Weihnachtsfrieden“: 83. Krippenausstellung in Telgte

von Christof Beckmann

Samstag, 09.12.2023

Collage: KIP-NRW
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Collage: KiP-NRW

Das wäre doch mal ein Ziel in der Adventszeit: Die 83. Krippenkunst-Ausstellung läuft im RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur in Telgte. Schließlich soll vor genau 800 Jahren auch Franziskus von Assisi die Krippe erfunden haben.

INFO: Heute, am 9. Dezember, werden auf dem Petersplatz in Rom bei Einbruch der Dunkelheit Christbaum und Krippe feierlich eingeweiht. Der diesjährige Weihnachtsbaum für den Vatikan, eine etwa 28 Meter große Tanne, stammt aus dem Alpendorf Macra im Piemont und wurde am 23.11.2023 mit einem Schwerlastkran neben dem Obelisken vor dem Petersdom aufgestellt. Die aktuelle Krippe ist in diesem Jahr dem italienischen Wallfahrtsort Greccio nachempfunden. Dort hatte der heilige Franziskus vor 800 Jahren die Geburt Jesu zu Bethlehem in einer Grotte nachgefeiert und soll so die Tradition der Weihnachtskrippe begründet haben – ein Symbol für den Weihnachtsfrieden.

Die aktuelle Ausstellung in Telgte: Unter diesem Leitwort „Weihnachtsfrieden“ wurde am 11. November 2023 auch die 83. Krippenkunst-Ausstellung im RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur in Telgte eröffnet. Mehr als 100 Krippendarstellungen sind in diesem Jahr in der Ausstellung, die als größte Ausstellung zur zeitgenössischen Krippenkultur in Deutschland gilt, zu sehen, die jüngsten Krippenkünstlerinnen und -künstler sind drei Jahre alt, die älteste 95 Jahre. Die Ausstellung nimmt Bezug auf zwei Ereignisse: das 800-jährige Jubiläum der Weihnachtsmesse, die der Heilige Franziskus von Assisi in der Einsiedelei von Greccio gefeiert hat, und das 375. Jubiläum des Westfälischen Friedens. „Als Franziskus im Jahr 1223 im Rieti-Tal eine Art Krippenspiel inszenierte, ging es ihm um eine sinnlich und körperlich erfahrbare Teilhabe an der Geburt Jesu“, erklärt Dr. Anja Schöne, Leiterin des Relígio-Museums die „Geburtsstunde der Krippe“. 

Für die 83. Krippenkunst-Ausstellung im RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur haben sich gleich mehrere Künstlerinnen und Künstler mit Franziskus von Assisi und der Krippentradition befasst. Anni Schulte aus Rheine etwa setzt die Grotte mit Franziskus und dem in der Krippe liegenden Jesuskind sowie einem Esel in Szene. Ein anderes Werk kann man bereits außen an der Fassade des Museums betrachten. „Mit den Augen des Körpers sehen“ heißt die Arbeit, die damit den Impuls für die Feier im Jahr 1223 – „mit leiblichen Augen zu schauen“ – direkt aufnimmt. Die Osnabrücker Künstlerin Nicola Dicke hat die Videoprojektion gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus Telgte, ihrer Lehrerin sowie zwei Franziskanerpatres aus Georgsmarienhütte geschaffen. „Besonders beeindruckend ist das Tonmodell für die Franziskusfigur an der Kölner Stadtkrippe, geschaffen von der Künstlerin Rosemarie Peter“, ergänzt Anja Schöne.

Passend zum 375. Jubiläum des Westfälischen Friedens und nicht zuletzt aus aktuellem Anlass spielt das Thema Frieden in der Krippenkunst-Ausstellung eine wichtige Rolle. Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Aktionen und Veranstaltungen wird es während der Krippenausstellung, die vom 11. November bis zum 28. Januar zu sehen ist, geben. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.museum-telgte.de.

Krippe: Die Krippe als Darstellung der Geburt Christi gehört zu den vertrauten Symbolen in der Weihnachtszeit. Im frühen Christentum wird als Geburtsort Jesu Christi eine Höhle in Bethlehem verehrt, die mit der um 335 von der hl. Helena errichteten heutigen Geburtskirche überbaut wurde. Zunächst findet sich auf Malereien nur das Jesuskind mit den zwei Tieren Ochs und Esel dargestellt, erst um 500 wird die Szene auch mit dem Besuch der drei Magier aus dem Morgenland verbunden. Die Motive folgen den Berichten aus dem Matthäus- und besonders aus dem Lukas-Evangelium (jeweils Kapitel 1 und 2), in denen die Geburt Jesu erwähnt wird, der in einem Stall in einen Futtertrog (Krippe) gelegt wird. In den Evangelien werden der Ochse und der Esel zwar nicht genannt, jedoch gehören sie früh in den Zusammenhang mit anderen biblischen Texten wie Jesaja 1,3.
Ob tatsächlich der hl. Franz von Assisi der Begründer der Krippendarstellung von heute ist, ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Er stellte das Weihnachtsgeschehen 1223 in Greccio mit lebenden Tieren und Menschen nach. In Klöstern und Burgen nimmt im Mittelalter die Darstellung der Krippenszene zu, vor allem in der Gegenreformation wird sie von Ordensgemeinschaften popularisiert. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verbreiten sich Krippen in adeligen und bürgerlichen Kreisen und stehen im Mittelpunkt katholischer Weihnachtsfeiern. Krippen aus Italien, vor allem Neapel, werden auch zunächst im Süden Deutschlands stilbildend. Die ausufernden Szenen werden um 1780 in Österreich mehrfach verboten, doch wird die Krippe nun zunehmend auch im privaten Raum aufgenommen. Massenanfertigungen aus preiswertem Material wie Gips machen sie für breite Schichten erschwinglich. Aufgestellt wird sie eigentlich erst an Heiligabend und bleibt bis zum Fest der Taufe Jesu am 6. Januar stehen, manchmal auch bis zum Ende des Weihnachtsfestkreises an Maria Lichtmess am 2. Februar.

RELíGIO, Westfälisches Museum für religiöse Kultur: 1934 fand im damaligen Wallfahrts- und Heimatmuseum die erste Ausstellung mit Weihnachtskrippen statt. Seitdem wurden außer in den sechs kriegsbedingten Schließungsjahren in jedem Jahr eine Ausstellung mit Krippen gezeigt. Durch die enge Beziehung zur Landesgemeinschaft der Krippenfreunde von Rheinland und Westfalen und den seit 1969 vergebenen jährlichen Preis für vorbildliches Krippenschaffen durch das Bistum Münster gewann die Krippenausstellung zunehmend an Bedeutung und die Besucherzahlen stiegen jährlich auf über 40.000 an. 1994 wurde ein eigenständiges Krippenmuseum eröffnet, doch blieb das Museum nie nur ein Museum für Krippen, sondern umfasste schon immer die ganze Frömmigkeitsgeschichte und die Handwerkskunst im Münsterland. Daher wurde das Museum 2011 in RELíGIO umbenannt. Die Krippenausstellungen sind heute ein wichtiges Standbein neben Ausstellungen zu aktuellen religiösen Themen und zum religiösen Dialog.
Kontakt: RELíGIO, Westfälisches Museum für religiöse Kultur, Herrenstr. 1-2, 48291 Telgte, Tel. 02504 / 93120, E-Mail: museum@telgte.de, Internet: www.museum-religio.de.

Samstag, 09.12.2023