der Papst den Gottesdienst zur Erinnerung an das Letzte Abendmahl Jesu feiern wird. Im letzten Jahr besuchte er dafür das Gefängnis der italienischen Hafenstadt Civitavecchia und vollzog den für den Tag üblichen Ritus der Fußwaschung an zwölf Häftlingen, Frauen wie Männern.
  • Der Karfreitag ist der Gedächtnistag der Kreuzigung. Er wird als Fasttag und als Zeichen der Trauer in Stille begangen. Am Nachmittag – meist zur „6.Stunde“ um 15 Uhr - versammeln sich die Christen zum Wortgottesdienst mit Verlesung der Passionsgeschichte und zur Kreuzverehrung: Das mit einem violetten Fastentuch bedeckte Kreuz wird nach und nach enthüllt und durch Kniebeugen verehrt. Anschließend folgt eine Kommunionfeier. In vielen Gemeinden finden am Morgen des Karfreitags Kreuzwegandachten und Karfreitagsprozessionen statt. Der Karfreitag in Rom beginnt um 17 Uhr mit einer Papstliturgie im Petersdom. Ab 21.15 Uhr meditiert Papst Franziskus mit mehreren Zehntausend Gläubigen am antiken Kolosseum über den letzten Leidensweg Jesu. Die Kreuzwegandacht, bei der Gläubige im Schein von Kerzen an den Weg des Leidens und Sterbens Jesu über 14 Stationen erinnern, zählt zu den eindrücklichsten Feiern der Kar- und Ostertage in Rom.
  • Am Karsamstag, dem Gedächtnistag der Grabesruhe des Herrn, finden keine Gottesdienste statt; die Altäre in den Kirchen sind ohne Kerzen und Blumen. Da der nächste Tag nach der Überlieferung immer schon am Vorabend beginnt, beginnt die feierliche Liturgie der „Feier der hochheiligen Osternacht“ am Abend nach Sonnenuntergang (Vigil / Nachtwache) oder vor der Morgendämmerung am frühen Ostermorgen zwischen 4 und 6 Uhr. Sie gliedert sich in die Lichtfeier (Segnung des Osterfeuers, Verzieren und Entzündung der Osterkerze (geschmückt mit Kreuz, fünf Weihrauchkörner als Zeichen der Wundmale und Jahreszahl), Einzug in die dunkle Kirche unter dem dreimaligen Ruf „Lumen Christi“ oder „Christus, das Licht“, Exsultet/Osterlob), in den anschließenden Wortgottesdienst mit den Lesungen (drei bis sieben Texte aus dem Alten Testament), Antwortgesängen und Gloria, bei dem alle Glocken läuten und die Orgel wieder erklingt, zwei Lesungen aus dem Neuen Testament, Osterevangelium und Predigt, Allerheiligenlitanei, Taufe und Taufgedächtnis und die Feier der Eucharistie mit Kommunion in beiden Gestalten von Brot und Wein. Die Messe vollzieht so den Durchgang durch den Tod zum Leben sakramental nach. Vielfach schließt sich nach dem Segen eine Agape als gemeinsames Ostermahl an. Papst Franziskus feiert um 17.30 Uhr die Vigil in der Osternacht.
  • Am Ostersonntag (9. April) feiert Franziskus ab 10.00 Uhr die Ostermesse auf dem Petersplatz und erteilt anschließend um 12 Uhr auf der Loggia den traditionellen Segen „Urbi et orbi“ („Der Stadt und dem Erdkreis“).
  • Am Ostermontag erinnern die liturgischen Texte an das Zusammentreffen der Emmaus-Jünger mit dem auferstandenen Christus.
  • Ostergottesdienste per Mausklick: Wo und wann wird eine Heilige Messe, ein Gottesdienst oder eine Andacht in der Karwoche oder an den Ostertagen gefeiert? Für alle, die in diesem Jahr nach Gottesdiensten in der Osterwoche suchen, bieten die evangelische und die katholische Kirche wieder den ökumenischen Gottesdienstservice. Ab sofort unter www.ostergottesdienste.de.

 

PALMSONNTAGSKOLLEKTE FÜR DIE CHRISTEN IM HEILIGEN LAND

Jährlich am Palmsonntag wird in allen katholischen Kirchen für die Christen im Heiligen Land gesammelt. Unter dem Leitwort „Chancen spenden. Damit Christen im Heiligen Land bleiben“ soll das christliche Leben im Ursprungsland der Kirche unterstützt und gesichert werden. Mit den Mitteln aus der Palmsonntagskollekte werden zahlreiche Projekte gefördert, mit denen der Deutsche Verein vom Heiligen Land und der Orden der Franziskaner die Lebenssituation der Menschen dort deutlich verbessern und Schritte auf dem Weg zu Gerechtigkeit und der Hoffnung auf Frieden fördern. Mehr unter: www.palmsonntagskollekte.de.

Der 1855 gegründete Deutsche Verein vom Heiligen Lande (DVHL) versteht sich als Brücke der deutschen Christen zu den Menschen im Heiligen Land. Er will die Verständigung und Versöhnung der Religionen fördern, christliche Einrichtungen im Heiligen Land erhalten, Menschen in Not helfen und deutschen Christen im Heiligen Land Glaubens- und Erfahrungsräume schaffen. Hilfsprojekte, Pilgerreisen und die Vermittlung von Arbeitseinsätzen in sozialen Einrichtungen sorgen für Kontakt zu den Menschen im Heiligen Land auch in schwierigen Zeiten. Mit der jährlichen Palmsonntagskollekte, zu der die deutschen Bischöfe aufrufen, unterstützen die deutschen Katholiken die Arbeit des DVHL und die des Ordens der Franziskaner auch materiell. Beide engagieren sich in Israel und in Palästina im sozialen, karitativen und pastoralen Bereich. Der DVHL vermittelt auch Stellen für Volontäre/Volontärinnen. Möglichkeiten dazu gibt es in folgenden Einrichtungen: Alten- und Behindertenheim Beit Emmaus (Qubeibe), Paulus-Haus (Jerusalem), Gästehaus Tabgha (See Gennesaret), Jugend- und Begegnungsstätte Tabgha (See Gennesaret), Kinderheim St. Vincent (Ain Karem), Behindertendorf Kfar Tikva (Nähe Haifa), Haus der Gnade (Haifa), Dahers Weinberg „Zelt der Völker” (Nähe Bethlehem), Hospiz St. Louis de France (Jerusalem), Waisenheim Crèche (Bethlehem).

Kontakt: Deutscher Verein vom Heiligen Lande, Steinfelder Gasse 17, 50670 Köln, Tel. 0221 / 135378, Fax 0221 / 137802, E-Mail: mail(bei)heilig-land-verein.de, Internet: www.heilig-land-verein.de

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